Steuern? Eine Reform? Nicht gerade Worte, die den Bürger erfreuen. Er vermutet viel Aufwand, komplizierte Regelungen und dass er womöglich bald viel mehr Geld zahlen muss. Die acht Mitarbeiter des Finanzamts Kitzingen, die in den letzten Wochen im Landkreis Informationsveranstaltungen zur Grundsteuerreform abgehalten haben, kennen solche Bedenken und versuchen sie zu entkräften: Der Aufwand sei für die allermeisten Bürger nicht groß. Und teurer werde es auch nicht automatisch für alle, denn die Reform soll auf die jeweilige Gemeinde bezogen „aufkommensneutral“ sein, sagt Herr Götz, Leiter der Bewertungsstelle am Finanzamt Kitzingen. Aber es werde – bei jedem Grundsteuermodell – auch Gewinner und Verlierer geben, das sei „unvermeidbare Folge der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“.
Dessen Urteil aus dem Jahr 2018 ist die Ursache dafür, dass alle Grundstückseigentümer, auch aus der Land- und Forstwirtschaft, in diesem Sommer Post vom Finanzamt erhalten haben und eine neue Grundsteuererklärung abgeben müssen. Die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer sei veraltet, so der damalige Entscheid, und somit verfassungswidrig. Eine Reform musste her. Die zog sich in die Länge, zumal die Länder verschiedene Lösungen umsetzten.
In Bayern wird die Grundsteuer B (baulich) ab 2025 flächenabhängig erhoben. Noch lang hin, da fragt sich mancher, warum er schon spätestens bis zum 31. Oktober dieses Jahres beim Finanzamt über seine Grundflächen Auskunft geben muss. Doch es geht um viele Grundstücke und Wohnflächen, die erfasst werden müssen. Alleine im Landkreis Kitzingen sind es 50.000 Aktenzeichen, informiert Herr Götz, der mit seinen Kollegen aus der Bewertung und Veranlagung, den Elsterbeauftragten sowie Amtsleiterin Claudia Leimeter die Informationsveranstaltungen in den Städten und Verwaltungsgemeinschaften im Landkreis Kitzingen abgehalten hat. Die Bayerische Steuerverwaltung strebt an, die Feststellungen bis zum 31. Dezember 2023 abzuschließen. Dann sind nämlich die Kommunen am Zug. Sie legen die Hebesatzhöhe für die Grundsteuer in ihrer Stadt und Gemeinde fest – eine Zahl, die von Ort zu Ort variiert. Mal sind es 300 Prozent, mal 320, mal 350, in Großstädten außerhalb Bayerns kann der Hebesatz auch schon mal über 1000 Prozent liegen. Ende 2024 müssen die Gemeinden die Werte festgelegt haben, ab 2025 zahlt der Bürger die neue Grundsteuer.
Doch was bedeutet „flächenmäßig“? Zur Berechnung der Grundsteuer wird künftig nur noch die Grundstücksfläche, die Wohn- und die Nutzfläche herangezogen. Baujahr, Bauart, Ausstattung – das wird alles nicht mehr benötigt. „Es ist egal, ob es sich um eine Millionenvilla oder ein Tinyhaus handelt. Wir brauchen nur noch die Fläche“, erklärt Götz das in Bayern gültige Recht. Andere Bundesländer haben sich für andere Modelle entschieden. Hat jemand eine Eigentumswohnung in Hamburg, muss er sich nach den dortigen Vorgaben richten.
Die Grundsteuer wird erhoben, damit die Gemeinde mit dem Geld öffentliche Leistungen finanzieren kann. „Sie muss die Infrastruktur schaffen, Straßen und Brücken bauen, Laternen aufstellen, Spielplätze errichten...“, nennt Götz einige Beispiele. Weil davon ausgegangenen wird, dass der Aufwand für die Gemeinde größer ist, wenn das Grundstück größer ist, wird die Steuer an die Fläche geknüpft. Ob ein teures oder günstiges Haus darauf steht, ist unwichtig.
Die Berechnung, sagt Götz, sei relativ einfach. Für die Grundsteuer B werden die Flächen mit wertunabhängigen Äquivalenzzahlen angesetzt. Diese betragen für die Fläche des Grund und Bodens 4 Cent pro Quadratmeter und für Gebäudeflächen 50 Cent pro Quadratmeter. Diese Beträge werden mit der Grundsteuermesszahl multipliziert und ergeben den Grundsteuermessbetrag. Die Grundsteuermesszahl beträgt grundsätzlich 100 Prozent, das heißt für die Nutzfläche. Für Wohnflächen wird ein Abschlag von 30 Prozent gewährt, damit liegt die Grundsteuermesszahl bei 70 Prozent. Im Ergebnis sind das also 35 Cent pro Quadratmeter für Wohnflächen. Dazu kommt der jeweilige Hebesatz der Gemeinde, den jede Gemeinde selbstständig bestimmen kann. Das heißt: Grundsteuermessbetrag mal Hebesatz der Gemeinde ergibt dann die an die Gemeinde zu zahlende Grundsteuer.
Name des Eigentümers, Adresse, amtliche Grundstückfläche, Wohnfläche... das sind die Daten, die dem Finanzamt geliefert werden müssen. Und da ist für manchen schon Schluss mit „ganz einfach“. Woher die Daten nehmen? Die Grundstücksfläche lässt sich tatsächlich leicht herausfinden. Im Kaufvertrag steht sie, im ersten Grundsteuerbescheid, aber auch im Internet, und zwar im Bayern Atlas Grundsteuer. Dort ist auch vermerkt, wie groß beispielsweise Äcker sind – denn auch für die Grundsteuer A (agrarisch), also land- und forstwirtschaftliche Flächen, wird die Steuer neu berechnet.
Die meisten Leute haben zudem Unterlagen daheim, in denen die Wohn- und Nutzfläche vermerkt ist. Bauantrag oder Mietvertrag zum Beispiel. „Gegebenenfalls muss gemessen und unterschieden, werden was zur Wohnfläche gehört und was nicht.“ Wintergärten, Schwimmbäder, Balkon, Dachgärten und Terrassen gehören beispielsweise nur teilweise zur Wohnfläche. Keller- und Abstellräume, Waschküchen, Heizungsräume zählen in der Regel nicht zur Wohnfläche. Übersichten zum Ansatz von Gebäudeflächen gibt es im Internet auf www.grundsteuer.bayern.de. Garagen, zum Beispiel zu einem Einfamilienhaus, bleiben bis zu einer Fläche von insgesamt 50 Quadratmeter außer Ansatz. Auch Nebengebäude wie der kleine Schuppen im Garten eines Einfamilienhauses zählen nur, soweit die Nutzfläche insgesamt größer als 30 Quadratmeter ist.
„Ob es sich um eine Millionenvilla oder ein Tinyhaus handelt, ist egal. Wir brauchen nur
noch die Fläche.“
„Ihr habt doch eh schon alle Daten“ ist ein Satz, den Götz und seine Kollegen bei ihren Infoveranstaltungen immer wieder gehört haben. Zwischen 50 und 200 Bürger sind jeweils gekommen, haben zugehört und Fragen gestellt – meist ging es dabei um die Landwirtschaft. Das mit den Daten, so erklären die Finanzamts-Mitarbeiter, stimmt nur bedingt, denn die vorhandenen Daten sind oftmals veraltet oder unvollständig. Ein Haus, das 1964 gebaut wurde, ist wahrscheinlich längst umgebaut, womöglich erweitert, das Dach wird als Wohnraum genutzt, im Keller ist ein Partyraum. Die Wohn- und Nutzflächen haben sich verändert, das muss angegeben werden. Deshalb ist der Eigentümer jetzt verpflichtet, die Erklärung auf den Stichtag 1. Januar abzugeben, rechtzeitig und nach bestem Wissen und Gewissen. Tut er das nicht, droht ein Verspätungszuschlag oder letztendlich eine Schätzung. Gibt es nach dem 1. Januar 2022 Änderungen bei der Wohn- bzw. Nutzfläche, sind diese gesondert bis zum 31. März des Folgejahres zu melden. Auch dazu ist der Eigentümer verpflichtet.
Nicht so einfach wie für Eigentümer von Grundvermögen ist die Reform für die Eigentümer von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft, das wurde auch bei den Fragen in den Infoveranstaltungen deutlich. Da spielt nicht nur die Fläche eine Rolle, sondern auch die Nutzungsart. Nicht nur aktive Betriebe, sondern auch einzelne landwirtschaftlich genutzte Flächen, die vielleicht verpachtet sind, sind für das Finanzamt ein „Betrieb der Forst- und Landwirtschaft“.
Insgesamt muss darauf geachtet werden, was landwirschaftlich genutzt wird und was nicht – die Scheune, in der Wohnwägen untergestellt sind, gehört nicht mehr zum landwirtschaftlichen, sondern zum Grundvermögen. Genauso grundsätzlich ein Acker, auf dem Photovoltaikanlagen stehen. Steht aber ein Windrad darauf, bleibt die Fläche in der Landwirtschaft, weil sie noch als Acker genutzt wird. Dafür müssen für Windenergieanlagen Zuschläge bezahlt werden. Und dann gibt es noch Betriebe, die einer Erbengemeinschaft zuzuordnen sind, was die Sache komplexer macht.
In manchen Fällen kann die Grundsteuer ermäßigt werden. Für den Wohnteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft zum Beispiel. Wenn ein Haus unter Denkmalschutz steht. Wenn es für Sozialwohnungen genutzt wird. Solche Ermäßigungsgründe sind jetzt in der Grundsteuererklärung mit anzugeben, damit das Finanzamt sie einrechnen kann, so Götz.
Abgegeben werden kann die Erklärung auf elektronischem Weg über Elster, das Online-Programm der Finanzämter, in Bayern aber auch in Papierform. Hat jemand Eigentum in einem anderen Bundesland, muss er die Erklärung dafür dort abgeben, mit den dort gültigen Formularen auf dem dort gültigen Weg. „Ein bayerischer Vordruck für die Eigentumswohnung in Hamburg geht nicht.“
Wer die Erklärung über Elster ausfüllt, wird Schritt für Schritt begleitet, mit Tipps und Hinweisen und genauen Anleitungen, Antworten auf allgemeine und individuelle Fragen sowie einer Hotline, falls doch noch was zu klären ist. Wer Elster bisher noch nicht nutzt, muss sich dazu registrieren. Dann aber geht es, sofern man die nötigen Größenangaben vorher herausgesucht hat, ganz schnell, so Götz: „Das kann man jetzt im Sommerurlaub bei einem Gläschen Wein gut ausfüllen.“
Info: Erklärungen, Auskünfte und Hilfestellung gibt es im Internet unter www.grundsteuer.bayern.de Die Grundsteuererklärung kann über www.elster.de abgegeben werden – mit Schritt-für-Schritt-Anleitung – oder über ein graues PDF-Formular ausschließlich zum Ausfüllen am PC und anschließenden Ausdruck. Die grünen Papier-Formulare zum handschriftlichen Ausfüllen sind in den Finanzämtern sowie den Verwaltungen der Städte und Gemeinden in Bayern verfügbar.