1949 traf sich die so genannte "Gruppe 47" zum fünften Mal. Gastgeber war die Stadt Marktbreit, die der Schriftstellervereinigung ihre weitgehend unzerstörte Ratsstube zur Verfügung stellte. Autor Hans Werner Richter entschied seinerzeit stets alleine, wer zu den Treffen eingeladen wird, wer vorlesen durfte und sich der teilweise harschen Kritik stellen musste. Für viele begann hier so manche Karriere: Heinrich Böll, Günter Grass, Hans Magnus Enzensberger. Auch Ingeborg Bachmann war in Marktbreit dabei, schreibt die Stadtverwaltung in einer Mitteilung.
Aber welche weiteren Autorinnen, außer Bachmann oder Ilse Aichinger, werden in der Gruppe 47 und in der Literaturgeschichte angemessen gewürdigt? „Einige Herren sagten etwas dazu“ – das war der lapidare Kommentar Ingeborg Bachmanns nach einer ihrer Lesungen vor der Gruppe 47. Denn die Reihe der Kritiker war männlich, und sie bewertete nicht nur die Literatur der Frauen, sondern vor allem ihr Äußeres und ihr Verhalten. Tatsächlich geriet das Werk der Autorinnen schnell in den Hintergrund, obwohl – oder weil – sie bestechende Gesellschaftskritik lieferten.
Nicole Seifert erzählt in ihrem Buch von den Erfahrungen der Autorinnen bei den Treffen der Gruppe, von ihrem Leben in den Fünfziger- und Sechzigerjahren in der BRD und von ihren Werken. Nicole Seifert ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und gelernte Verlagsbuchhändlerin und arbeitet als Übersetzerin und Autorin. Ihr Buch "Frauen Literatur - Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt" löste 2021 eine Debatte über Frauen im Literaturbetrieb und weibliches Schreiben aus. Nicole Seifert ist Herausgeberin der Reihe "rororo Entdeckungen", in der Romane unbekannter Autorinnen des 20. Jahrhunderts wieder veröffentlicht werden.
Termin: Lesung mit Nicole Seifert am Dienstag, 1. Oktober, Rathaus Marktbreit, Markstraße 4, 97340 Marktbreit. Moderation: Simone Barrientos und Stephanie Böhm. Beginn ist um 18 Uhr.
