Beim 12. VdK-Sozialforum im Stadtteilzentrum Siedlung erinnerte Vorsitzender Hartmut Stiller an den neu ausgewiesenen "Weltseniorentag", der als Tag der älteren Generation bekannt war. Das alljährliche Sozialforum und die Großveranstaltungen seien mittlerweile ein Zeichen von Nachhaltigkeit auch im Landkreis Kitzingen. Barrierefreiheit sei kein neuer Begriff, sagte Stiller. 2002 sei in Deutschland das Gleichstellungsgesetz eingeführt worden, in dessen Sinne sich der VdK vor drei Jahren für einen "Weg mit den Barrieren" stark machte. In Folge dessen wurde das Teilhabegesetz verabschiedet. Zwei Jahre später habe der VdK die Broschüre "Wo der Weg ein Hindernis ist" herausgegeben.
Auch Büros müssen erreichbar sein
Das Impulsreferat zum Thema hielt Architekt Achim Kraus von der Beratungsstelle Barrierefreiheit. Bauen könne jeder, führte Kraus aus, Umbauten seien allerdings eine große Herausforderung. Die Ankündigung des früheren Ministerpräsidenten Horst Seehofer, Bayern sei bis 2023 barrierefrei, gelte für Gebäude und öffentlichen Raum gleichermaßen, aber auch für Digitales und leichte Sprache.
Der Gesetzgeber wolle barrierefreie Erreichbarkeit für alte und Menschen mit Behinderung sowie für Personen mit kleinen Kindern umsetzen, um Einrichtungen zweckentsprechend nutzen zu können. Dazu müsse jeder seinen Fokus erweitern, denn es gehe nicht alleine darum, in ein Gebäude hineinzukommen, es müsse dort auch jedes Büro erreichbar sein. Kreisbaumeister Joachim Gattenlöhner informierte Moderator Jürgen Gläser, dass das Landratsamt über den Innenhof und das Gesundheitsamt barrierefrei zu erreichen sei. Ziel sei es, alle Büros erreichen zu können. Landrätin Tamara Bischof wies darauf hin, dass der Landkreis wegen der Nachfrage einen Pflegestützpunkt mit Wohnraumberatung einrichte.
Bahnhof und Caritaszentrum nicht barrierefrei
An den Rollstuhl gebunden, berichtete Helmut Bauer aus eigener Erfahrung, dass er nach einem Unfall den behindertengerechten Umbau seiner Wohnung mit geringen Zuschüssen selbst stemmen musste und auf die Beratung von Handwerkern angewiesen war. Bauunternehmer Jürgen Haag unterstrich, dass er stets versuche, vorausschauend zu bauen, von Bauherren aber oft belächelt werde, wenn er großzügigere Bäder vorschlage.
Im öffentlichen Gebäude der St. Martin-Schule ließ die Lebenshilfe Handläufe für kleinere Kinder nachrüsten, berichtete Lebenshilfegeschäftsführer Manfred Markert und erwähnte, dass dort gepflasterte Wege mit besonders kleinen Fugen verlegt wurden. Er mahnte eine verständliche Sprache mit einfachen Formulierungen an, damit auch Analphabeten zurecht kämen. Auch Bauer prangerte Beispiele in Kitzingen an, die alles andere als barrierefrei erreichbar seien. Das sei vor allem der Bahnhof und das Caritaszentrum mit für ihn unüberwindbaren Treppenstufen. Gattenlöhner führte dies auf eine Vereinfachung der bayerischen Bauordnung bei Umbauten zurück, alter Baubestand sei insgesamt problematisch. Hingegen lobte Bauer nahezu alle Schulen für ihrer Erreichbarkeit für jedermann.
Bahn beantwortet keine Nachfragen
Gläsers Frage, weshalb sich am Bahnhof nichts bewege, beantwortete der Vorsitzende des Senioren- und Behindertenbeirates Wolfgang Popp. Er wies darauf hin, die Bahn mangels Zuständigkeiten Nachfragen einfach nicht beantworte. Ähnlich verhalte sich der Investor als neuer Eigentümer. Barrierefreiheit sei eine Bahnangelegenheit, legte Gläser nach.
Erst kürzlich habe die Stadt an der Siegfried-Wilke-Straße gebaut, die Barrierefreiheit solle dort aber erst noch nachgerüstet werden, erzählte Bauer. Landrätin Bischof wunderte sich, dass andere europäische Länder viel weiter seien als Deutschland. Blinde würden hier bei vielen Maßnahmen einfach vergessen. Deren Handicap sei vielen Planern unbekannt, Maßnahmen würden daher einfach ignoriert. Sie forderte, dass das Thema auch bei Architekten und Planern präsent sein müsse.