Der Gegensatz könnte größer nicht sein: 80 Minuten lang herrscht absolute Konzentration auf der Bühne und im Zuschauerraum. Nur in den Spielpausen bricht sich die Begeisterung in Beifallsstürmen Bahn. Mit dem aus Brasilien stammenden Gitarren-Duo „Assad Brothers“ bieten die 5. Ochsenfurter Gitarrentage einen fulminanten Auftakt auf höchstem spielerischen Niveau.
Als Duo kaum zu überbieten
Die Brüder Sergio und Odair Assad setzen seit über 50 Jahren Maßstäbe auf der Konzertgitarre und sind als Duo kaum zu überbieten. Zwischen ihnen herrscht ein blindes, tiefes, einfühlendes Verständnis, das nicht nur von Jahrzehnten gemeinsamer Bühnenpräsenz zeugt, sondern auch von ihrer Verwandtschaft, von ihrer innigen Beziehung von klein auf. So daneben liegt Odair Assad gar nicht, wenn er schmunzelnd anmerkt, dass man schon als Babys miteinander gespielt habe. Obwohl die beiden Brüder einige Jahre trennen, wirken sie an der Gitarre wie eineiige Zwillinge.
Absolute Synchronizität
Das Ineinandergreifen von Läufen, die Wechsel in der Begleitung und in der Melodieführung, die rhythmische Symmetrie sind derart ineinander verwoben, dass es bei geschlossenen Augen stellenweise schwerfällt, zwei Gitarristen herauszuhören. Ihre absolute Synchronizität über alle Tempi- und Lautstärke-Variationen ist frappierend. Nicht nur bei der Musik von Astor Piazzolla drängt sich das Bild eines ineinanderverschlungenen Tango-Tanzpaares auf: Jeder Partner tanzt seine Schrittfolgen – gemeinsam bilden sie ein perfektes Kunstwerk.
Erhabener Spielstil
Die Assads, am vergangenen Donnerstag in der Spitalkirche vollständig auf ihre Instrumente fokussiert, pflegen einen erhabenen Spielstil. Perlende Akkord-Anschläge, virtuose Läufe, ein kreatives Spiel mit den Flageolett-Tönen, knackige perkussive Einlagen – jeder für sich spielt makellos. Dabei setzen die Brüder nicht auf übertriebenen Ausdruck, gehen den Rhythmus nur so weit körperlich mit, wie es das Einfühlen in den Spielpartner und die Kommunikation mit ihm erfordern. Keine Effekthascherei, kein Gehabe – ein perfekter Vortrag und sonst nichts. Als einzige Gefühlsregung leisten sich die Assads ein herzerfrischendes Lächeln, wenn wieder mal ein Applausregen über sie herniedergeht.
Beim Konzert stimmt einfach alles
Bei diesem Konzert stimmt einfach alles: Schon über die Stückewahl kann sich das Publikum freuen: anspruchsvolle, klassische spanische und lateinamerikanische Musik, spannend arrangiert für zwei Gitarren. Die Komponisten decken rund 100 Jahre Musikgeschichte ab – von Isaac Albeniz (1860 – 1909) bis zum zeitgenössischen Egberto Gismonti (geb. 1947). Entsprechend spannungsreich ist der Bogen von der Klassik bis zu aktueller Weltmusik.
Wunderbarer Griff von Robin McBride
Dazu ist die mit 130 Sitzplätzen ausverkaufte Spitalkirche in ein angenehmes Licht aus warmen Farben getaucht – Sommergefühle. Und die hallfreie Akustik der Holzdecke erweist sich als perfekt für Naturinstrumente. Sie lässt die Zuhörer jede Nuance mithören.
Alles in allem hat Organisator Robin McBride mit seinem ehrenamtlichen Team einen wunderbaren Griff getan. Kein Wunder, dass Zuhörer selbst aus Holland die Anreise zu diesem herausragenden Konzert nicht scheuen. Die „Assad Brothers“ sind die beste Werbung für die folgenden Veranstaltungen der Gitarrentage.
5. Ochsenfurter Gitarrentage
Die Ochsenfurter Gitarrentage werden ab Donnerstag fortgesetzt. Das Programm:
Donnerstag, 28. Juni, 20 Uhr: Der schwedische Lautenist und Gitarrist Jonas Nordberg gehört zur jungen Elite seines Faches. Seit seinem Abschluss 2011 am Mozarteum in Salzburg entwickelte er eine rege Konzerttätigkeit in Europa. Sein Repertoire reicht von Musik der Renaissance bis zu modernen Klanglandschaften mit Renaissance- und Barock-Laute, Barock-Gitarre, Gitarre des frühen 19. Jahrhunderts und Theorbe.
Freitag, 29. Juni, 20 Uhr: Mit Andrew York ist einer der heute wohl beliebtesten Komponisten für klassische Gitarre und ein Künstler ersten Ranges zu Gast. Seine Kompositionen vereinen die Stile aller klassischen Epochen mit modernen musikalischen Richtungen, bei denen er Musik erschafft, die gleichzeitig lebendig, vielschichtig und zugänglich ist.
Sonntag, 1. Juli, 11 Uhr: Die Studierenden der Hochschule für Musik haben für diese Matinée ein Programm mit Werken von Andrew York, Lou Harrison, John Cage, Duke Ellington, Heitor Villa Lobos, Fred Frith, Jorge Morel, Henri Mancini und Steve Reich zusammengestellt. Eintritt frei.
Kartenvorverkauf: Tourist Information Ochsenfurt, Hauptstraße 39, 97199 Ochsenfurt, Tel. (0 93 31) 58 55.