
So etwas kommt beim Landgericht Würzburg selten vor: Zwei Minuten nach der Urteilsverkündung der 6. Strafkammer war die verhängte Strafe von fünf Jahren und zehn Monaten für einen Lieferanten der Kitzinger Drogenszene bereits rechtskräftig.
Der 36-jährige Angeklagte hatte sich den fürsorglichen Rat des Vorsitzenden Richters Thomas Trapp zu Herzen genommen, den unerfreulichen Abschnitt seiner Biografie möglichst schnell abzuhaken und im Strafvollzug, zum Beispiel durch eine Berufsausbildung, sein Leben neu zu formatieren.
Zu früh gefreut hatte man sich im Sommer vergangenen Jahres in der Kitzinger Drogenszene über Kontakte zu dem Lieferanten aus dem hessischen Bad Hersfeld, der quer durchs Sortiment problemlos im Kilo-Bereich liefern konnte. Schwerpunkt: Amphetamin, Marihuana und Haschisch. Geliefert wurde nur per Kurier.
Aus einem einfachen Grund, wie der Angeklagte im Gespräch mit seinen Abnehmern auch begründete: Die Strafen der bayerischen Justiz für Drogenhandel seien ihm zu hoch; da wolle er nichts riskieren. So war es zu sechs Lieferungen gekommen, unter anderem mit zehn Kilogramm Amphetamin.
Polizei schleust verdeckten Ermittler in die Drogenszene ein
Die Hälfte der Drogen geriet allerdings in falsche Hände: Der Polizei war es nach einer anonymen Anzeige aus dem Kitzinger Dealer-Bereich gelungen, "Alex" einzuschleusen – einen verdeckten Ermittler und Dealer auf Zeit. Dadurch liefen drei Geschäfte unter Aufsicht der Polizei; der Stoff kam nicht in den Handel. Sonst wäre, so das Gericht, mit Sicherheit eine noch höhere Strafe fällig gewesen.
Übergabeorte für die Drogen waren eine Wohnung in Kitzingen und der Parkplatz eines Schnellrestaurants im Mainfrankenpark bei Dettelbach. Details der Kitzinger Szene wurden in der Verhandlung nicht angesprochen. Es gab allerdings schon ein weiteres Verfahren: Ein Kurier ist bereits zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und elf Monaten verurteilt worden und hat das ebenfalls sofort angenommen.
Der Angeklagte, ohne Schulabschluss und ohne Berufsausbildung, ist ledig, befindet sich aber in einer festen Beziehung. Der Vater von zwei Kindern bringt es auf 14 Einträgen im Strafregister. Er selbst ist nicht drogenabhängig.
In dieser Verhandlung beschränkte sich der Angeklagte auf die Aussage, dass alles, was in der Anklage stehe, auch so stimme. Die Kontakte nach Kitzingen waren jedoch nicht die einzigen Geschäftsbeziehungen des Dealers: Beim Landgericht in Fulda wird demnächst gegen ihn verhandelt, auch wegen Drogenhandels. Dort geht es, von der Menge her, ebenfalls um dicke Brocken, wie das Gericht informierte.
Vater bedankt sich für das Urteil gegen seinen Sohn
Auf die Familienangehörigen des Angeklagten, die nach wie vor zu ihm halten und bei der Verhandlung anwesend waren, komme nach der Strafverbüßung eine echte Herausforderung zu, sagte der Vorsitzende Richter: Sie müssten auf den Angeklagten aufpassen "wie auf ein kleines Kind".
Das versicherten sie schon vorab, und der Vater des Angeklagten bedankte sich beim Gericht ausdrücklich für das Urteil gegen seinen Sohn. Auch das kommt nicht oft vor. Öfter dagegen, dass sich der Vorsitzende der 6. Großen Strafkammer mit den Worten verabschiedete: "Ich sage tschüss, um auf Wiedersehen zu vermeiden."