Nachts hat es ein bisschen geschneit. Weiße Stellen im Wald zeugen davon. Dick eingemummelt wandern über 20 Männer und Frauen rund um den Frankenberg. Es ist so kühl, dass ihr Atem Wölkchen bildet. Matthias Schenk aus Nenzenheim führt die Gruppe an – als "Front-Mann", genau wie bei seiner Band "Sons of Eternity".
Der Sänger, Songschreiber und Gitarrist kennt in seiner Heimat jeden Lost Place, jeden magischen Ort. Auf einem Hügel bleibt er stehen, eine alte Mauer nimmt im Nebel Konturen an. Der 48-Jährige schaltet Musik an. Gitarrenriff, Drums, "Schenkys" Stimme, die von zerborstenen Träumen singt. Was haben Songs wie "Ruins", "Eye of the Storm" oder "Dark Orbit" mit abgelegenen Orten zu tun? Wie geht Heavy-Metal mit Heimatliebe zusammen? "Schenky" erklärt es im Interview.
Matthias Schenk: An der Ruine der Burg Hohenlandsberg, auch "Spiegel Frankens" genannt, ist mir zum Beispiel die gefühlvolle Ballade "Ruins" eingefallen. Da oben zwischen den Resten der Burg – der Eingang und ein paar Kasematten stehen noch – waren Text und Melodie plötzlich da. Es geht in dem Stück um eine Freundschaft, in der man sich Luftschlösser aufgebaut hat, von denen aber nur noch Ruinen übrig sind.
Schenk: Zum Teil zumindest – obwohl nicht alle Lost Places mich zu einem Songs inspiriert haben. Die versteckten Orte interessieren mich auch so. Ich erkläre gern, welche Geschichte der historische Platz verbirgt und was jeweils hinter den Songs steckt.
Schenk: Ich kenne mich da oben gut aus, der Hohenlandsberg ist meine Heimat, genau wie die Steigerwaldgegend drumherum. Ich habe schon viele Freunde da oben rumgeführt. Heimatliebe – der Begriff ist bei manchen vielleicht verpönt, aber bei mir nicht. Ich hab' es mir ein bisschen zur Aufgabe gemacht, das zu entdecken und zu bewahren, was unsere Heimat ausmacht.
Schenk: Die Burg am Hohenlandsberg feiert im Jahr 2024 ihren 500. Jahrestag der ersten urkundlichen Erwähnung. Ihren Rufnamen "Spiegel Frankens" erhielt sie höchstwahrscheinlich nicht wegen ihrer Wichtigkeit, auch wenn sie als Amtsburg der Verwaltungssitz von 26 Dörfern war. Die Marienburg in Würzburg oder die Kaiserburg in Nürnberg waren sicher wichtiger. Einleuchtender ist deshalb, dass der Name von spiegelnden Scheiben kommt.
Schenk: Ja, die Burg war eine der ersten in der Region – oder gar die erste –, die echte Fensterscheiben aus Glas hatte. Damals war das Glas nicht entspiegelt, das heißt, das Licht brach sich darin wie in einem Spiegel. Die Leute, die damals nach oben geschaut haben, müssen bei Sonnenschein ganz schön beeindruckt gewesen sein – und der Name war geboren.
Schenk: Zum Beispiel das Kreuz unter den drei Eichen. Um dieses Kreuz von 1319 ranken sich drei Mythen. Und dann der Panzerturm in einem Waldstück in der Nähe von Krassolzheim. Das ist ein Bombenabwurfturm aus den 30er-Jahren, der im Dritten Reich als Übungsturm für die Flieger diente. Er ist nirgendwo groß ausgeschildert. Für mich ist er ein Mahnmal gegen den Krieg – das einzige, das in Deutschland noch in dieser Größe besteht.
Schenk: Hexenstuhl oder Elfenthron – so heißt ein Platz in der Nähe von Schloss Frankenberg. Hier soll einstmals eine Müllerstochter meditiert haben. Sie wurde falsch verstanden und endete als Hexe auf dem Scheiterhaufen – so heißt es zumindest in einer alten Sage.
Schenk: Klar, zum Beispiel die Luisensäule. Für mich die plausibelste Erklärung für diese Stele im Wald ist die, dass einstmals Königin Luise zum Berg der Franken kommen sollte. Doch das ist nicht der Frankenberg im Steigerwald, sondern der Kreuzberg in der Rhön. Die Säule hatte man aber diensteifrig schon zum Frankenberg gebracht – laut Einheimischen hatte sie zuvor als Siegessäule bei Jagden gedient und stand im rund drei Kilometer entfernten "Dianawäldchen".
Schenk: (grinst) Wer weiß? Ich freu' mich jedenfalls, wenn die Leute sich unsre Youtube-Videos von "Media Zombies", "In Silence" und "Ruins" anschauen. Wir sind jetzt unter den Top Ten im renommierten Magazin Metal-Hammer – des is' der Hammer, da war ich noch nie!