Iphofen/Oberscheinfeld „In dem einen Moment war noch alles gut, der nächste Moment veränderte mein Leben“ – so lautet die deutsche Übersetzung einer Zeile im Refrains des Lieds „My Heart Goes Crazy“, das Uli Ulke geschrieben und jetzt veröffentlich hat. Den Textinhalt hat der ehemalige Lehrer, der viele Jahre in Geiselwind und Iphofen tätig war, nicht einfach erfunden, sondern selbst so erlebt. Mit dem Song will er diese einschneidende Zeit in seinem Leben verarbeiten.
Frage: Spielt Musik in Ihrem Leben schon immer eine große Rolle?
Uli Ulke: Eigentlich kam die Begeisterung dafür erst kurz nach dem Abitur. Damals war ich eifriger Konzert- und Festivalbesucher und zog mir fast alle Musikgrößen der „Hippiejahre“ rein. Tatsächlich reifte so nach und nach in mir der Traum, selbst einmal auf einer Bühne zu stehen.
Und es hat dann nicht lange gedauert, bis es tatsächlich so war.
Uli Ulke: Nach dem Abi spielte ich Gitarre in einer Schülerband – Gitarre deshalb, weil das sonst keiner machen wollte und weil ich eine besaß, die bis dato noch nie gespielt wurde. Nach einer Runde Covermusik startete ich mit einer Punkband namens D.U.S.H. durch. Mitte der 80er begann dann meine erfolgreichste musikalische Epoche.
Aber waren Sie da nicht längst Lehrer?
Uli Ulke: Das lief tatsächlich parallel. Gleich in den ersten Jahren als Lehrer begann ich zusammen mit meiner Schwester mit der Band „Klick“ zu touren. Wir waren Support-Act für die Toten Hosen, die Münchner Freiheit, Inga Rumpf, Wolf Maahn, Edo Zanki, Puhdys und andere und spielten auf zahlreichen Festivals. Das Ganze mündete sogar in einem großen Plattenvertrag. Unser Produzent war Bernhard Potschka von der damals sehr erfolgreichen Band „Spliff“, der uns Aufnahmen in den Olympiastudios in München ermöglichte. Das war ein so tolles Erlebnis…
Und dennoch zogen Sie irgendwann die Reißleine?
Uli Ulke: Nach drei unglaublich aufregenden Jahren im Rampenlicht war ich physisch ziemlich ausgelaugt. Eigentlich wollte ich da nichts mehr mit Musik zu tun haben. Aber ohnehin wollte ich nie „nur“ Musiker sein. Mein erstes und wichtigstes Standbein war stets der Beruf als Lehrer. Ich mochte das Studium und diesen Beruf von Anfang an. Er erfüllte mich innerlich und verschaffte mir auch die nötige Sicherheit. Musik sollte mir nie den Druck geben, zu tun, was andere von mir wollen, nur um Geld zu verdienen. In meinem Freundeskreis hatte ich da einige Beispiele, wo das absolut schief gegangen ist. Mir war wichtig, stets kreativ frei zu sein.
Waren Sie denn zumindest auch als Musiklehrer tätig?
Uli Ulke: Ich habe fast nie Musik unterrichtet. Der Lehrplan Musik war absolut entfernt von dem, was mir an der Musik wichtig war – und ging meiner Meinung nach auch komplett an den Interessen der jungen Generation vorbei. So wollte ich jungen Menschen Musik, die ja immer auch ein emotionales Erlebnis ist, nicht nahe bringen.
Wenn Sie die Zeit für einen Moment zurückdrehen könnten, wann würden Sie sie stoppen?
Uli Ulke: Das würde ich gar nicht wollen. Jede Epoche hatte ihre Berechtigung und brachte wichtige Erfahrungen für den nächsten Schritt. Hätten wir 1988 die Forderungen der Plattenfirma besser erfüllt, hätten wir vielleicht eine große Karriere starten können, aber wären wir dann noch wir gewesen?
In den letzten Jahren hat die Musik wieder mehr Raum in Ihrem Leben eingenommen?
Uli Ulke: Anfang der 2000er Jahre begann ich, eigene Songs zu schreiben und in meinem eigenen kleinen Studio zu produzieren. Dummerweise bin ich ein grottenschlechter Sänger und es war echtes Glück, dass damals Jenny in mein Leben trat. Sie übernahm diesen Part und so entstand mein erstes eigenes Album „A Long Way“, das 2011 unter dem Bandnamen „Mar Yon Fay“ erschienen ist. Danach produzierte ich noch weitere Songs, die aber noch nicht veröffentlicht wurden.
Vor zwei Jahren hat Sie dann eine Lungenembolie völlig aus der Spur geworfen?
Uli Ulke: Im Juni 2020 passierte dieses einschneidende Erlebnis – sozusagen aus dem Nichts. Tagsüber war ich noch zehn Kilometer laufen, am Abend musste ich schnellstmöglich ins Krankenhaus. Die Tage nach der Versorgung dort hatte ich Mühe, überhaupt nur 20 Meter zu gehen. Erst allmählich fand ich wieder zurück in die Normalität. Die Angst, von einem Moment auf den anderen in eine ähnliche Situation zu schlittern, ist seitdem mein ständiger Begleiter.
Wie hilft Ihnen in der Situation die Musik?
Uli Ulke: Kurz nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, begann ich das Erlebte zu verarbeiten. Ich schrieb den Songtext zu „My Heart Goes Crazy“ und spielte dazu anschließend alle Instrumente ein. So half ich mir selbst wieder stark zu werden und Unsicherheiten abzubauen. Als ich Jenny das Playback vorspielte und ihr den dazu gehörigen Text zeigte, wurde sie sehr emotional. Sie wollte den Song sofort singen – und tat das letztlich auch spontan.
Dennoch hat es bis heute gedauert, bis Sie den Song der Öffentlichkeit präsentieren. Warum?
Uli Ulke: Da ich etwas Abstand von all dem haben wollte, ließ ich den Song erstmal ein paar Monate liegen. Erst Anfang 2022 machte ich mir Gedanken über den Mix und eine eventuelle Veröffentlichung. Ich hatte meine Zweifel, ob ich etwas veröffentlichen sollte, was emotional so eng mit mir zu tun hat.
Was brachte letztlich die Entscheidung?
Uli Ulke: Ich habe im April 2022 zunächst einen anderen Track („Want More“) released, zu dem es auch ein Video gibt – gedreht von Sophia Weigand aus Iphofen. Dann kamen zwei neue Sängerinnen in mein Team: Lenka Stepanek und Rebecca Blank. Der Bandname änderte sich in MarYonfay Project. Alles kam in Schwung – und so habe ich den Track „My Heart Goes Crazy“ Mitte Oktober weltweit auf allen gängigen Plattformen veröffentlicht.
Haben Sie einen Rat für andere Menschen, die auch mit Unsicherheit und Angstzuständen zu kämpfen haben?
Uli Ulke: Das Wichtigste ist, darüber zu reden und es nicht in sich „hinein zu fressen“. Man darf nicht zulassen, es als persönliche Schwäche zu sehen, aber man muss akzeptieren, dass es ein Teil von einem ist. Ich hatte die Möglichkeit, mich kreativ damit zu befassen und mich durch meine Musik auszudrücken. Was mir in ähnlichen Situationen immer half und hilft: meine Gedanken aufzuschreiben – und seien sie auch noch so belanglos und konfus. Das ist für mich eine Möglichkeit des „Loslassens“. Allerdings gibt es wohl kein Allgemeinrezept.
Werden Sie den Song auch live performen?
Uli Ulke: Im Moment gibt es noch keine konkreten Pläne für eine Livepräsentation. Mein großer Traum wäre, mit allen meinen Sängerinnen ein Liveerlebnis zu starten, zusammen mit der Liveband von 2011.
Wie sehen Ihre nächsten Pläne aus? Oder ist jetzt auch der musikalische Ruhestand schon nahe?
Uli Ulke: Ich möchte ganz klar weitere Tracks veröffentlichen. Ich habe noch zirka 30 Songs, die schon vorproduziert sind und nur darauf warten, gemixt zu werden. Den musikalischen Ruhestand wird es bei mir voraussichtlich nie geben. „Music is life“ – und so wird die Musik, solange ich lebe, auch mein Leben begleiten.
Zur Person
Uli Ulke verbrachte seine Jugend- und Schulzeit in Scheinfeld, wo er auch sein Abitur ablegte. Noch heute lebt er in der Gemeinde Oberscheinfeld im Landkreis Neustadt/Aisch. Bekannt ist er jedoch auch im Landkreis Kitzingen, wo er von 1982 bis 2010 Lehrer in Geiselwind war – seit 1995 auch Konrektor. 2010 wechselte er als Konrektor nach Iphofen. Seit 2018 ist Uli Ulke im Ruhestand. Sein großes Hobby neben dem Sport ist die Musik.
„My Heart Goes Crazy“ heißt der Song, in dem Uli Ulke ein einschneidendes Erlebnis in seinem Leben versucht zu verarbeiten. Komponiert und produziert von ihm, gesungen von Jenny Müller (ehemals Bednarczyk), einer langjährigen musikalischen Wegbegleiterin. Das Lied von MarYonfay Project gibt´s auf Spotify, Apple Music, YouTube, Amazon Music usw, mehr Infos auf www.maryonfay.com und auf Instagram (uliulke). (lni)