Hinter dem Damm staut sich das Wasser. Ein imposanter Haufen von Ästen hindert es daran, den Kitzinger Bimbach weiter herunter zu fließen. Stattdessen hat sich das Wasser einen Weg am Damm vorbeigesucht und überschwemmt nun den angrenzenden Radweg.
Der Übeltäter, der für die Überschwemmung verantwortlich ist, lässt sich nirgends blicken. Denn Biber werden erst in der Dämmerung aktiv. Vorher ruhen sie in ihren Biberburgen. Der Eingang zu den Burgen liegt immer unter Wasser. Um den dafür nötigen Wasserstand sicherzustellen, bauen die Nagetiere in ihren Revieren Dämme aus Holz, Pflanzen und Schlamm, mit denen sie das Wasser aufstauen. Für so einen Damm, der etwa einen Meter hoch und ein bis zwei Meter breit ist, braucht der Nager nur wenige Nächte.
„Vor allem in Kulturlandschaften kommt es häufig zu Konflikten zwischen Menschen und Bibern“, sagt Dieter Lang, der als Fachkraft für Naturschutz für die Stadt Kitzingen arbeitet. Denn die Wildtiere überschwemmen mit ihren Dämmen nicht nur Wege und Äcker, sie fressen auch gerne Feldfrüchte wie Getreide und Mais. Sogar vor ganzen Bäumen machen die vielseitigen Vegetarier, die in Europa um die 20 Kilo schwer werden, keinen Halt. Mit ihren kräftigen Zähnen fällen sie die Bäume. Die Tiere nutzen sie sowohl als Nahrung als auch als Baumaterial. Handelt es sich bei den Bäumen um wertvolles Nutz- oder Ziergehölz, kann so schnell ein hoher Schaden entstehen.
Wenn es in der Region zu solchen Zwischenfällen kommt, greift das sogenannte Bibermanagement ein. Dieter Lang verwendet etwa einen halben Arbeitstag pro Woche darauf, den Biber im Landkreis Kitzingen von Nutzflächen fernzuhalten. Gemeinsam mit einigen Helfern trägt er Dämme ab, baut mithilfe von Rohren Drainagen, damit das Wasser abfließen kann und errichtet Elektrozäune, um Äcker zu schützen. Lang ist dabei auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. „Anwohner sollten so früh wie möglich Bescheid sagen, wenn sie einen Biber entdecken. Nur dann können wir rechtzeitig Schäden vermeiden“, sagt er.
Das Gebiet am Bimbach wurde vor etwa fünf Jahren als Ausgleichsfläche für die Nordtangente geschaffen. „Es war eigentlich nicht speziell für den Biber gedacht, die Tiere haben den Bereich eher zufällig entdeckt“, so Lang. Inzwischen gibt es dort zwei Biberreviere und es ist sogar noch Platz für mehr. Ein Revier wird immer von einer Familie bewohnt. Sind die Jungen ausgewachsen, verlassen sie das Elternhaus und suchen sich eine geeignete Stelle für ein neues Revier.
Im ganzen Landkreis wohnen mittlerweile 70 bis 80 Biber in 20 Revieren. „Wo Biber leben, steigt nachweislich die Artenvielfalt“, sagt Lang. Wasserverbundene Tiere wie Libellen oder Wasservögel profitieren von dem aufgestauten Wasser und vermehren sich eher. Biberteiche bauen außerdem Nährstoffe ab, halten Ablagerungen zurück und reinigen so die Gewässer. Entgegen der verbreiteten Auffassung, dass Biber die Hochwassergefahr verschärfen, verringern sie sogar eher das Risiko. „In Kanada hat man herausgefunden, dass Wasser in Flüssen mit Biberdämmen langsamer abfließt. Hochwasserspitzen lassen sich so brechen“, sagt Lang. Dieser Effekt sei aber erst bei einer größeren Anzahl von Biberrevieren messbar.
Der Biber steht unter Artenschutz. Nur in Ausnahmefällen, wenn er mit seinen Bauten die öffentliche Sicherheit gefährdet, darf er gefangen werden. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn er Deiche untergräbt oder sich in Kläranlagen einnistet. Im Landkreis ist das zum Glück noch nicht passiert. „Am Bimbach kann sich der Biber relativ ungestört ausleben“, sagt Lang. Nur manchmal müsse er mit einem Bagger einen halben Meter von dem Damm abtragen, damit es nicht zu solchen Überschwemmungen des Radweges komme.
Die Rückkehr der Biber
Fast ausgerottet: Ursprünglich kamen Biber in Europa flächendeckend vor. Doch der Biber war ein beliebtes Beutetier. Die Kirche hatte den im Wasser lebenden Nager zum Fisch erklärt, sodass sein Fleisch auch in der Fastenzeit gegessen werden durfte. Sein dichtes Fell eignet sich hervorragend für Pelzmäntel. Und im Bibergeil, dem Duftstoff der Tiere, ist in geringen Mengen der Schmerzwirkstoff Salicylsäure enthalten. All das führte zur exzessiven Jagd auf den Biber, sodass er 1867 in Bayern vollständig ausgerottet war. Ab 1966, knapp hundert Jahre später, wurde die Art nach Bayern zurückgebracht. Die Tiere wurden aus Russland, Polen, Frankreich und Skandinavien umgesiedelt. Sie vermehrten sich und kamen mit den Jahren auch zurück nach Franken. Vor zehn Jahren tauchte der erste Biber im Landkreis Kitzingen auf. Inzwischen leben hier etwa 70 bis 80 Biber in 20 Revieren, Tendenz steigend.
Ralf Thees, Redaktion Digitale Medien