Es kommt immer wieder. Oft um den Jahreswechsel herum. So wie am 10. und 11. Januar 2011: Genau vor vier Jahren mussten in Volkach Menschen mit dem Boot fahren, wenn sie zum Arzt wollten. Der Landkreis Kitzingen und das Hochwasser, sie sind scheinbar untrennbar miteinander verbunden – und das betrifft längst nicht mehr nur die am Main liegenden Orte. Der Hochwasserschutz hat inzwischen in vielen Gemeinden oberste Priorität. Zum Beispiel bei den Dorfschätzen.
Nicht im Winter, sondern mitten in der warmen Jahreszeit ist es in Schwarzach passiert: Der 31. Mai 2013 war der Tag, an dem das Wasser kam. Völlig überraschend hatte die Schwarzach mit ihren Zuläufen Straßen und Keller überflutet. 39 Einsätze zählte die Feuerwehr Stadtschwarzach alleine an diesem einen Tag – das waren mehr als im gesamten Jahr 2012. Der Schaden ging in die Millionen.
Das Wasser von damals war nach wenigen Tagen wieder abgeflossen. Doch die Fluten auf Dauer einzudämmen, das braucht Zeit. Und so hat auch heute, eineinhalb Jahre später, der Hochwasserschutz „Priorität 1a“, wie Bürgermeister Volker Schmitt sagt. Schwarzach geht dabei nicht alleine vor, sondern setzt auf die Zusammenarbeit der Anlieger aller Bäche, die in die Schwarzach fließen. Denn nicht nur in Schwarzach wurden an diesem Tag Straßen und Höfe überflutet, drang das Wasser in Häuser und Gewerbebetriebe ein. Auch in Wiesentheid, Prichsenstadt und deren Ortsteilen war die Feuerwehr im Dauereinsatz. Mit einem integralen Hochwasserschutz- und Rückhaltekonzept versuchen acht der neun Dorfschätze-Gemeinden, das Wasser in die richtigen Bahnen zu leiten. Beteiligt sind Abtswind, Castell, Kleinlangheim, Prichsenstadt, Rüdenhausen, Schwarzach, Wiesenbronn und Wiesentheid. Einzig Großlangheim verfolgt eine eigene Lösung, aber dessen Bäche fließen auch nicht in die Schwarzach.
„Das integrale Konzept ist das Sinnvollste, was man machen kann“, sagt Martin Rätz, der für den Landkreis Kitzingen zuständige Abteilungsleiter beim Wasserwirtschaftsamt. Bei einem solchen Konzept geht es nicht in erster Linie um punktuelle Maßnahmen einer einzelnen Gemeinde, sondern das ganze Gebiet wird in die Planung mit einbezogen. Bei den Dorfschätzen ist das Einzugsgebiet laut Konzept-Ausschreibung 150 Quadratkilometer groß. Ober- und Unterlieger der Gewässer arbeiten gemeinsam daran, das Problem in den Griff zu bekommen.
Im Fall des Falles, wenn die Bäche über die Ufer treten oder Starkregen nicht mehr versickert, dann springen einen die Fragen förmlich an: Wo kann man eine Mauer bauen? Was lässt sich am Bach verändern? Doch so einfach und schnell lassen sich die Fragen nicht beantworten. Ziel müsse es sein, so viel Wasser zurückzuhalten wie möglich und an den Gewässern nur auszubauen, was wirklich nötig ist, so Martin Rätz. Welche Maßnahmen möglich, sinnvoll und nötig sind, um dieses Ziel zu erreichen, das soll das gemeinsame Konzept herausarbeiten. Liegen die Informationen vor, wissen die Gemeinden, was sich gegen das Hochwasser tun lässt.
102 Kilometer Bäche
Schaut man sich das Dorfschätze-Gebiet auf der Karte an, ist es von vielen kleinen blauen Adern durchzogen. Die Bäche im Einzugsgebiet der Schwarzach summieren sich auf eine Länge von 102 Kilometer. Bei Starkregen wie im Sommer 2013 kommt da eine Menge Wasser zusammen. „Alle acht Gemeinden, die sich an der Erstellung des Rückhaltekonzepts beteiligen, haben Probleme“, sagt Stefanie Dümig von der Arbeitsgemeinschaft Dorfschätze. „Je weiter Richtung Main, desto schlimmer.“
Für die Gemeinden ist der Hochwasserschutz natürlich mit Ausgaben verbunden. Alleine die Kosten für das Hochwasserschutz-Konzept wurden auf etwa 200 000 Euro geschätzt, informiert Martin Rätz – und dabei geht es erst einmal nur um die Planung. Der Zuschuss dafür liegt bei 75 Prozent. Auch für die Maßnahmen selbst gibt es eine Förderung, und die ist unterschiedlich hoch. Für die reine Betonmauer gibt es weniger Unterstützung als für eine ökologisch wertvollere Maßnahme. „Das wird im Einzelfall geprüft“, so Martin Rätz. Eine solche Maßnahme kann beispielsweise auch ein Grundstückskauf oder -tausch sein, um Rückzugsflächen für das Hochwasser zu schaffen. Bei dieser so genannten Bodenordnung hat das Amt für Ländliche Entwicklung den Dorfschätzen seine Unterstützung in Aussicht gestellt.
In einigen Gemeinden gibt es schon jetzt Überlegungen bezüglich baulicher Maßnahmen. In Rüdenhausen zum Beispiel sind im Bereich des Maulensees im Zuge der Flurbereinigung Rückhaltebecken geplant.
Gebaut oder getauscht wurde in Schwarzach noch nicht, aktiv war die Gemeinde aber in anderen Bereichen: Es wurden zusätzliche Pumpen gekauft, zudem ein Notfallplan für die Feuerwehren aufgestellt. Er informiert auf einen Blick darüber, wer alarmiert werden muss, wo es innerhalb und außerhalb der Gemeinde Hilfen gibt, wo Sandsäcke lagern, wo die Füllplätze sind, welche Firmen beispielsweise Gabelstapler haben. Zudem wurden Gräben geputzt, damit sie mehr Wasser aufnehmen können. Grundlage für das weitere Vorgehen ist nun das Konzept, das Mitte des Jahres fertig sein wird. „Wir stehen Gewehr bei Fuß“, so Schmitt. Sobald die Informationen vorliegen, werden sie den Bürgern im Dorfschätzegebiet vorgestellt und es wird über die Umsetzung der Vorschläge beraten. Auch da wird es nicht nur um Schwarzach alleine gehen, sondern um das gesamte Gebiet. Denn im Kampf gegen das Hochwasser gilt für Bürgermeister Volker Schmitt auch künftig der Satz: „Alle ziehen an einem Strang.“
Hochwasserschutz- und Rückhaltekonzept der Dorfschätze
Die Gemeinden: Am Projekt beteiligen sich die Gemeinden Abtswind, Castell, Kleinlangheim, Prichsenstadt, Rüdenhausen, Schwarzach, Wiesenbronn und Wiesentheid. Das Konzept bezieht sich auf ein zirka 150 Quadratkilometer großes Einzugsgebiet.
Die Bäche: Der Bereich der acht Dorfschätze-Gemeinden, die sich an dem Hochwasserschutz- und Rückhaltekonzept beteiligen, wird von zahlreichen Bächen durchzogen: Schwarzach, Brünnauer Graben, Neudorfer Graben, Schönbach, linker Zufluss zum Schönbach in Altenschönbach, Gänsgraben, Marbach, Solbach, Zufluss zum Altbach bei Kirchschönbach, Beibach, Altbach, Sadelsbach, Seeflussgraben/Güssgraben, Castellbach, Sambach, Fasanenbach, Schirnbach, Schlossbach/Kantersbach, Heimbach, Gründleinsbach, Wiesbach, Dürrbach, Gottesgraben, Silberbach/Güssgraben. Die Länge der Bäche summiert sich auf über 102 Kilometer.