Der Blick vom Aussichtsturm reicht an diesem Vormittag über Iphofen bis zum Schwanberg. Diese Aussicht interessiert den achtjährigen Emilio und seinen fünfjährigen Bruder Angelo allerdings nicht. Viel interessanter für die beiden sind die Kühe und Hirsche, die in einiger Entfernung vom Turm unten auf der Wiese grasen.
Die Jungen wandern mit ihren Eltern Claudia und Giovanni Bellanti den Hutewaldweg bei Hellmitzheim entlang – und können von diesem das Rotwild und fränkische Gelbvieh in freier Natur beobachten. Denn in einem Hutewald wird der Wald als Weide genutzt. Die Tiere gestalten durch ihren Verbiss und Tritt Fläche und schaffen so Strukturen, die im Wirtschaftswald kaum noch zu finden sind. Das bietet zahlreichen Tierarten neuen Lebensraum.
Warum, wo und welche Tiere, wie beispielsweise der Halsbandschnäpper dort nun leben – das lernen die Wanderer auf dem 3,2 Kilometer langen Weg um die Hutung. Vor allem die Kinder sind begeistert von den großen Infotafeln aus Holz. Denn die sind bunt, mit Zeichnungen und einer Quizfrage versehen. Kaum hat Emilio seinem jüngeren Bruder die Frage vorgelesen, spurten die beiden los. Etwa 50 Meter weiter steht ein Holzpfahl mit der ausklappbaren Antwort bereit.
Doch nicht nur Infotafeln säumen den Hutewaldweg, der einer der drei neuen Naturerlebniswege des Projekts Life+ um Iphofen ist. Biegt man um die Ecke, stehen plötzlich fünf Plastik-Schweine im Gras. Findige Besucher haben ihnen Namen, wie „Grunsy“ und „Biggy“ gegeben und diese auf ihren Öhrchen verewigt. Noch einmal schnell gestreichelt und schon zieht es die Familie weiter. „Das Schöne ist, dass man die Kinder hier rennen lassen kann“, sagt die 40-Jährige über ihren Nachwuchs, der die Gruppe anführt. Der Wanderweg ist aber nicht nur zum Schauen und Rennen da. An den Infotafeln und Installationen wird gedreht, gekurbelt, geschwungen, geklappt und geklettert. Immer entlang an Feldern und durch den Wald. „Dieser Weg ist etwas für Genusswanderer, die sich die Beine vertreten wollen, um für das Abendessen gerüstet zu sein“, erklärt Claudia Bellanti, die in Iphofen die Tourist-Information leitet.
Zwischen Rinderherde und Rothirschen faszinieren Mäuse, Libellen, Bussarde und Schnecken die Familie. „Der Wanderweg ist auch etwas für uns Einheimische, und nicht nur für Gäste“, sagt die 40-Jährige. Und Emilio stimmt dem zu: „Besser als zu Hause vergammeln.“
Eine große Kletterkuh ist erreicht. Tapfer balancieren Angelo und Emilio auf dem wackeligen Seil und hangeln sich Schritt für Schritt weiter. Derweil macht die Familie Rast: „Die Brotzeit ist doch das Allerwichtigste beim Wandern.“ Vor der Gestaltung des Wanderwegs wurden die Grundschulen in Markt Einersheim und Iphofen befragt, was sich die Kinder vorstellen können. Das hat sich gelohnt. Auf dem Hutewaldweg lesen die Kinder begeistert die Schilder, orientieren sich anhand der Karten und staunen über die Natur.
„Wir sind als Kinder auch jeden Sonntag in den Wald. Jetzt haben wir selber Kinder und es wird wieder interessant“, erzählt Claudia Bellanti. Ihr altes Buch „Was blüht im Wald“ hat sie längst aus ihrem alten Kinderzimmer in ihr eigenes Heim geholt.
Nach 1,5 Stunden gemächlichen Schrittes kommen die Wanderer wieder bei ihrem Auto an. Emilio und Angelo sinken müde in ihre Sitze – und freuen sich schon auf das nächste Mal.
Mehr über die Naturerlebniswege um Iphofen im Internet unter: www.life-steigerwald.eu