Es sind noch Termine frei am 22.2.2022 – ein schönes Datum, um zu heiraten! Am 2.02.2022 gaben sich im Kitzinger Standesamt genau zwei Paare das Ja-Wort. Wie viele es in diesem dritten Jahr nach dem Auftauchen von Corona noch werden, weiß derzeit niemand. Genauso wie viele heiratswillige Paare hängen auch die verschiedenen Branchen, die einen Hochzeitstag zum schönsten Tag im Leben machen, in der Luft. Und manchen droht sogar der Absturz.
Davon kann bei Lisa Dörr keine Rede sein. Die staatlich geprüfte Maßschneiderin und Modedesignerin hat im Jahr 2013 ihr Atelier in Kitzingen eröffnet und spezialisierte sich auf Einkleiden von zukünftigen Bräuten. Zwei Jahre nach dem Umzug nach Iphofen 2018 und der erneuten Vergrößerung 2020 brach dieser Geschäftszweig komplett weg – aufgeben kam aber nicht in Frage, im Gegenteil: Die erste Auszubildende wurde eingestellt.
Am Brautkleid wird nicht gespart
Schon 2021 nahm das Geschäft wieder Fahrt auf, für 2022 hat Lisa Dörr so viele Aufträge wie lange nicht mehr. Ein großer Teil davon seien Anpassungen und Änderungen. „Manche Bräute haben ihr Kleid schon vor zwei, drei Jahren gekauft und jetzt ist es nicht mehr der Figur entsprechend“, erklärt die Expertin. „Oder es entspricht gar nicht mehr ihren Vorstellungen.“ Viele Paare – Lisa Dörr nimmt auch Anpassungen an Herrenanzügen vor – lassen sich ihr perfektes Outfit nach wie vor einiges kosten, ganz unabhängig davon, ob in größerem oder kleinerem Kreis, standesamtlich oder kirchlich geheiratet wird. „Auch wenn der Trend generell eher in Richtung kleinere Hochzeitsfeier geht – am Brautkleid wird nicht gespart.“ Das sagt Lothar Herbach auch über die Trauringe. „Ich habe ja den Vergleich zum Verkauf in gut vier Jahrzehnten“, erklärt der Inhaber des Juwelier-Geschäfts in Kitzingen. „Wir verkaufen heute viel teurere Ringe als früher.“ So stelle das Geschäft mit dem Heiraten für seinen Betrieb den derzeit wichtigsten Verkaufszweig dar. „Wenn wir den nicht hätten, würde es sehr schwierig für uns.“ Jedes Trauring-Gespräch stelle nicht nur für das Paar, sondern auch für den Verkäufer ein echtes Erlebnis dar. „Man hört die schönsten Liebesgeschichten, erfährt die tollsten Dinge“, freut sich der Schmuckexperte, ein jedes Paar gemäß seiner indivduellen und teilweise auch speziellen Wünsche bedienen zu können.
Trauringe nach wie vor gefragt
Eine Corona-bedingte Talsohle hat Lothar Herbach nach eigenen Worten nicht durchlaufen müssen. Arbeitsintensiver sei der Trauring-Verkauf in 2020 und 2021 gewesen, weil es teilweise lange Diskussionen und Überlegungen gegeben habe, ob die Ringe graviert werden sollten, und wenn ja, ob mit oder ohne Datum. „Viele haben wir graviert, dann wieder geschliffen und neu graviert“, erinnert sich Herbach. „Da sind wir den Paaren entgegen gekommen.“ Er freut sich, dass er nicht nur die Schnapsdaten 02.02.2022 und 22.02.2022 schon das ein oder andere Mal graviert hat, sondern auch für das restliche Jahr schon viele Termine für Trauring-Gespräche in den Kalender schreiben konnte.
Im Kalender von Marina Ulsamer ist hingegen noch viel Platz für Hochzeitstermine – und damit setzt sich der negative Trend aus den beiden Vorjahren fort. Während die Floristin vor dem Beginn der Pandemie gerade im Sommer volle Auftragsbücher zur Ausstattung der verschiedensten Hochzeitslocations hatte, sieht es nach 2020 und 2021 auch für diese Saison sehr mau aus. „Wir haben vielleicht mal ein Standesamtsträußchen gemacht oder ein paar Anstecknadeln“, beschreibt sie die brenzlige Lage bei Blumen Ulsamer. „Sonst haben wir ganze Scheunen geschmückt, die Kirche oder das Auto verschönert. Aber seit Corona ist das Geschäft sehr rückläufig.“ Die Hoffnung, dass auch wieder bessere Jahre kommen, weil viele Paare das ausgefallene Fest vielleicht nachholen, kann Marina Ulsamer aktuell nicht teilen. „Die Hochzeiten fallen einfach viel kleiner aus. Ich glaube, das wird auch so bleiben.“
Während am Blumenschmuck offensichtlich gespart wird, machen die Brautpaare beim Essen weniger Abstriche. „Ich bin für dieses Jahr schon lange ausgebucht“, erzählt zum Beispiel Michaela Dworschak. Die Inhaberin der Dettelbacher Kuchen-Manufaktur „Mathilda's Sweet Dreams“ bekommt immer wieder Anfragen, kann sie aber nicht mehr bedienen. Sie befürchtet, dass es für Kurzentschlossene – zumindest was eine große Feier mit allem Drum und Dran angeht – eher schwierig wird. „Die Dienstleister sind ausgebucht“, sagt sie und lacht. „Für die besonderen Daten im Februar hatte ich aber tatsächlich noch keine Anfragen.“ Das sei anders, wenn diese Termine im Sommer lägen, wie es zum Beispiel am 8.8.2018 der Fall war. „So richtig los geht es bei mir im Mai.“
Und dann werde weder bei der Hochzeitstorte noch beim Kuchenbuffet gespart. „Ich glaube, es ist sogar eher das Gegenteil der Fall“, sagt die Tortenfee. „Die Leute wollen mal wieder so richtig feiern. Sie haben so lange auf so Vieles verzichtet und sind jetzt eher freigiebig. Sie wollen ein perfektes Fest.“
Und so sieht bei Michaela Dworschak alles nach einem perfekten Jahr aus – wobei sie sich auch in der Corona-bedingten Saure-Gurken-Zeit in 2020 nicht von ihren süßen Träumen ablenken ließ. „Ich habe andere Ideen in die Tat umgesetzt, habe Wochenend-Pakete zusammengestellt oder Aktionen für besondere Tage wie Mutter-, Vater- oder Valentinstag gestartet. Wir haben das Beste aus der Situation gemacht.“Das sagt auch Michael Polreich rückblickend auf die letzten beide Jahre. Nebenberuflich hat sich der Bullenheimer als Erlebnis-Caterer ein zweites Standbein aufgebaut – und diesem Titel auch im Corona-Sommer alle Ehre gemacht. Der drohte der makellosen Bilanz der Vorjahre einige Kratzer beizufügen – mit der Idee zum „Frangn-Weggla“ bekam Polreich zusammen mit drei Freunden aus der Branche leicht die Kurve und konnte die freie Zeit unbeschwert mit seiner Familie verbringen.
Inzwischen brummt das Geschäft aber wieder, und nach einem guten Sommer 2021 sieht alles nach einem richtig erfolgreichen 2022 aus. „Wir sind komplett ausgebucht“, sagt Michael Polreich und freut sich auf einen weiteren, unbeschwerten Sommer. Mit mehr Arbeit. Auf vielen Hochzeiten. Ganz egal an welchem Datum.