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Dettelbach
Franzsikaner: Als Klosterbier die Wirte ärgerte
Kloster und Wallfahrtskirche auf einem Luftbild von 1938. Am Sonntag verabschieden sich die letzten sechs Franziskaner aus Dettelbach.
Foto: Stadtarchiv Dettelbach | Kloster und Wallfahrtskirche auf einem Luftbild von 1938. Am Sonntag verabschieden sich die letzten sechs Franziskaner aus Dettelbach.
Von unserem Gastautor Hans Bauer
 |  aktualisiert: 16.12.2021 11:23 Uhr

Kreuzberg und Klosterbier – das ist für viele Besucher aus nah und fern untrennbar miteinander verbunden – gleich ob sie Wallfahrer, Wanderer oder Skifahrer sind. Was heute kaum noch bekannt ist: Das berühmte Kloster auf dem „Heiligen Berg der Franken“ in der Rhön verdankt seine Existenz den Dettelbacher Franziskanern: Diese wurden 1644 nach Bischofsheim entsandt und gründeten dort eine Niederlassung. Im Sommer betreuten die Mönche vom Tal aus die Wallfahrer auf dem Berg. Und sie bereiteten den Bau des Klosters vor, das 1692 eingeweiht wurde.

Die Fässchen vom Kreuzberg

Zwischen den beiden Klöstern besteht auch eine andere Verbindung: Von 1850 an besaßen auch die Dettelbacher Mönche ihre eigene Brauerei. Sehr zum Ärger der einheimischen Wirte, deren Ausschank eigener Biere und selbst ausgebauter Weine zurückging. Die Klosterbrauerei machte einen beträchtlichen Umsatz, bis die Proteste aus der Stadt dazu führten, dass die Mönche 1875 das Bierbrauen wieder aufgaben. Am Gerstensaft hat es im Kloster Dettelbach dennoch nie gemangelt: Immer wieder ließ man sich ein Fässchen vom Kreuzberg hierher bringen, vor allem in der Fasten- und Starkbierzeit.

Der Kreuzberg ist ein gefragtes Pilgerziel – und Wallfahrt war auch entscheidend für die Gründung des Klosters Dettelbach. Dort begann der Zustrom der Pilger 1505 nach der wundersamen Heilung eines Schwerverletzten. 1506 entstand eine erste Kirche, schon 1511 ist von 63 geschehenen Wundern die Rede. Im Zuge der Reformation drohte die junge Wallfahrt zu versiegen; als Julius Echter 1573 auf den Bischofsthron gelangte, erkannte er Dettelbach als Instrument seiner Gegenreformation. Zwischen 1608 und 1613 ließ er die vorhandene kleine Kirche zum einem eindrucksvollen Gotteshaus vergrößern. Für die sprunghaft wachsende Wallfahrt war seelsorgerische Betreuung nötig. Deshalb plante und finanzierte Echter den Bau eines Klosters.

Bischof hält den Daumen drauf

Vor gut 400 Jahren, im März 1616, kamen die ersten Franziskaner nach Dettelbach, um den Bau zu begleiten und die Wallfahrer zu betreuen. Ende 1617 war die Vierflügelanlage mit Kreuzgang und großem Innenhof fertig. Das Kloster war zunächst für 24 Patres und Brüder gedacht, doch schon nach wenigen Jahrzehnten wuchs ihre Zahl auf 36 an. Julius Echter starb im September 1617 und erlebte die Fertigstellung nicht mehr.

Sein Nachfolger Johann Gottfried von Aschhausen vollendete das Kloster und den von Echter entworfenen Stiftungsbrief. Darin wurde festgelegt, dass der Bischof allezeit über das Kloster weisungsberechtigt sei, aber alle anderen inneren und äußeren Angelegenheiten vom Orden zu regeln seien.

Gedruckte Traktate

Das Kloster erwarb sich sehr rasch einen bedeutsamen Ruf. Dennoch wird oft vergessen, dass es dort von 1622 an eine theologische Akademie gab, in der junge Männer zu Priestern ausgebildet wurden: Wenn man so will eine Art Universität, an der Moraltheologie, Scholastik und Kirchengeschichte gelehrt wurden – in lateinischer Sprache.

Häufig weilten auch Studierende aus anderen Klöstern in Dettelbach und wurden dort ausgebildet. Einmal im Monat traf sich der gesamte Konvent des Klosters, um „Disputationen“ abzuhalten, bei denen theologische Thesen erörtert wurden. In der Klosterbibliothek sind einige gedruckte Traktate erhalten geblieben, in denen die Argumente und Ergebnisse solcher Diskussionsrunden niedergelegt sind. Darüber hinaus verfassten gelehrte Dettelbacher Franziskaner theologische Schriften und Dissertationen; Nachforschungen haben mehr als 100 Autoren solcher Publikationen festgestellt.

Diese Akademie wurde 1803 im Zuge der Säkularisation aufgelöst.

1925 – auch das ist in Vergessenheit geraten – wurde im Kloster eine Grundstufe des Gymnasiums eingerichtet, das „Franciscaneum“. Hier konnten begabte Jungen in einem Jahr den Lehrstoff der beiden ersten Jahrgänge des Gymnasiums erlernen, und dann, nach erfolgreicher Aufnahmeprüfung, in die dritte Klasse eines Gymnasiums in Bamberg oder Landshut eintreten, um nach dem Abitur Theologie zu studieren und Priester zu werden. Dieses Seminar wurde 1937 von den Nationalsozialisten geschlossen.

Überleben in Notzeiten

Das Kloster überstand einige Notzeiten: Im Dreißigjährigen Krieg fielen 1631 schwedische Truppen in Dettelbach ein. Die Stadt, aber auch das Kloster und die Wallfahrtskirche wurden geplündert, die Klosterleute misshandelt und vertrieben. Sobald sich die Lage stabilisierte, kehrten die Franziskaner zurück. Auch das Eindringen französischer Soldaten in den Jahren 1762 und 1796 überstand das Kloster. Als von 1803 an viele Klöster aufgelöst wurden, geriet auch das Dettelbacher Kloster in Gefahr. Es wurde ein Aufnahmeverbot für neue Novizen erlassen, um den Personalbestand auszutrocknen. Aber auch diese Jahre der Restriktionen überstand das Kloster.

„Sandalenbekleidete Lieblinge Gottes“

1820, in der Zeit der Romantik, beschrieb ein Journalist das Kloster in blumigen Worten. Die Auswirkungen der Säkularisation hatten gegriffen, namhafte Klöster waren geschlossen worden, zum Beispiel das benachbarte Münsterschwarzach. Dettelbach aber durfte nach einer kurzen Übergangszeit fortbestehen. Er schreibt: „Dettelbach ist bedeutend bescheidener als Schwarzach, Eberbach oder Banz, aber es hat einen wesentlichen Vorzug vor diesen drei stolzen ehemaligen Abteien voraus, nämlich seine Existenz: Jene waren, Dettelbach ist!“

Es ist noch heute Kloster; in seinen gemütlichen Kreuzgängen und Galerien, welche mit Heiligenbildern, Gemälden und Stationen angefüllt sind, wandeln sie noch, die trauten mittelalterlichen poetischen Gestalten, die braunbekutteten, sandalenbekleideten Lieblinge Gottes – die Mönche! Sie gehören dem Orden des Heiligen Franziskus an, einem Bettelorden, und vermutlich ist dies die Ursache, warum der Staat, als er die reichen Abteien verschluckte, die Klöster der Franziskaner und Kapuziner bestehen ließ.“

Wenn man den historischen Entstehungsgrund des Klosters bedenkt, dann wäre ein Verkauf der Klostergebäude und eine private Nutzung nicht gewollt gewesen. Julius Echter und Johann Gottfried von Aschhausen haben im Stiftungsbrief im vorletzten Absatz unmissverständlich festgelegt: „Sollte es jedoch irgendwie in der Zukunft vorkommen, dass die Patres und Brüder dieses Ordens das in frommer Absicht gegründete Kloster verlassen, dann behalten wir uns und unseren Nachfolgern die Freiheit vor, dasselbe nach unserem und unserer Nachfolger Gutdünken und Belieben den Brüdern eines anderen Ordens wirksam zu übergeben.“

Mit Leben erfüllen

Die Übergabe an einen anderen Orden ist in unserer religionsfernen Zeit, in der immer mehr Klöster geschlossen werden, nicht mehr möglich. Allerdings hat die Diözese ihre Verpflichtung angenommen, das Kloster wieder mit Leben zu füllen und die pastoralen Aufgaben fortzuführen: die Betreuung der Pfarreiengemeinschaft und die Begleitung der ankommenden Wallfahrer.

Nach der Abschiedsfeier am Sonntag wechseln zwei der sechs in Dettelbach verbliebenen Franziskaner an den „Heiligen Berg der Franken“: Bruder Martin Domogalla geht als Guardian zurück ins Kloster auf dem Kreuzberg, Pater Berthold Türffs folgt ihm. Fürs Klosterbier braucht es künftig also keine Fässchen-Lieferung mehr.

Das Programm am Sonntag

Die Franziskaner werden ab 11 Uhr im Historischen Rathaus von der Stadt Dettelbach verabschiedet. Bei dem Empfang tragen sich Guardian Richard Heßdörfer und seine Mitbrüder ins Goldene Buch der Stadt ein. Die Abschiedsrede hält Bürgermeisterin Christine Konrad; es gibt zwei Weine und Canapés.

In der Klosterkirche zelebriert ab 15.30 Uhr der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann den Abschiedsgottesdienst. Sein Kommen zugesagt hat Provinzial Pater Cornelius Bohl aus München. Anschließend ist Begegnung im Kloster.

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Die Wallfahrt von Gochsheim nach Dettelbach entstand erst 1989.
Foto: Verlag H.J. Röll | Die Wallfahrt von Gochsheim nach Dettelbach entstand erst 1989.
 
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