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GLOSSE
Frühstück: Ein Moskito wie Cassius Clay
Von Norbert Hohler norbert.hohler@mainpost.de
 |  aktualisiert: 19.12.2017 03:02 Uhr

Kennen Sie das – ein Geräusch, bei dem man sofort fuchsteufelswild wird? Oder leichenblass vor Schreck? Für manchen Zeitgenossen ist das beispielsweise der Bohrer beim Zahnarzt, für andere der Düsenflieger über Haus und Garten, für manche der Gesang von Helene Fischer. Mein absoluter Favorit ist jenes Summen, wenn mich nachts ein Moskito anzapfen will.

Mitten im Advent zehn wunderbar sonnige Tage in Sizilien mit einem Ausflug auf den Ätna, mit den griechischen Theatern in Taormina und Syrakus, dem genialen Fischmarkt in Catania – all das wäre noch weit genussvoller gewesen, hätte ich nicht jede Nacht auf Moskito-Jagd gehen müssen. Müssen! Denn würden einen diese Blutsauger einfach geräuschlos pieken, wäre es ja akzeptabel. Morgens notfalls eine kühlende Salbe, und man könnte ausgeruht das nächste Abenteuer angehen.

Stattdessen dieses Summen – und weil ich einen äußerst leichten Schlaf habe, folgte immer das gleiche Spiel: Hastig zum Lichtschalter robben, Licht an, und mit dem „Killer-Handtuch“ ans Werk. Wand absuchen, zuschlagen: Zum Glück sind die Biester träge, der Spuk war meistens rasch vorbei – bis zum nächsten Gegner.

In der letzten Nacht allerdings, da habe ich meinen Meister gefunden: Einen Moskito, der nicht träge an der Wand wartete, bis ihn das Handtuch trifft oder das Licht wieder ausgeht, sondern der surrend und putzmunter durch die Luft schwirrte. Das ging dreimal, sechsmal, zehnmal so, bis ich ermattet einschlief, um am Morgen zerstochen wieder aufzuwachen.

Beim Frühstück musste ich lachen über das nächtliche Drama, zollte dem Moskito meinen Respekt, gab ihm dem Namen Cassius. Sie wissen schon: Box-Legende Muhammad Ali hieß in den 1960er Jahren noch Cassius Clay, und mit seinem revolutionären Boxstil verblüffte er Gegner und Zuschauer: Der Amerikaner tänzelte unentwegt durch den Ring, seine „Ali Shuffle“ war berühmt-berüchtigt.

Moskito Cassius hat mich somit ungewollt an Nächte erinnert, an denen ich ebenfalls hellwach war: Als kleiner Bub vor dem Fernseher, als gebannter Zuschauer bei den „Jahrhundert-Boxkämpfen“ von Muhammad Ali gegen Joe Frazier und George Forman: Danke Cassius!

 
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