Auf der Baustelle der Wiesentheider Mauritiuskirche herrscht zur Zeit Hochbetrieb. In dem für Besucher seit April 2013 geschlossenen und nach wie vor nicht zugänglichen Gotteshaus sind Handwerker und Künstler an verschiedenen Gewerken beschäftigt.
Bevor das Deckenfresko an die Reihe kommt, werden die Seitenwände ausgebessert. Auch hier steckt viel Kunst im beinahe Verborgenen, wie sich immer wieder zeigt.
Das Ende der einst auf fünf Millionen Euro geschätzten Restaurierung ist immer noch nicht abzusehen. Momentan ist das Kirchenschiff an der Reihe, in dem die kunstvollen Malereien an den Wänden gereinigt, retuschiert oder bei Bedarf rekonstruiert werden. Wie etwa an einem der Tabernakel an der Seite des Hochaltars, wo Kirchenmaler Franz Fersch fertig ist.
Am Hochaltar sind Restauratoren dabei, die Figuren und deren Vergoldungen auszubessern. Ein Stuckateur vervollständigt immer noch den Altar, die Seitenaltäre aus Holz sind zerlegt. An ihnen, wie an den längst abgebauten Grafenstühlen, in denen die Standesherrn des Hauses Schönborn von jeher ihren Platz beim Gottesdienst haben, wird erneuert.
Zusätzliche Stromleitungen und Anschlüsse wurden verlegt, damit noch mehr parallel laufen kann. Dabei ist, wie Pfarrer Peter Göttke und Kirchenpfleger Paul Schug betonen, die Absprache der Handwerker untereinander wichtig. Im Inneren der Mauritiuskirche beeindruckt allein schon das Gerüst aus Stahl, welches momentan das komplette Kirchenschiff vom Boden bis zur Decke ausfüllt. Um nichts zu beschädigen, wurde es so gestellt, dass das Gebilde aus eisernen Rohren und Teilen mit keiner Halterung an den Seitenwänden befestigt ist.
Bevor Kirchenmaler Fersch hier ans Werk kann, müssen seine Kollegen die Vorarbeit leisten. Das Bestehende freilegen, dokumentieren und schließlich reinigen. Schnell geht da gar nichts, auch nicht an den Außenwänden. „Wir brauchen zum Reinigen von einem Quadratmeter Wand fast fünf Stunden. Dann muss der Putz fest gemacht oder bei Bedarf ausgebessert werden“, schildert Restauratorin Heike Pfund.
Die Fachfrau hat mit Kollegen unter anderem bereits an Tempeln in Indien gearbeitet. In Wiesentheid reicht der Grad der Beschädigung von „ziemlich viel“ bis „kaum“. In einer Fensternische sind drei Leute mehr als drei Wochen beschäftigt.
Ganz vorsichtig wird gearbeitet, um möglichst nichts an den bemalten Wänden zu zerstören. Zunächst wird ganz feines Japan-Papier aufgebracht. Restauratorin Pfund nimmt als nächstes eine Kompresse mit einer Ammoniumcarbonat-Lösung, die erst hingeklebt, später wieder abgezogen wird.
Zunächst musste die etwa aus der Zeit um 1895 stammende Übermalung der eigentlichen Wandgemälde beseitigt werden. Damals hatte man längst nicht die technischen Möglichkeiten zu den bereits notwendigen Ausbesserungen. „Da wurde eben auch mal mit der Wurzelbürste gereinigt, worunter das Gemälde natürlich gelitten hat“, sagt Restauratorin Martina Oeter.
Heute reinigt ihr Kollege Phillip Schubert mit einem Spezial-Dampfstrahler, der natürlich nicht aus dem Baumarkt kommt. Es ist ein Mikro-Heißdampfgerät, das aus der Dentaltechnik stammt. Schubert säubert gerade die Wand am Seitenaltar, wo sonst der heilige Antonius steht. Hier stießen die Fachleute kürzlich auf einen Fehler der Kirchenmaler. Der Seitenaltar wurde um das Jahr 1730 größer, als zunächst geplant. Die bereits angebrachte Malerei an der Wand musste übermalt werden und trat nun hinter einigem Staub zum Vorschein.
Ist alles so weit gereinigt, beginnt Kirchenmaler Franz Fersch mit der Retusche und den Ausbesserungen. Allein schon den Punkte-Brokat und die unzähligen kleinen schwarzen Pünktchen mit dem Spezial-Pinsel nachzutupfen, ist eine Heidenarbeit. Fersch mischt alle Farben vor Ort.
„Wir orientieren uns an der Originaltechnik“, sagt er. Die Farben würden wie vor 300 Jahren aus überwiegend natürlichen Stoffen per Hand gemischt. „Wir packen da nicht etwa den Farbkasten aus.“ Zu mischen haben Fersch und seine Kollegen noch einiges, nicht nur an den Seitenwänden. Später ist schließlich das Fresko an der Reihe.