Die Gartenbaugruppe Etwashausen kann heuer ihr 125-jähriges Jubiläum feiern. In dieser langen Zeit des Bestehens erlebten die Gärtner Höhen und Tiefen. Ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Rolle hat sich mehrmals gewandelt. Da sich auf den kargen Sandböden Ackerbau kaum rentierte, setzten die Etwashäuser und ihre Nachbarn in Albertshofen Ende des 19. Jahrhunderts auf den Gartenbau. Heute bilden sie zusammen einen Schwerpunkt des Gartenbaus im Freistaat. In Zeiten von gestiegener Attraktivität von Bio-Produkten sowie verstärktem Qualitätsbewusstsein bei den Verbrauchern stehen Gärtner-Erzeugnisse made in Etwashausen hoch im Kurs.
"Unsere Gartenbaugruppe als Zusammenschluss unseres Berufsstandes ist eine Institution, die uns Gärtner zusammenhält, beratend wirkt und unsere Interessen in jede Richtung vertritt", sagt Obermeister Heinrich Lang. Der 79-Jährige weiß um die Vorteile des Albertshöfer Großmarktes als beste Absatzschiene, "mit Rahmenverträgen sind Erzeuger und der Lebensmitteleinzelhandel auf der sicheren Seite und so große Mengen absetzbar", sagt er.
Kritisch steht Heinrich Lang zum Bio-Hype. "Die Leute wollen Äpfel, die gut aussehen und schmecken oder einen blitzsauberen Kopfsalat, das geht halt ohne Pflanzenschutzmittel nicht", erklärt der Obermeister. Die Gesellschaft müsse ehrlich mit sich sein.
Heinrich Lang ist das Gesicht der Gartenbaugruppe mit ihren 70 Mitgliedern, steht er doch seit 1975 an deren Spitze. In Jahr seines Amtsantritts erlebte die Etwashäuser Gartenbaugruppe einen Höhepunkt ihres Bestehens, als sie den Bayerischen Gartenbautag in Kitzingen ausrichtete. Stolz waren die Etwashäuser Gärtner auch im Jahr 1914, wie eine Urkunde von der Unterfränkischen Jahrhundert-Gartenbauausstellung belegt. Denn die vereinten Gärtner Georg Lang, Georg Hartner, Konrad Straßberger und Georg Fexer bekamen von der Fachjury damals zwei Ehrenpreise, eine Landesverbands-Bronzemedaille und eine Bezirksverbands-Silbermedaille verliehen für herausragende Leistungen im Gemüsebau.
Einst entwickelte sich in Etwashausen und anderen Orten entlang des Mains der Garten- und Gemüsebau, weil die wenig ertragreichen Sandböden für die Landwirtschaft kaum geeignet waren. Der Strukturwandel hat dazu geführt, dass heute nur noch elf Gärtner-Vollerwerbsbetriebe sowie 14 Nebenerwerbsbetriebe die Flächen bewirtschaften.
Der Gartenbauverein war im Jahr 1894 gegründet worden und um 1900 herum nahm der Unterglasanbau seinen Anfang. Schon ab 1890 kamen Handelsdünger und Beregnungsanlagen aus hauseigenen Brunnen zum Einsatz um die Erträge zu steigern, denn die Etwashäuser mussten den Gartenbau intensivieren, um die Bevölkerung zu versorgen und sich ihre Existenzen sichern zu können.
Im Jahr 1919 gründeten die Etwashäuser Gärtner noch ihre Warenbezugsgenossenschaft, um als Kollektiv eine bessere Verhandlungs- und Einkaufs-Position zu erlangen. Die 1978 von Heinrich Lang beantragte Flurbereinigung bildete einen Meilenstein mit ungleich besseren Erzeugungsbedingungen. Die Gärtnergemeinden Etwashausen und Albertshofen blühten so stark auf, dass heute aus deren Produktion jede dritte Zierpflanze in Bayern kommt.
Eine kardinale Einrichtung für die Gärtner und die Vermarktung ihrer Produkte war die Eröffnung des Großmarkts im Jahr 1929. Der Großmarkt war wichtig, um gegen die zunehmende Konkurrenz aus Deutschland und den Niederlanden bestehen zu können. 1972 fusionierte der Großmarkt mit dem in Albertshofen, wurde im Nachbarort im Lauf der Zeit auf die heutige Größe der Gartenbauzentrale Main-Donau erweitert.
Im Freiluft-Gemüseanbau dominierten damals der Spargel mit 130 Hektar und der Blumenkohl mit 130 Hektar und im Unterglas-Bereich der Kopfsalat mit 63 Hektar, wie in dem Fachbuch "Natur und Landwirtschaft im Landkreis Kitzingen" von Andreas Pampuch und dem Autor Johann Niedermeier nachzulesen ist. Der Zierpflanzenbau, der nach dem Zweiten Weltkrieg einen ungeahnten Höhenflug erlebte, ist der jüngere Zweig gärtnerischen Tuns.