
Staub wirbelte über den Kiesweg als die Bügerwehr am Dienstag in den Schlosspark von Rüdenhausen einzog. "Durchlaucht! Ich melde 95 Bürger angetreten." Tönte es dem Fürsten unter wehenden Fahnen entgegen. Tatsächlich ganze 95 Männer zogen sich bei 32 Grad im Schatten schwarze Gehröcke an und schulterten ein unbrauchbar gemachtes Gewehr. Obwohl es unter den Zylindern und in den dicken Anzügen sehr heiß gewesen sein musste, sah man dies den in Viererreihen schreitenden Männern nicht an. Sie waren sehr gut gelaunt und hatten einen leichten Schritt. Traditionell ziehen die Bürger im Rahmen der Kirchweih aus dem Rathaus, wo sie sich "bewaffnen", durch den Ort, heuer zum zum 401. Mal. Der Auszug fand unter den Augen und dem Applaus der Bürgerinnen und Kinder statt. Die Bürgerwehr wurde dabei von den Großlangheimer Musikanten und der Patenkompanie Veitshöchheim begleitet.
Der Ursprung des Bürgerauszugs liegt im Übungsschießen der herrschaftlichen Streitmacht, die zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges eingerichtet worden war. Vielerorts waren Bürgerwehren zum Schutz vor feindlichen Soldaten und Plünderern als notwendig erachtet worden. In jedem Haus gab es Waffen, deren Umgang regelmäßig geübt werden musste. In dieser Tradition werden auch heute noch militärische Ansprachen und Abläufe geübt und vorgeführt, nur ohne funktionierende Waffen und militärische Bedeutung.
Jeder angetretenen Bürger wurde freundlich vom jungen Fürstenpaar Otto Fürst zu Castell-Rüdenhausen und Sophia Fürstin zu Castell-Rüdenhausen mit Handschlag begrüßt. Beide waren dem Anlass gemäß festlich gekleidet. Einige, der in der Sonne miteinander scherzenden Herren, erhielten Orden für ihre langjährige Traditionspflege.
Im Anschluss fand das Bürgerschießen statt. Jeder hatte einen Schuss. Auf der 75 Meter entfernten Scheibe waren Karten eines Schafkopfspiels angebracht, die es zu treffen galt. Treffen zwei oder sogar drei Männer gleich gut, was des Öfteren vorkommt, müssen sie sich den Sachpreis irgendwie aufteilen. Dies hat in der Vergangenheit schon zu so mancher lustigen Situation geführt, erzählt ein Rüdenhäuser Bürger.

