Barbara Jungfleisch geht in den Ruhestand. Das wäre die Nachricht. Doch dahinter verbirgt sich viel mehr. Leidenschaft für den Rödelseer Dorfladen nämlich. Dort war die 65-Jährige nämlich von Anfang an dabei. Altbürgermeister Friedrich Amberger, der bei der kleinen Feierstunde in der neuen Vinfothek ebenfalls dabei war, und Marianne Erletz waren die Verantwortlichen, die den Dorfladen aus der Taufe hoben. Das Beschäftigtenverhältnis von Barbara Jungfleisch begann am 1. Oktober 1995 – für elf Mark die Stunde. Am 9. November fand die feierliche Eröffnung statt. Mit dabei der damalige Postminister Wolfgang Bötsch, weil eine Poststelle dabei war.
Dass der Betrieb des Dorfladens so einfach nicht war, schilderte Friedrich Amberger. Denn das Innenministerium hatte das Projekt schwer gerügt. Eine Gemeinde dürfe nicht der Wirtschaft Konkurrenz machen. "Wir haben aber keine Wirtschaft gesehen, der wir hätten Konkurrenz machen können", beteuerte Amberger. "Der Begeisterung des Anfangs folgte die Ernüchterung des Alltags", stellte Bürgermeister Burkhard Klein fest. Weil es etwa 1900 Geschäftsführer gebe, die alles besser können.
Höhen und Tiefen: Jungfleisch war immer dabei
Viele Versuche seien nötig gewesen, bis man feststellen musste, dass die Gemeinde einen Dorfladen nicht wirtschaftlich betreiben könne. Doch man sei überzeugt gewesen, dass "unser Dorf ohne Dorfladen stirbt". 2,1 Millionen habe die Gemeinde in den Dorfladen gesteckt, dann habe man sich für eine Verpachtung entschieden.
Höhen und Tiefen habe es gegeben, Barbara Jungfleisch sei immer dabei gewesen. "Selten fordernd, immer engagiert" habe sie viel ausgehalten, sagte Klein. Sie sei immer da gewesen, habe Verantwortung übernommen und sich immer in den Dienst des Dorfladens gestellt.
Mittlerweile gebe es seit 25. Juni 2019 mit Wolfgang Reuchlein den dritten Pächter, der Dorfladen selbst hatte schon 25 Mitarbeiterinnen über die Jahre. Barbara Jungfleisch sei die "Frau Dorfladen". Sie kannte wohl jeden Artikel samt Preis und vermutlich auch die Scannerkennung, vermutet Bürgermeister Klein.
Offiziell schon seit Ende Mai im Ruhestand
Während des Lockdowns und des damit verbundenen Fahrverbots seien viele in den Dorfladen gekommen. Leider habe dies wieder nachgelassen, bedauerte Klein. Denn mit den schon immer prognostizierten 50 Euro pro Person des wöchentlichen Einkaufs würde sich der Dorfladen auch wirtschaftlich betreiben lassen. Nichtsdestotrotz: Bürgermeister Klein und der Gemeinderat wissen, was sie am Dorfladen haben. Deshalb bekommen die Mitarbeiterinnen auch heuer einen Corona-Bonus.
Klein überreichte Barbara Jungfleisch zwei Präsentkörbe, in denen auch Gutscheine für den Dorfladen enthalten waren. Wolfgang Reuchlein schenkte eine Orchidee. Friedrich Amberger würdigte "die Bärbel" als "eine treue Seele". Ihn freut, dass auch der jetzige Gemeinderat eingesehen hat, dass ein Dorfladen etwas kostet. "Wir brauchen diese Einrichtung, es ist eine Daseinsvorsorge für die Einwohner."
Barbara Jungfleisch sagte einfach und schlicht "Danke". Offiziell ist sie schon seit 31. Mai im Ruhestand, Corona hatte aber erst jetzt eine offizielle Verabschiedung möglich gemacht. Ganz verabschiedet hat sie sich noch nicht. Sei es zum Plausch mit den früheren Kolleginnen oder zur Aushilfe.