zurück
Kitzingen
Eskalation unter Nachbarn: Heftige Prügel nach 15 Jahren Dauerstreit
Aus dem Gericht: Ein eher harmloses Rasenmähen brachte das Fass zum Überlaufen. Eine gefährliche Körperverletzung führte zu einer neunmonatigen Bewährungsstrafe.
Das Rasenmähen des Nachbarn brachte einen 65-Jährigen in Rage und schließlich sogar vor Gericht.
Foto: Horst Breunig | Das Rasenmähen des Nachbarn brachte einen 65-Jährigen in Rage und schließlich sogar vor Gericht.
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 08.02.2024 20:27 Uhr

Bereits 15 Jahre schwelte der Streit zwischen zwei Nachbarn in einem Dorf im Landkreis Kitzingen. Am 23. Mai 2022 brachte ein eher harmloser Einsatz eines Rasenmähers das Fass zum Überlaufen. Ein 65-Jähriger forderte seinen ein Jahr jüngeren Nachbarn auf, das Rasenmähen zu beenden. Als der nicht reagierte, schlug er zu. Weil er das mit einem Axtstiel und damit einem Werkzeug machte und weil sein Kontrahent erhebliche Verletzungen davontrug, hatte er ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Kitzingen am Hals.

Richterin Ilka Matthes verurteilte den bis dahin nicht vorbestraften gelernten Steinmetz zu einer neunmonatigen Bewährungsstrafe. Der Mann bekommt einen Bewährungshelfer und muss 150 Sozialstunden ableisten. Eine Geldauflage kam wegen der finanziellen Probleme nicht in Frage.

Damit kann der 65-Jährige offenbar leben. Dem Mann war nach eigener Aussage klar, dass er einen Fehler gemacht hatte und den ausbaden muss. Die Schläge mit dem massive Holz räumte er ein. Allerdings stellte er klar: "Ich habe nur dreimal zugeschlagen." Und er betonte, die Sache habe eine lange Vorgeschichte. Das Verhältnis zu seinem Nachbarn sei nach einem Streit um die Kosten einer Grenzregulierung seit Jahren schlecht gewesen. So schlecht, dass es auch schon mal ein Gewaltschutzverfahren gegeben habe. Dennoch ist es offenbar immer wieder zu Provokationen gekommen.

Angst um das neue Auto

Auch am 23. Mai. Da habe seine Ex-Lebensgefährtin das neue Auto an der Grenze zum Nachbarn abgestellt. Dann habe der angefangen, den Rasen zu mähen, "obwohl wegen der Trockenheit überhaupt nichts zu mähen war". Weil er Angst gehabt habe, dass das 30.000-Euro-Auto durch Steinschlag beschädigt werden könnte, habe er den Nachbarn aufgefordert, das Mähen einzustellen.

Als der weiter machte, schlug der Mann zu. Als der Angegriffene mit der Frage reagierte, "ob er jetzt ganz durchdrehe", folgte ein weiterer Schlag. Und als der dann noch sagte, dass er "wohl total besoffen sei", schlug der nach eigenen Angaben seit Jahrzehnten trockene Alkoholiker erneut zu. "Es waren drei Schläge, auf keinen Fall mehr", sagte der dem Gericht. "Ich bin ausgerastet und habe rot gesehen", räumte der sichtlich erregte Mann auf der Anklagebank ein: "Nach 15 Jahren war Schluss mit lustig."

Ein Gerücht kursiert durch den Ort

Schluss mit lustig gilt in dem Fall vor allem auch für den Nachbarn. Der trat als Nebenkläger auf und erzählte von acht Schlägen auf den ganzen Körper, die der Hausarzt festgestellt habe. Er sei 14 Tage arbeitsunfähig gewesen und habe heftige Schmerzen gehabt. Bis heute leide er unter einer Angststörung. Die sei daduch verstärkt worden, dass im Dorf kursiere, sein Nachbar habe angedroht, ihn umzubringen. Gegen seine Angst wolle er was tun, bekomme aber keinen Termin für eine Therapie.

Nach den Zeugenaussagen und dem Teilgeständnis war der Fall relativ klar. Die gefährliche Körperverletzung stand fest. Ob es dann drei oder mehr Schläge waren, spielte am Ende nicht die entscheidende Rolle. Und dafür forderte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft eine achtmonatige Bewährungsstrafe und 100 Sozialstunden. Der Anwalt der Nebenklage war auf zehn Monate bekommen und forderte zusätzlich ein Schmerzensgeld.

Der Verteidiger verwies auf die lange Vorgeschichte, die Provokationen und Folgen, "die man auch nicht übertreiben sollte". Er sah in dem Angriff einen minderschweren Fall und forderte eine Freiheitstrafe am unteren Rahmen für solche Fälle. "Niemals", sagte das Gericht zu dem beantragten minderschweren Fall und hielt neun Monate und die erwähnten Auflagen für tat- und schuldangemessen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Kitzingen
Siegfried Sebelka
Amtsgericht Kitzingen
Angststörungen
Bewährungsstrafen
Drohung und Bedrohung
Körperverletzung und Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit
Nachbarn
Staatsanwaltschaft Würzburg
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Meinungsvertreter
    Die Gefahr vor Gewalttaten ist und bleibt im eigenen Haushalt und im unmittelbaren Umfeld am größten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • clubfan2@gmx.de
    denen gehört beide eine verbraten...

    unsere Gerichte haben ja sonst nix zu tun
    als um sich um solche Streithanserl zu kümmern...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • johannes-fasel@t-online.de
    Sind eine neunmonatigen Bewährungsstrafe und 150 Sozialstunden für einen Angriff und Schläge mit einem Axtstiel / massiven Holz tatsächlich tat- und schuldangemessen???

    Ich habe da erhebliche Zweifel. Eine erzieherische/abschreckende Wirkung kann ich bei so einer Kuschelstrafe nicht erkennen.

    Man wird sehen, was nach den 9 Monaten passiert. Ob dann in einem analogen Fall das Auto einfach umgeparkt wird? Bei mir bleiben Zweifel, die ich als Opfer nicht haben möchte.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Arcus
    Bei soviel „Tatendrang“ hätte ich mir deutlich mehr Sozialstunden gewünscht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten