Am 29. August plaudert TV-Legende Harald Schmidt (65) auf der Bühne des Volkacher Kabarettsommers mit Entertainer Volker Heißmann ("Waltraud und Mariechen"). Im Interview gibt Schmidt Einblicke in seinen Alltag nach der Late-Night-Zeit und in die seiner Einschätzung nach drängendsten Probleme: "Letztenendes ist der häufigste Satz, den man in diesem Sommer hört, 'Das Eis ist ganz schön teuer geworden.'"
Frage: Sie, Herr Schmidt, und Volker Heißmann zusammen auf einer Bühne - das hatte ich bisher nicht als natürliche Paarung auf dem Schirm. Wie kam es dazu?
Harald Schmidt: Volker Heißmann hat sich in Wien die Operette "Die Dubarry" angekuckt, bei der ich Ludwig XV. spiele, und dann haben wir uns hinterher getroffen. Wir kamen im Gespräch darauf, dass er die Comödie Fürth leitet, und er fragte, ob ich irgendwann Lust hätte, da aufzutreten. Ich habe gesagt: klar, und so war die erste Veranstaltung ziemlich schnell unter Dach und Fach.
Die Pressemitteilung macht ein großes Geheimnis daraus, warum Sie noch nie in Volkach waren und verspricht Aufklärung in der Veranstaltung. Was hat es damit auf sich, oder wäre das ein Spoiler für den Abend?
Schmidt: Man muss ja irgendeinen Titel finden. Aber ich habe Franken und die ganze Main-Region bisher überhaupt noch nicht auf dem Schirm gehabt und bin froh, dass sich das jetzt ändert. Ich stelle fest, das ist eine sehr, sehr schöne Gegend, und da gibt es viele Orte, um aufzutreten. Für mich eine echte Entdeckung. Aber es ist schlicht Zufall, dass ich noch nicht da war.
Ein Kollege hat mir aufgetragen, ich soll Sie unbedingt nach dem Tattoo auf dem Arm von Florian Silbereisen fragen, mit dem Sie in "Traumschiff" spielen. Weil da groß "Unterfranken" stehe. Ist Ihnen das schonmal aufgefallen?
Schmidt: Nein, er hat ja mehrere Tattoos, ich habe sie mir im Detail noch nicht angeschaut. Ich weiß nicht, was es bei ihm damit auf sich hat. Er selbst kommt ja aus der Gegend von Passau.
Sie haben mal gesagt, mit dem Älterwerden wird die Liste der Sachen, die Ihnen "am Arsch vorbeigehen" immer länger. Was geht Ihnen denn noch nicht am Arsch vorbei?
Schmidt: Das schwankt. Das hängt auch damit zusammen, wie interessant ein Thema aufbereitet wird. Aber diese generelle Aufgeregtheit, die einem teilweise ja medial ein bisschen verordnet wird - das lasse ich für mich nicht gelten.
Juckt es Sie trotzdem nicht manchmal, wieder einen klassischen Late-Night-Monolog zu halten? Themen gäbe es ja genug.
Schmidt: Das lässt sich in der Veranstaltung mit Volker Heißmann gut unterbringen. Aber in der regelmäßigen Form ist das für mich kein Thema mehr.
Sie haben immer vermieden, als zu bildungslastig rüberzukommen. Jetzt machen Sie gelegentlich Termine wie einen Abend zu Wagners "Ring" an der Oper Zürich. Sind das die neuen Freiheiten?
Schmidt: Das habe ich ja schon immer gemacht. Mein Ansatz war ja immer, es muss in erster Linie mich interessieren, und dann schauen wir mal, wen es sonst noch interessiert. Wir haben zum Beispiel in meiner Show sämtliche Scarlatti-Sonaten für Cembalo auf 24 CD-Playern gleichzeitig gespielt.
Ich habe festgestellt, dass viele Leute Sie aus ganz unterschiedlichen Zusammenhängen kennen. Haben Sie selber eigentlich noch den Überblick?
Schmidt: Das ist wie bei einem Schauspieler. Man kuckt halt, ist es ein Western, ist es ein Krimi, eine Romantikkomödie oder ein Sozialdrama, und dementsprechend gibt man die Figur. Ich lasse das auf mich zukommen, und je nachdem, was gebraucht wird, schicke ich den entsprechenden Referenten los. Und damit meine ich ausschließlich den Alltag.
Ist Humor in der Öffentlichkeit eigentlich noch möglich? Ich habe den Eindruck, Sie nehmen das eher sportlich.
Schmidt: Ja selbstverständlich. Wenn Sie sich die Zukunft in zwei, drei Jahren vorstellen, werden viele schon gar nicht mehr wissen, worüber die Aufgeregtheit heute geherrscht hat. Sie müssen ja nur rückblickend sehen, was alles schon zum Weltuntergang hochgejazzt wurde. Nach kürzester Zeit ist das vergessen. Letztenendes ist der häufigste Satz, den man in diesem Sommer hört, "Das Eis ist ganz schön teuer geworden."
Stimmt - offenbar unsere größte Sorge.
Schmidt: Ja. Finde ich auch legitim!
Andere Sorge: Kulturpessimismus. Die Kinder können nicht mehr richtig lesen und so weiter. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie den Pessimismus nicht teilen.
Schmidt: Ich bin ja der Meinung, dass wir weltweit auf eine Zehn-zu-Neunzig-Gesellschaft zusteuern - zehn Prozent haben das Knowhow und die materiellen Möglichkeiten. Und der Rest muss schauen, wie er mithält. Wenn ich höre, dass es 300.000 offene Ausbildungsstellen in Deutschland gibt... Insofern muss jeder selbst entscheiden, ob er Lesen und Schreiben lernt, eine Berufsausbildung macht oder lieber studiert. Oder ob er sich nochmal im Bett rumdreht und schaut, was der Sozialstaat für ihn im Angebot hat. Da bin ich unaufgeregt.
Volkacher Kabarettsommer: Harald Schmidt plaudert mit Volker Heißmann, Di., 29. August, 19 Uhr, Weinfestplatz. Vorverkauf: www.comoedie.de oder Touristinformation Volkach, Teil. (09381) 40112.