Kein anderes Weinfest in Franken hat diese Anziehungskraft und dieses Flair wie das Weinfest in Volkach. Seit 1949 hat sich die größte Schoppenfete der Region zum absoluten Publikumsmagneten entwickelt. Vom 10. bis 14. August liegen sich Weinliebhaber und Partyfreunde in den Armen. Wenn in Volkach dann wieder der Ausnahmezustand herrscht, ist auch Alt-Bürgermeister Karl-Andreas Schlier mit am Start. Er hat alle Weinfeste miterlebt und erzählt ihre Geschichte, denn im Stadtarchiv ist über die Weinfesttradition nur wenig zu finden.
Lehre begonnen
Er erinnert sich an das Jahr 1948, als er – bedingt durch den Krieg bei seinem Onkel – in Volkach eine kaufmännische Lehre begann. Sein Onkel hatte ein großes Lebensmittelgeschäft und war Mitglied des Stadtrats. Ziel der Stadtoberen war es damals, die mittelalterlichen Weinmärkte neu zu beleben, blickt der 85-Jährige zurück. Es entstand die Idee eines Weinfestes an der Mainschleife. Das erste sollte in Volkach sein, das nächste in Escherndorf. Im dritten Jahr sollte Nordheim folgen. Geplant war, diese Weinfeste künftig immer in dieser Reihenfolge zu veranstalten.
1949 ging's los
Die Premiere in Volkach 1949 war dann ein solch großer Erfolg, dass man sich entschloss, das Vorhaben aufzugeben und alljährlich das Weinfest in Volkach abzuhalten. Die Organisatoren waren damals so selbstbewusst, dass sie von Beginn an ihr Weinfest als Fränkisches Weinfest betitelten, um auf die überregionale Bedeutung aufmerksam zu machen.
„Von Beginn an sind die Nordheimer und Escherndorfer Winzer fester Bestandteil des Fränkischen Weinfests“, betont Schlier. Organisiert wurden die Weinfeste von der Stadt Volkach. Erster Weinfestleiter war Hermann Buschmann. Ihm folgte 1964 Waldemar Sperling, der die Volkacher Weinfestgeschichte 40 Jahre lang wie kein anderer als „Ober-Festdirektor“ maßgeblich bestimmte. Die gute Kooperation zwischen der Stadt und der Weinfestleitung war damals und ist bis heute die Voraussetzung für die erfolgreichen Veranstaltungen, so Schlier. Die ehemaligen Bürgermeister Georg Berz, Friedrich Ruß und er selbst betrachteten die Weinfeste immer als Chefsache. Auch der heutige Weinfestleiter Marco Maiberger kann sich der vollen Unterstützung durch Bürgermeister Peter Kornell und seinem Stadtratsgremium sicher sein.
Immer mehr Besucher
Für Schlier ist das Weinfest auch heute noch der Höhepunkt im Veranstaltungsreigen in der Region. Die Besucherzahlen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich nach oben entwickelt. Besucherstärkster Weinfesttag war früher der Sonntag. „In den ersten 25 Jahren fand jedes Jahr ein Festzug am Sonntag statt, der die Massen anzog“, erinnert sich Schlier.
Heute finden jedes Jahr Mitte August 50 000 Besucher den Weg nach Volkach, unter ihnen viele Prominente aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Der Alt-Bürgermeister erinnert sich an den Besuch des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber 1998. „Wir haben gemeinsam eine Runde auf dem Weinfestgelände zu allen Weinständen gedreht und unser Ministerpräsident hat auch einige Weine verkostet“, blickt Schlier zurück.
Drohende Überfüllung
Betrachtet man die heutigen Besucherzahlen, dann ist für Volkachs langjährigen Stadtchef (1990 bis 2002) die Obergrenze erreicht. An manchen Tagen, meist samstags, muss der Zugang zum Weinfestgelände seit ein paar Jahren zeitweise wegen drohender Überfüllung geschlossen werden. Schliers Fazit: „Trotz des stolzen Alters von 70 Jahren hat das Fränkische Weinfest nichts an seinem einstigen Charme und seiner Anziehungskraft verloren.“ Bei aller Weinfestfreude möchte der Alt-Bürgermeister aber auch der Opfer (zwei Tote und 27 Verletzte) gedenken, die 1971 nach einem schweren Gewittersturm auf dem Weinfestgelände zu beklagen waren.