So viele Besucher wie am Sonntagabend hatte die zentrale Gedenkfeier des Landkreises zum Volkstrauertag auf dem Marktbreiter Kapellenberg wohl noch nie erlebt. Die Gründe dafür waren sicher die Festrede von Landtagspräsidentin Barbara Stamm und das doppelte „Jubiläum“ mit 100 Jahren Beginn des Ersten und 75 Jahre Entfesselung des Zweiten Weltkriegs. Am Ende allerdings stand eine ernüchternde Bilanz.
Und die zog die jüngste der Redner, Nenzenheims Weinprinzessin Susanne Kilian. Sie sollte das Gedenken an die Gefallenen, Verstorbenen, Getöteten, Vertriebenen und Gefolterten nicht nur der beiden Weltkriege aus Sicht der jungen Generation schildern. Dazu stellte sie Freunden, Kommilitonen und anderen Weinprinzessinnen die Frage zu deren Haltung zum Volkstrauertag. Und das Ergebnis? Einige verwechselten den Tag mit Allerheiligen, für andere war das der Tag, vor dem die Discos schon um Mitternacht schließen. Wieder andere zogen fragend die Schultern hoch. „Die wenigsten wissen, dass es ein Gedenktag für die Toten der Kriege ist“, sagte Susanne Kilian.
Dabei wäre gerade dieses Wissen wichtig für die Gesellschaft und das Land, so hatte die Landtagspräsidentin in ihrer Rede zuvor festgestellt: Denn beide Kriege haben unser Land geprägt, das Erinnern ist wichtig, „weil wir aus der Geschichte lernen wollen“. Die Grundlage des historischen Bewusstseins für die Vergangenheit begegne uns heute in Form von Trauer als wesentlicher Bestandteil des Erinnerns, sagte Stamm. Vergessen wäre die Verleugnung unserer Geschichte und Wurzeln. Denn die Kriegsopfer haben bis heute Lücken hinterlassen.
Aus dem Erinnern und Trauern ergibt sich eine Verantwortung, die in die Zukunft gerichtet ist. Natürlich haben die Menschen gelernt und etwa mit EU und UNO Strukturen zur gewaltfreien Lösung von Konflikten geschaffen. Dabei ist Deutschland selber eine verlässliche Größe in Europa geworden. Immer aber müsse man sich das hohe Gut Demokratie bewusst machen. Allerdings zeigt gerade die Jetztzeit, wie zerbrechlich der Frieden auch in Europa ist. „Die junge Generation ist aufgerufen, Freiheit, Demokratie und Frieden zu erhalten“, sagte Stamm und dafür leiste der Gedenktag einen Beitrag.
Und wie soll das die „junge Generation“ machen? Susanne Kilian gibt da eine ganz persönliche Meinung: zuhören. Sie hat den Geschichten ihrer Großeltern gelauscht, die von Onkel Schorsch erzählten, der mit 17 Jahren eingezogen, erst vier Jahre nach dem Krieg aus der Gefangenschaft nach Hause zurückkehrte. Die Zeitzeugen nutzen, so ihr Rat: „Wer zuhört kann es auch weiter tragen“, denn hinter jedem Opfer stehe eine persönliche Geschichte, jedes Opfer werde vermisst.
Neben Barbara Stamm und Susanne Kilian appellierten auch Landrätin Tamara Bischof und Bürgermeister Erich Hegwein für den Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit. Unterstützt wurde die zentrale Gedenkveranstaltung des Landkreises an der Kreiskriegergedächtnisstätte durch den Bauhof Marktbreit, die Jugendfeuerwehr der Stadt Kitzingen, Fahnenabordnungen des Bayerischen Soldatenbundes und verschiedene Reservistenkameradschaften.