Als ehemaliger Redakteur kennt sich der Mann auf der Anklagebank mit Sprache natürlich bestens aus. Auch im Vorruhestand schreibt der jetzt 61-Jährige noch immer gerne, vornehmlich in den sozialen Netzwerken. Dabei formuliert er oft hart, geht an Grenzen – und hin und wieder wohl auch mal darüber hinaus.
So wie im Frühjahr 2017, als er sich im Rahmen der in Deutschland tobenden Islam-Diskussion über die Aussage einer Politikerin ärgerte, wonach Scharia und Grundgesetz durchaus miteinander vereinbar seien. Das brachte den streitbaren Geist so sehr in Rage, dass er auf seiner Facebook-Seite eine Art Erwiderung schrieb. „Ein Warnruf“, sei das gewesen, erzählt er dem Kitzinger Strafrichter Peter Weiß.
Kein Blatt vor dem Mund
Der 61-Jährige nahm und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Wobei er keiner dieser typischen Facebook-Nerds ist, die mit ihrem Halbwissen einfach so drauflos rüpeln. Er kennt sich mit dem Thema aus, weiß aus dem Stehgreif, wie viele Tötungsbefehle im Koran stehen. Er hat Bücher zu dem Thema veröffentlicht und ein fundiertes Wissen.
Eines schließt sich für den Angeklagten dabei nicht aus: Dass er einerseits kein gutes Haar am Koran lässt und Mohammed beispielsweise als Kriegsverbrecher bezeichnet. Und dass er andererseits für sich in Anspruch nimmt, ein „toleranter Mensch“ zu sein, dem „nichts ferner liegt, als zum Hass anzustacheln“.
Übers Ziel hinaus
Genau das aber sieht die Staatsanwaltschaft als gegeben an: In seinem Facebook-Post fänden sich Verleumdungen und Volksverhetzungen. Zumindest bei zwei Formulierungen sei der Mann über das Ziel hinausgeschossen. Dabei spiele es auch keine Rolle, dass lediglich 179 „Freunde“ den Eintrag lesen konnten.
Einer von ihnen hatte sich erst kurz zuvor mit dem 61-Jährigen „befreundet“. Zwei Wochen später hatte er genug gelesen, „entfreundete“ sich wieder und ging mit einigen Textpassagen zur Polizei, um Anzeige wegen Volksverhetzung zu erstatten.
Im Erregungszustand
Das führte zu einem Strafbefehl über 8000 Euro (200 Tagessätze zu je 40 Euro), gegen den sich der Mann nun zur Wehr setzte. Und das durchaus mit Erfolg, letztlich standen 3600 Euro (90 Tagessätze zu je 40 Euro) im Urteil.
Das Gericht betonte, dass „eine sachliche Diskussion über den Islam etwas anderes ist“. Der Angeklagte habe im Erregungszustand geschrieben und in zwei Fällen den Rahmen dessen gesprengt, was noch als Kritik durchgehen könne – darunter eine unappetitliche Passage, in der es um das Grab Mohammeds geht.
„Derartige Äußerungen schüren Hass“, machte das Gericht später in seiner Urteilsbegründung deutlich. Da hat der Mann – der davor zunächst auf freie Meinungsäußerung gepocht und keine Fehler bei sich gesehen hatte – bereits akzeptiert, dass auch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit durchaus Grenzen kennt, die eingehalten werden wollen.