
Werte und Demokratie sind für Rektorin Brigitte Ertl ein hohes Gut. Dafür setzt sie sich seit Jahren ein. Jetzt erhält sie dafür den Bayerischen Verfassungsorden.
In den Herbstferien erreichte die Rektorin der Grundschule Maindreieck in Marktbreit ein Brief aus München. Nun, Post aus der Landeshauptstadt ist Brigitte Ertl als Schulleiterin gewohnt. Außerdem ist sie in Pasing geboren. Der Brief enthielt jedoch keine neuen Regularien, sondern die Ankündigung einer hohen Auszeichnung: Ertl, die in Rödelsee wohnt, gehört zu den 51 Persönlichkeiten, die der Bayerische Landtag mit dem Verfassungsorden auszeichnet. Damit ehrt der Landtag Menschen, die sich in besonderer Weise um die Verwirklichung der Grundsätze der Bayerischen Verfassung verdient gemacht haben.
"Mir ist es kalt den Rücken runtergelaufen"
"Mir ist es kalt den Rücken runtergelaufen", erzählt die 58-Jährige, die bei der Verleihung von ihrem Mann und ihrem Sohn begleitet wird. Diese Ehrung habe sie nicht erwartet. "Ich hätte meine Arbeit nicht so hoch gehängt", meint sie bescheiden. Das mit dem Orden sei so eine Geschichte, sagt sie. Doch dahinter stecken Themen, denen sie den Orden widmen will.
Damit meint sie die Wertediskussion und besonders die Stärkung der Demokratie. Letztere werde einem nicht geschenkt. Diese müsse immer erarbeitet werden. Dazu könne jeder seinen Beitrag leisten.
2008 wurde die Initiative "Werte machen stark" ins Leben gerufen, inzwischen heißt es "Werte machen Schule". 120 Lehrkräfte aller Schularten wurden entsprechend ausgebildet. Ertl war da dabei, weswegen man sie als "Urgestein" bezeichnet, erzählt sie. Als sogenannte Multiplikatorin für werteorientierte Erziehung, kurz Werte-Multi, ist sie seitdem unterwegs.
Eine Haltung entwickeln, die auf Werten basiert
Wobei sie eines stets betont: "Werte sind auch Aufgabe von Bildung, nicht nur von Erziehung". Bildung sei umfassender. "Bildung ist mehr als was ich lernen kann." Es gelte, eine Haltung zu entwickeln, die auf Werten basiert. Dies zeige sich im täglichen Handeln und gehe über Erziehung hinaus.
Von Anfang an ist sie auch im Arbeitskreis Werte des Münchner Instituts für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB). Der Arbeitskreis und die Werte-Multis sind ihre Standbeine.
Erste Aufgabe sei es gewesen, einen Internetauftritt zu erstellen und damit Angebote für Lehrkräfte zu schaffen. "Das hat sich ganz gut etabliert", zeigt sie sich zufrieden.
Sie ist überzeugt, dass es keine Schularbeit ohne Werte gibt. Wertebildung an Grundschulen geschehe in verschiedenen Ebenen.
Schülerparlament an der Schule eingeführt
Ihre Schule in Marktbreit, an der sie seit 2017 Rektorin ist, sei stark durch Demokratie geprägt. Aus der Frage "Wie können wir Schüler beteiligen?" habe sich das Schülerparlament entwickelt, das sich aus je zwei Kindern jeder Klasse und einigen Lehrkräften zusammensetzt. Es tagt, wie der Internetseite der Schule zu entnehmen ist, in den beiden Schulhäusern Marktbreit und Marktsteft getrennt.
Es werden aber auch die Schüler und Schülerinnen grundsätzlich stärker mit einbezogen. Sie sollen erleben, dass sie etwas bewirken können. Sie dürfen auch selbst Entscheidungen treffen. Die Entscheidung über die Spielgeräte für den Pausenhof zum Beispiel trafen die Kinder ebenso wie die über die Farbe des Zauns.
Ertl ist sich bewusst, dass diese Einbeziehung mitunter nicht einfach ist in einem Schulsystem, in dem es "von oben nach unten läuft". Es sei eine Herausforderung, von unten nach oben zu arbeiten. Aber manchmal sei die Schulaufsicht offen, meint sie und lächelt.
Was sie sich wünscht? "Dass wir diskussionsfreudiger sind!" Der Blick müsse sich wieder mehr auf das Gemeinwohl richten. Gemeinsam solle man versuchen, mehr Kompromisse auszuhandeln. Es müsse nicht jeder gleich eine eigene Partei gründen.
"Demokratie braucht Zeit", sagt sie und ist überzeugt, dass es sich lohnt. In der Schule will sie ihren Teil dazu beitragen.
