Superfood. Hätten wir vor unseren Urgroßmüttern getrocknete Hülsenfrüchte mit diesem Wort bezeichnet, sie hätten gelacht und kopfschüttelnd gefragt, was das sein soll. Linsen waren günstig, lange haltbar, machten satt. Ein ideales Essen für die ärmeren Schichten. Heute werden sie als gesunde Alleskönner gelobt, als wertvolle Eiweißlieferanten, als ideale Fleischalternative. So sind sie als „Superfood“ in die Küchen zurückgekehrt.
Rote Linsen, Belugalinsen, Pardina-Linsen, Tellerlinsen, weiße Bohnen, getrocknete grüne Erben, Kichererbsen... Ruth Halbritter hat eine ganze Reihe Packungen auf der Theke platziert. Ihr Inhalt ist farbenfroh, mal weiß, mal rot, mal grün, die einen sind klein, die anderen größer, manche sind eher rund, andere oval. Die Fachlehrerin an der Hauswirtschaftsschule am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Kitzingen bereitet mit ihren Schülerinnen eine bunte Auswahl verschiedener Gerichte vor, in denen allesamt Hülsenfrüchte im Mittelpunkt stehen. Linsensalat mit Roter Beete gibt es, Kartoffeln mit Linsentopping, Couscous-Salat mit Kichererbsen, Linsenlasagne, Cannelloni mit Linsen-Tatar, Kohlrouladen mit Linsen-Füllung und einiges mehr. Jede Schülerin hat sich mehrere Gerichte ausgesucht, bereitet sie am eigenen Kochplatz vor, setzt Tipps von Ruth Halbritter um.
Am Ende der Unterrichtseinheit werden die Speisen verkostet, wobei Corona-bedingt auf die gemeinsame und liebevoll dekorierte Tafel verzichtet werden muss. Jeder sitzt in seiner Ecke und probiert in gebührendem Abstand zum anderen. Und jede Teilnehmerin stellt dabei fest: Die Gerichte sind köstlich und – trotz der teilweise gleichen Rezepte alle ein bisschen unterschiedlich, denn die Frauen greifen zu verschiedenen Gewürzen, bringen mal ein bisschen mehr, mal ein bisschen weniger Schärfe ein.
Für manche Schülerin ist es das erste Mal, dass sie selbst mit Kichererbsen kocht, bei anderen kommen diese und andere Hülsenfrüchte häufig zum Einsatz. Bei Elke Reischl zum Beispiel, die im Unterricht unter anderem Rote Linsensoße mit Knusperkartoffeln und Ei zubereitet. Sowohl daheim als auch bei der Arbeit in einer Großküche kommen Hülsenfrüchte häufig auf den Tisch. „Kinder lieben Rote-Linsen-Schnitzel“, erzählt sie. Die sehen aus wie Schnitzel, sind aber kein Fleisch.
Der hohe Eiweißgehalt macht Hülsenfrüchte zum beliebten und gesunden Fleisch-Ersatz für Vegetarier und Veganer, aber auch für alle, die ihren Fleischverbrauch etwas reduzieren wollen. 24 Gramm Proteine sind in 100 Gramm Linsen enthalten. Die gleiche Menge Rinderfilet kommt auf 21 Gramm Eiweiß, Hähnchenfilet auf 22 Gramm. „Veganer sollten zweimal pro Woche Hülsenfrüchte essen“, rät Thea Schlesinger vom Sachgebiet Ernährung im AELF Kitzingen. „Und auch für Fleischesser sind sie eine gute Ergänzung“, fügt Ruth Halbritter an. Häufig werden sie mit Getreide kombiniert, mit Quinoa oder Reis, aber auch mit Couscous oder Bulgur.
Vor etwa zwei Jahren hat Fachlehrerin Ruth Halbritter begonnen, mit ihren Schülern eine gezielte Unterrichtseinheit über Hülsenfrüchte durchzuführen. „Damals war die Skepsis noch groß. Viele haben es nur gekocht, weil sie es im Unterricht kochen mussten“, erinnert sie sich noch gut. Spätestens aber beim Verkosten waren alle begeistert und haben die Gerichte dann auch daheim für ihre Familie zubereitet. „Vor allem die Lasagne kam gut an.“ Inzwischen sind die skeptischen Stimmen längst in der Unterzahl. Auch diejenigen, die selbst beispielsweise noch nicht mit Kichererbsen gekocht haben, kennen Gerichte, die daraus zubereitet werden, wie Hummus, eine orientalische Spezialität, die beispielsweise als Dip gut zu Ofengemüse passt.
Ist von Hülsenfrüchten die Rede, geht es stets um die getrocknete Variante der Bohnen, Erbsen und Linsen. Sie dürfen nicht roh verzehrt werden, sondern müssen gekocht werden. Viele Sorten werden vorher eingeweicht, denn je länger sie in kaltem Wasser liegen, desto zügiger sind sie später gar. Deshalb ist es wichtig, sie dann nicht zu lang zu kochen, sonst werden sie matschig. „Große Linsen zerkochen schnell und sie garen nach“, so ein Hinweis von Elke Reischl. Gerade mal sieben Minuten haben die Linsen eines ihrer Gerichte gebraucht, bis sie fertig waren.
Wer unter Allergien oder Gicht leidet, sollte Hülsenfrüchte eher mit Vorsicht genießen. Zudem können sie zu Blähungen führen, wenn der Darm nicht an sie gewöhnt ist. Wer Probleme damit hat, sollte auf geschälte Sorten zurückgreifen, lieber kleine statt große Hülsenfrüchte wählen, die Hülsenfrüchte pürieren – wie beispielsweise bei den gefüllten Cannelloni – und kann sie mit Gewürzen bekömmlicher machen. Majoran, Rosmarin oder Kümmel helfen, Ingwer und Anis auch. Gut ist auch eine langsame Gewöhnung. Erst mal also nur kleine Portionen und dann steigern, damit der Körper lernt, mit den Ballaststoffen und Kohlehydraten umzugehen.
Hauswirtschaftsschule: Die Fachschule für Ernährung und Haushaltsführung in Kitzingen startet im Herbst 2021 einen neuen Teilzeitkurs mit dem Abschluss „Fachkraft für Ernährung und Haushaltsführung“. Infos gibt es im Internet unter www.aelf-kt.bayern.de
Rezept: Linsenlasagne
Zutaten: 280 g Pardina-Linsen (oder Linsen nach Wahl), 2 Zwiebeln, 1 Knoblauchzehe, 2 EL Rapsöl, 2 bis 4 EL Rotwein/Balsamico, 150 ml Gemüsebrühe, 500 g Tomatenstücke (Dose), 80 ml Sahne, Salz, Pfeffer, Rosmarin, Thymian, 1-2 TL Zucker, 300 g Blattspinat TK, 160 g Kräuterfrischkäse, 9 (grüne) Lasagneblätter, 80 g geriebenen Gouda
Zubereitung: Linsen garen (nicht zu weich), Zwiebeln würfeln, Knoblauch zerkleinern, beides in Öl andünsten. Brühe und je nach Geschmack Wein oder Balsamico und Tomaten zugeben und zirka 10 Minuten garen. Linsen und Sahne zugeben und abschmecken. Spinat auftauen, mit Kräuterfrischkäse mischen und würzen. Lasagneplatten abwechselnd mit der Soße und dem Spinat in eine Auflaufform schichten, die letzte Schicht ist Soße. Geriebenen Käse darüber streuen. Bei 160 Grad zirka 40 bis 50 Minuten im Ofen garen.