Er sieht aus, wie ein ganz normaler Hamburger: Kräftig durchgebratenes Fleisch, Käse und Salat im knusprigen Brötchen. Der einzige Unterschied: Dieser Burger besteht nicht aus Rindfleisch, sondern aus Mehlwürmern.
„Allerdings sind sie gemahlen und gepresst, so dass der Ekelfaktor wegfällt“, sagt Manon Struck, Pressesprecherin des Bunds für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL). Insekten zu essen entwickelt sich allmählich zum Trend. In der Schweiz, den Niederlanden oder Belgien wird dieser Burger bereits in Restaurants und Supermärkten verkauft. Bei der Grünen Woche in Berlin können Besucher in Halle 22a den Insekten-Burger erstmals testen.
Weltweit beziehen nach Schätzung von Experten mehr als zwei Milliarden Menschen Raupen, Käfer und Heuschrecken in ihren Speiseplan mit ein. Während die Deutschen das Phänomen Insekten zu essen nur als Mutprobe oder aus dem Dschungel-Camp kennen, gibt es in vielen Ländern die kleinen Krabbeltierchen überall zu kaufen. „Der Geschmack ist nicht schlecht, aber die Konsistenz ist mir zu trocken“, sagt Rudolf Bender, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands Kitzingen, nachdem er den Insekten-Burger probiert hat.
Dass Insekten bald auf unserem Esstisch landen, glaubt Bender, der seit vielen Jahren mit einer Delegation aus Kitzingen die Grüne Woche besucht, nicht. „Unsere Bauern können die Menschen noch gut mit heimischen, also regionalen Lebensmitteln ernähren.“
Insekten stehen dem Nährwert von Fleisch in nichts nach
„Insekten sind eine tolle Proteinquelle“, findet Struck. Die Food and Agriculture Organization (FAO) der Vereinten Nationen versucht deshalb schon seit 2003, Menschen Insekten schmackhaft zu machen und die Forschung auf dem Gebiet zu verstärken. Gesundheitlich stünden Insekten dem Nährwert von Fleisch in nichts nach, so die FAO. Die Inhaltsstoffe variierten je nach Insektenart, Ernährung oder Alter. Mehlwürmer – die Larven von Mehlkäfern – enthielten beispielsweise ähnlich viele ungesättigte Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren wie Fisch. Insgesamt gelten sie als weitgehend fettfrei und voller hochwertiger Proteine und anderer wichtiger Nährstoffe.
Heinz Wenkheimer aus Albertshofen (Lkr. Kitzingen) hält es für wichtig, dass sich die Verbraucher über Trends in der Lebensmittelindustrie informieren können. „Ich denke, dass gesundheitsfördernde Lebensmittel im Trend liegen“, sagt er. Er baut selbst seit einem Jahr Rispentomaten mit einem höheren Lycopingehalt an. „Lycopin zählt zu den Antioxidantien und gilt als Radikalfänger“, lobt er seine neue Tomate.
Beim Bummel durch die 26 Messehallen entdeckt man immer wieder Superfoods, alternative Proteinquellen, angereicherte Proteine, aber auch Regionalität ist ein immer wiederkehrendes Thema: „Für uns steht heute schon fest: Die Zukunft ist vielfältig und hält für jeden das Passende bereit. Dafür sorgen unsere Hersteller und das möchten wir auch zeigen“, erklärt Christoph Minhoff, Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE).
„Bauernhöfe statt Agrarfabriken“
Auch Algen gelten als ein Lebensmittel der Zukunft. „Algen sind sehr gesund als Salat oder sie ersetzen beim veganen Backen Butter und Ei“, erklärt BLL-Sprecherin Manon Struck. Verschiedene Start-up-Unternehmen aus dem Ernährungsbereich bieten ihre Innovationen auf der Messe in Berlin an und stehen für den Dialog mit den Besuchern zur Verfügung. So wie Baris Özel und Max Krämer von der „Bug Foundation“, die den Insekten-Burger nun auch in Deutschland vermarkten wollen. Özel und Krämer haben verschiedene Insekten auf einer Weltreise probiert und sich intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandergesetzt. So wurde die Geschäftsidee zum Insekten-Burger geboren.
„Es spricht nichts gegen Insekten-Food, aber wir brauchen es nicht“, findet dagegen Reinhild Benning, Agrarexpertin von Germanwatch. „Wir haben schon einen Eiweißberg in Form von Fleisch- und Milchüberschüssen.“ Schlachthöfe in Deutschland würden aktuell 20 Prozent mehr Fleisch produzieren als wir essen. Dieses Überangebot erlaube es Schlachthofkonzernen den Erzeugerpreis an die Bauern in den Keller zu drücken. „Zu dem Preis können Bauern keinen Tierschutz leisten“, sagt Benning. Sie fordert: „Bauernhöfe statt Agrarfabriken und eine Kennzeichnungspflicht der Tierhaltungsform auf Lebensmitteln.“
Es geht auch ganz traditionell - mit einem Glas Weuin
Dass es aber auch ganz traditionell zugeht auf der Grünen Woche beweisen Barbara und Manfred Baumann vom Weingut Forellenhof in Handthal (Lkr. Schweinfurt). Sie kommen seit 15 Jahren als Aussteller zur Grünen Woche und machen hier Werbung für den Frankenwein. „An unserem Stand bleiben viele Leute stehen, trinken ein Glas und wir beantworten ihre Fragen zum Wein und zu unserer Region“, sagt Baumann.
Wie wird unsere Ernährung in Zukunft aussehen? Was essen wir und wie produzieren wir es? Angesichts von bald neun Milliarden Menschen auf der Erde ist Ernährung eines der größten Themen weltweit – und gleichzeitig ein großes Geschäft. Aktuell gibt es in Deutschland laut der BVE 170 000 Produkte und jährlich kommen 40 000 neue dazu, andere erfolglose verschwinden vom Markt. „Lebensmittel sind ein Wachstumsmarkt“, erklärt BVE–Hauptgeschäftsführer Minhoff. Fotos (3): Kneifel