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Gerlachshausen
Geplatzte Schleusenrevision: Nichts geht mehr auf dem Main
Alles war bereitet, um die Schleuse Gerlachshausen auszubessern. Doch die Corona-Pandemie warf die Pläne übereinander. Ein Bericht von einer spannenden Baustelle im Wasser.
Am Untertor der Schleuse Gerlachshausen ist ein Schwimmkran im Einsatz, der ebenfalls Verschlussplatten einsetzt. Knapp darüber verläuft die Straße nach Sommerach.
Foto: Hanns Strecker | Am Untertor der Schleuse Gerlachshausen ist ein Schwimmkran im Einsatz, der ebenfalls Verschlussplatten einsetzt. Knapp darüber verläuft die Straße nach Sommerach.
Hanns Strecker
 |  aktualisiert: 01.04.2020 02:10 Uhr

Nicht der Coronavirus hat zu der weitreichenden Schifffahrtssperre auf dem Main geführt, die seit gut einer Woche gilt. Tatsächlich stecken dahinter umfangreiche und schwierige Instandhaltungsmaßnahmen, die das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Schweinfurt in seinem Zuständigkeitsbereich von Rothenfels (Lkr. Main-Spessart) bis Viereth (Lkr. Bamberg) derzeit durchführt. "Alle Maßnahmen unterliegen einem strengen Terminplan und werden vom WSA sowie Spezialfirmen durchgeführt. Der Termin wurde mit dem Binnenschifffahrtsgewerbe langfristig vorher abgestimmt, damit sich die Beteiligten rechtzeitig auf die Sperre einstellen können", berichtete Baudirektor Heinrich Schoppmann, Leiter des WSA in einer Presseerklärung Mitte März. Vor knapp zwei Wochen war er da noch ziemlich optimistisch, dass alles klappt.

Fingerspitzengefühl ist angesagt beim Befestigen der Verschlüsse im Wasser
Foto: Hanns Strecker | Fingerspitzengefühl ist angesagt beim Befestigen der Verschlüsse im Wasser

Für die Schleuse Gerlachshausen bei Schwarzach waren besonders aufwendige Arbeiten vorgesehen, die die Außenbezirksstelle Volkach leitet. "Trockenlegung der gesamten Schleusenkammer und Aushebung der gut 40 Tonnen schweren Tore für Revisionsarbeiten", beschreibt Arnold Bitterlich, Leiter des Außenbezirkes, das, was an Arbeiten ansteht. "Dazu müssen im Ober- und Unterwasser sogenannte Notverschlussplatten im Flussboden verankert werden. Anschließend wird die Schleusenkammer mit riesigen Pumpen leergepumpt und dann kommt die Herausforderung: Das Ausheben der Schleusentore mit Spezialautokränen von Land und einem Schiffskran vom Wasser her."

"Dadurch erkenne ich sofort, wenn etwas bei ihm nicht stimmt."
Gerhard Schmitt, Leiter der Tauchgruppe, beschreibt die Sprechverbindung zum Taucher

Der Bauingenieur ist schon zu Beginn der Arbeiten nachdenklich: "Hoffentlich klappt alles, nicht, dass uns da ein Ereignis dazwischenfunkt!", meint er vielsagend. Die Arbeiten verlaufen ohne Zwischenfälle. Die Tauchergruppe des WSA ist vor Ort und hilft einem Taucher, der mit schwerer Ausrüstung behangen ist, ins Wasser. Er hat den Auftrag, die Notverschlussplatten, die ein Autokran ins Wasser hievt, am Flussgrund in eine Führungsschiene zu bringen. Er versinkt im braunen, undurchsichtigen Mainwasser. Nur hochsprudelnde Lufblasen lassen seinen Standort erahnen.

'Taucher kommt!' Die Arbeiten unter Wasser sind fertig.
Foto: Hanns Strecker | "Taucher kommt!" Die Arbeiten unter Wasser sind fertig.

Seine anderen drei Kollegen sind jetzt hochkonzentriert. Der sogenannte Signalmann der Gruppe hat ein Zugseil in der Hand, das mit dem Taucher verbunden ist. Käme der Taucher in eine Notlage, könnte er durch zweimaliges Ziehen am Seil dies seinem Kollegen mitteilen, der ihn sofort herausziehen würde. Zudem besteht zum Taucher eine Sprechfunkverbindung über Draht, der gleichfalls am Zugseil angebracht ist. Gerhard Schmitt, Leiter der Tauchgruppe, spricht alle paar Minuten den Taucher an. "Dadurch erkenne ich sofort, wenn etwas bei ihm nicht stimmt", meint er.

Fotoserie

"Taucher kommt!", ertönt plötzlich der Ruf vom Signalmann. Die Arbeiten sind beendet und der Taucher teilt sein Auftauchen mit. Im Lautsprecher der Sprechverbindung ist sein schweres Atmen zu vernehmen. In dieser Phase muss überall die Arbeit ruhen. Sicherheit ist das oberste Prinzip.

"Dies geschieht zum Schutz unserer Angestellten."
Ingenieur Arnold Bitterlich über die Verschiebung der Maßnahmen

"G'scheit kalt", schildert Taucher Michael Franz seine Eindrücke. Knapp zwei Stunden war er jetzt da unten – "bei Null Sicht!".  Ende vergangener Woche war die Schleuse vollständig leergepumpt. Dem Hauptakt, dem Ausheben der Tore, stand nichts mehr im Wege. Für vergangenen Montag war dann der Großkampftag angesagt. WSA-Mitarbeiter Alexander Baumgartl hatte bereits umfangreiches technisches Gerät, zum Beispiel drei Hebebühnen, geordert, um die Kammern zu säubern. Für das Personal galt Urlaubssperre. Jeder weiß: Dann muss es schnell gehen.

Die Schleusenkammer ist fast leergepumpt. Dreck von über zwei Jahren klebt an dem Innentor.
Foto: Hanns Strecker | Die Schleusenkammer ist fast leergepumpt. Dreck von über zwei Jahren klebt an dem Innentor.

Und dann kam der Freitag, 20. März, mittags. Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder zog mit besonderen Maßnahmen zum Schutz vor einer weiteren Corona-Ausbreitung die Notbremse. Und auch das WSA reagierte: sofortiger Stopp an der Baustelle! Ab Montag dieser Woche begannen dann die Rückbaumaßnahmen in kleinen Trupps, ohne die Inspektionsmaßnahmen. "Dies geschieht zum Schutz unserer Angestellten", sagt Ingenieur Bitterlich.

Am 2. April muss alles fertig sein. Denn dann heißt es wieder "Freie Fahrt" für die Schifffahrt auf dem gesamten Main. Wann die Revision nachgeholt wird, steht noch in den Sternen, vielleicht im Herbst, ehißt es vom WSA.

Ein Autokran hievt ein Element des Notverschluß in das Wasser
Foto: Hanns Strecker | Ein Autokran hievt ein Element des Notverschluß in das Wasser
 
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  • R. A.
    Ein klassischer Fall von fehlgeleitetem Aktionismus. Wie der Vorredner schrieb, alles war schon sehr gut vorbereitet. Es kostet ja nur das Geld der Steuerzahler und die Nerven derer, die an diesen Sperrungen zu leiden haben. Man kanns auch übertreiben.
    Die Welt dreht sich weiter und es muss weitergehen. Mit Verstand und Respekt, hier nur mit blindem Obrigkeitsverhalten.
    Wir müssen auch täglich raus, wenn wir gerufen werden.
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  • K. K.
    nicht ganz "nachvollziehbar..... ist es

    wenn man bedenkt, wie weit fortgeschritten der geplante Reparaturverlauf war, UND wie wichtig der Grund, sowie die Wasserstrasse als solche ist.
    Da hätte man durchaus auch eine bürokratische Ausnahme machen können, wenn von allen Beteiligten "Keiner vorher beim Skifahren war. Es sei denn, der Taucher war in der Brühe gefährdet.
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