
Vor einem gesundheitlichen Schaden haben sie keine Angst mehr. Wohl aber vor einem finanziellen. Thomas Sauerbrey und Chris Hemmert, die Wirte des Brunnenhofs in Handthal bei Ebrach, haben in den vergangenen Wochen viel diskutiert. Sollten sie zwei Jahre nach dem Pandemie-bedingten Lockdown in Deutschland erstmals wieder ein größeres Kult(ur)-Event veranstalten? Werden die Leute kommen oder ist es noch zu früh? Vor wenigen Tagen fiel die Entscheidung: „Wir nehmen das Risiko auf uns, wir wagen es!“
Zurück ins Leben, zurück zur Normalität – unter dieser Devise laden Sauerbrey und Hemmert am Samstag, 12. März, zur „Varieté for Charity (VfC) – Nacht der Toleranz“ ein. „Die staatlich beschlossenen Lockerungen machen es möglich, dass wir 672 Gäste in die Steigerwaldhalle Wiesentheid einladen können“, stellt Veranstalter Thomas Sauerbrey fest. „Das ist zwar immer noch viel weniger als sonst, aber trotzdem eine gute Basis für Frankens frechste Show.“
Hunderte Menschen in einer Halle – das lässt all diejenigen, die Corona-bedingt zu intuitiven Abstandshaltern geworden sind, erst einmal die Stirn runzeln. „Wir haben ein super Hygienekonzept und die Steigerwaldhalle verfügt über eine hochmoderne Belüftungsanlage, die permanenten Luftaustausch gewährleistet. Das bietet Sicherheit – und man kann trotzdem ungezwungen Spaß haben“, versichert Sauerbrey. „Wir laden zu ein paar unbeschwerten Stunden ein: Endlich wieder mal raus aus dem Alltag.“
Die Entscheidung sei alles andere als leicht gewesen. „Natürlich ist es ein finanzielles Risiko für uns“, sagt Chris Hemmert. „Hoffentlich erleben wir keinen Reinfall, sonst war es wohl die letzte Veranstaltung dieser Art.“ Zwei Jahre lang musste die Charity-Show abgesagt werden, 500 verkaufte Karten sind seither im Umlauf. „Nach vielen klärenden Gesprächen mit Behörden können wir es verantworten, jetzt wieder loszulegen. Wir wollen – heuer mehr denn je – Brücken zwischen den Menschen schlagen.“
Genau das war schon vor 15 Jahren das Ziel der Veranstaltung. Vier Leitsätze haben Sauerbrey und Hemmert, die seit 28 Jahren ein Paar sind, geprägt: „Die Menschen sind nicht gleich – und das ist gut so“, „Vielfalt ist das Salz in der Suppe des Lebens“, „Talent gibt es in allen Bevölkerungsschichten“. Und: „Glück und Zufriedenheit findet jeder in sich selbst.“
Die beiden sind überzeugt davon, dass Rassismus und Diskriminierung jeder Art – sei es durch Homophobie oder Ausländerfeindlichkeit – dazu führt, dass Menschen sich in Gruppen abgrenzen und dadurch ein Kennenlernen verhindert wird. „Und das ist total schlecht und schade“, sagt Chris Hemmert. „Denn wer weiß, wie andere ticken, verliert das Unbehagen vor dem Fremden und bereichert sein Leben.“
Mit der „Varieté for Charity“ wollen Hemmert und Sauerbrey dazu beitragen, „Mauern in den Köpfen einzureißen“. Gerade jetzt sei das wichtig, da Corona für eine zusätzliche Spaltung unserer Gesellschaft sorgt.
„Es ist höchste Zeit, dass wir alle wieder einmal das Leben feiern“, findet Thomas Sauerbrey. Das Programm lädt deshalb zum vielfachen Staunen ein: Körperkunst und „Seelenstreichelei“, Comedy, Magie und Travestie wechseln sich ab. Pro Ticket geht ein Euro an eine soziale Einrichtung wie die Aktion Patenkind e.V., Franken helfen Franken e.V. oder Klinikclowns Lachtränen e.V.
Der 56-jährige Sauerbrey, der selbst als Gastgeber(in) in seiner Travestierolle „Mechthild Lavette“ auf der Bühne stehen wird, hat seine Lieblingskünstler aus den letzten 15 Jahren verpflichtet: Travestie-Star Elke Winter vom Hamburger Schmidt-Theater führt durchs Programm, Handstand-Artist Robert Choinka – auch genannt „der Einarmer“ – lässt die Muskeln auf einem Riesen-Reifenstapel spielen.
Mit dabei sind zudem die beiden Großillusionisten Marc & Alex, die jungen Akrobaten Johann Prinz & Leonid Lunart sowie das Duo „One Line“ mit einer flinken Diabolo- und Beat-Box-Nummer. Papierkünstler Mr. Lo zerreißt vor den Augen des Publikums quasi physikalische Gesetze.
Besonders freut sich Thomas Sauerbrey auf „Die Puderdose“, ein Frauenkabarett-Duo. „Wir haben uns auf der Künstlermesse in Freiburg kennengelernt, wo die beiden Damen spontan eine Show hingelegt haben, dass wir nur so gestaunt haben. Und wir sind einiges gewöhnt…“
Einiges gewöhnt ist auch „Mechthild Lavette“. Alle möglichen Outfits hat Thomas Sauerbrey ihr schon verpasst, verschiedenste Songs hat er sie singen lassen. So spontan wie heuer musste „die Mechthild“ aber nie auf Touren kommen. „Ich bin gerade dabei, sie abzustauben – nach zwei Jahren Dornröschen-Schlaf“, erzählt der Handthaler. „Eins kann ich sagen: Sie hat jetzt auch ganz schön Stress…“
Varieté for Charity
Wann/wo: Samstag, 12. März, Steigerwaldhalle in Wiesentheid, Jahnstraße 16. Einlass ab 18 Uhr, Beginn um 20 Uhr. Für Speisen und Getränke sorgt das VfC-Gastro-Team.
Tickets: Karten (28 bis 35 Euro) gibt es bei allen bekannten Vorverkaufsstellen oder im Netz unter reservix.de.
Covid19-Schutz: Die Veranstaltung findet unter 2G-Regeln statt. An den Tischen ist die Maskenpflicht aufgehoben. FFP2-Masken sind zu tragen, sobald man seinen Platz verlässt. Tagesaktuelle Infos unter www.variete-for-charity.de. (ldk)



