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IPHOFEN
Eine Familie ruft um Hilfe
Der elfköpfigen Familie Mayle aus Hellmitzheim (mit Mutter Claudia in der Mitte) wurde die Wohnung gekündigt. Ihr droht die Zwangsräumung. Vater Jim und einer der Söhne waren zum Fototermin arbeiten.
Foto: Eike Lenz | Der elfköpfigen Familie Mayle aus Hellmitzheim (mit Mutter Claudia in der Mitte) wurde die Wohnung gekündigt. Ihr droht die Zwangsräumung. Vater Jim und einer der Söhne waren zum Fototermin arbeiten.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:35 Uhr

Im Flur stapeln sich die Umzugskartons mit der Weihnachtsdeko und den Tupper-Schüsseln. Claudia Mayle hat schon mal gepackt – für den Fall, dass in den nächsten Tagen noch ein kleines Wunder geschieht. „Ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben“, sagt Claudia Mayle und lächelt. Seit einem Jahr suchen sie, ihr Mann Jim und die neun Kinder ein neues Zuhause. Der Vermieter hat ihnen gekündigt, wegen Eigenbedarfs, das Haus im Iphöfer Stadtteil Hellmitzheim, in das sie im September 2009 gezogen sind, soll abgerissen werden. Ihnen droht die Zwangsräumung.

Claudia Mayle, 43 Jahre, sitzt im Wohnzimmer, ein schlichter, geräumiger Holztisch. Kartons stehen auch hier im Raum. Sie entschuldigt sich für das Durcheinander, „aber Sie wissen ja“. Auf dem Fenstersims steht der Käfig mit dem Kanarienvogel, im Aquarium schwimmen Zierfische. Claudia Mayle hat als Tierarzthelferin gelernt, noch während der Ausbildung wurde sie schwanger. Tochter Christina ist mit 23 die einzige, die nicht mehr zu Hause wohnt. Die anderen neun Kinder, 2 bis 21 Jahre, leben noch unter einem Dach.

Fernsehen und Radio als letzte Hoffnung

Im Fernsehen ist ihre Geschichte bereits gelaufen: Familie mit neun Kindern sucht verzweifelt neues Zuhause! Ein Aufreger im kleinen Hellmitzheim, 378 Einwohner, drei Prozent stellt die Familie Mayle. Man hat den Eindruck, Claudia Mayle könnte gut auf den Rummel verzichten. Aber was soll sie machen? Was bleibt ihr noch außer dieser öffentliche Hilferuf? Es ist ein letzter vager Versuch, auf einem nahezu leergeräumten, überhitzten Immobilienmarkt doch noch einen Zufluchtsort zu finden. Die Chance ist nicht groß, aber es ist eine Chance.

Acht Zimmer bewohnen sie derzeit im Obergeschoss ihres Hauses, sechs davon die Kinder, die kleine Gemeinschaften bilden. Aus Weikersheim, knapp 50 Kilometer entfernt im Württembergischen gelegen, waren sie vor acht Jahren ins Unterfränkische gezogen, damals mit sechs Kindern. Die Kinder gehen im näheren Umkreis in den Kindergarten, zur Schule, arbeiten oder studieren. Nur ungern würde Claudia Mayle sie aus ihrem gewohnten Umfeld reißen. Ihr Mann Jim arbeitet als Erzieher bei den Amerikanern, früher in Schweinfurt, heute in Ansbach. Schon jetzt fährt er gut eine Stunde mit dem Auto, viel weiter sollte es nicht sein.

Überraschungspost vom Vermieter

Vor etwa einem Jahr bekam die Familie Post vom Vermieter, ein Einschreiben mit Rückschein. Darin steckte die Kündigung. Binnen sechs Monaten sollten die Mayles ausziehen. Vermieter Wolfgang Schneider, ein direkter Nachbar, möchte das Haus, Baujahr um 1870, abbrechen und Wohnraum schaffen für den Sohn und dessen Familie. „Es gibt in Hellmitzheim nicht viele Bauplätze für eine junge Familie, die hier bleiben möchte“, sagt Schneider. Er kündigte den Mayles fristgerecht – wegen Eigenbedarfs. „Das mussten wir erst mal verdauen“, sagt Claudia Mayle. Sie machte sich auf die Suche nach Häusern und Wohnungen, ging einschlägige Anzeigen im Internet und in der Zeitung durch, fragte nach bei der Caritas, der Diakonie und der Stadt. Ein passendes Anwesen war nach ihren Worten nicht dabei.

Nicht der erhoffte Erfolg

Die Suche hat bislang nicht den erhofften Erfolg gebracht, kein Anruf, kein Glücksbote, der ihnen den Weg in ein neues Zuhause gewiesen hätte. Und so rückt ein Datum immer näher, vor dem Claudia Mayle nach eigenen Worten „Angst“ hat. Am 15. März läuft die vierteljährige Fristverlängerung aus, die sie über einen Anwalt erwirkt hat. Der Familie droht die Zwangsräumung. Wie ein Damoklesschwert hängt das Ultimatum über dem Haus.

Das Haus im Iphöfer Stadtteil Hellmitzheim, in dem die Familie wohnt, soll abgerissen werden. Der Vermieter hat der Familie vor einem Jahr gekündigt.
Foto: Eike Lenz | Das Haus im Iphöfer Stadtteil Hellmitzheim, in dem die Familie wohnt, soll abgerissen werden. Der Vermieter hat der Familie vor einem Jahr gekündigt.

Claudia Mayle hat eine genaue Vorstellung vom Tag X. „Die kommen und räumen alles aus. Ich kann dann nur das Nötigste mitnehmen. Aber was packe ich ein: Lebensmittel, Spielsachen, Decken? Wir stehen dann vor dem Nichts, vor dem Bankrott. Bisher haben wir immer alles ohne Schulden hinbekommen.“ Neulich kam ihr kleiner Sohn Collin, zwei Kisten mit Spielzeugautos unter dem Arm. Die habe er gerettet, wenn die Familie demnächst hier raus müsse.

Die Stadt ist in der Pflicht

Der schlimmste Fall wäre, dass die Familie – Vater, Mutter und zehn Kinder – auf der Straße steht. So weit werde es nicht kommen, sagt Bernd Adler, Sachgebietsleiter Sozialer Dienst am Landratsamt Kitzingen. Er kennt Fälle wie diese, wenngleich dieser Fall wegen der Vielzahl der Köpfe ein besonderer ist. „Eine Gefahr für Kinder und Familie ist faktisch ausgeschlossen“, sagt Adler. Im Zweifel sei die Gemeinde in der Pflicht, für den Unterhalt zu sorgen. Kann sie kein geeignetes Quartier stellen, gebe es die Möglichkeit der „Wiedereinweisung“. Die Familie darf vorerst bleiben, wo sie ist.

Eine Wiedereinweisung ist Sache der Behörde und das letzte Mittel, um eine Familie wie die Mayles vor der Obdachlosigkeit zu bewahren. Um sie durchzusetzen, müsse die Familie glaubhaft darlegen, dass sie alles unternommen hat, eine Ersatzwohnung zu finden, sagt Bärbel Magers, Fachanwältin für Mietrecht in der Schweinfurter Kanzlei von Bendel & Partner. Magers hat häufig mit Kündigungen wegen Eigenbedarfs zu tun. Diesen Fall hält sie für „ungewöhnlich“ und für geeignet, einen Vollstreckungsschutzantrag einzureichen, der die Zwangsräumung aussetzt. Aus der Welt wäre das Problem damit freilich nicht – die Familie gewönne nur weiteren Aufschub für die Wohnungssuche.

Iphofens Bürgermeister Josef Mend weiß seit einiger Zeit um das Problem. Gut genug kennt er auch das Gesetz, das ihn zum Handeln verpflichtet. Aber er steckt im Dilemma. Er sieht die Seite des Vermieters, der berechtigterweise Eigenbedarf anmelde, und er sieht die Seite der Familie Mayle, die ein Zuhause sucht. Mend hat den Interessenskonflikt nicht herbeigeführt, aber qua Amt muss er ihn nun befrieden. Muss eine Lösung finden für etwas, das aus seiner Sicht derzeit nicht zu lösen ist. „Wir hatten immer mal Obdachlosenfälle in der Stadt, aber nicht in diesem Ausmaß“, sagt er. „In unserer Gegend stehen nicht massenhaft Häuser leer, in denen man elf Personen unterbringen kann.“

Familie fürchtet mehr als Wohnungsverlust

Für Claudia Mayle und ihre Familie heißt das, weiter hoffen und bangen. Seit geraumer Zeit bekommt die Familie Unterstützung von einer Frau aus dem Nachbarort Dornheim. Das Verhältnis ist so eng und vertraut, dass Claudia Mayle sie inzwischen zur Familie zählt. Sie hilft ihr, den mühsamen Alltag zu bewältigen. Die jüngste Tochter Emilia leidet seit Geburt unter einem Atemwegsinfekt, hat Pflegegrad 2, auch der dreijährige Nicolas ist in Therapie. Claudia Mayle fürchtet, nicht nur ein Dach über dem Kopf zu verlieren, wenn sie aus dem Haus raus und weit weg müssen.

Es ist keine Vier-Sterne-Herberge, die sie bewohnen. Das Haus ist alt und schlecht isoliert, so dass im Winter die Fenster zu schwitzen beginnen und die Kälte bis in alle Räume kriecht. Aber Claudia und Jim Mayle haben sich eingerichtet im Laufe der Jahre, räumlich wie emotional. Sollten sie demnächst ausziehen, sollte das Haus dann abgebrochen werden, „ich werde sicherlich nicht vorbeikommen und zuschauen“, sagt Claudia Mayle. „Das kann ich nicht.“ Und Wolfgang Schneider, der Vermieter? Er sagt: „Wenn jetzt nichts passiert, muss der Hausbau unseres Sohnes um ein Jahr verschoben werden. Dann wird es noch einmal teurer für uns.“

 
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  • friedrich.angene@t-online.de
    Es ist unverschämt wie sich manche "Zeitgenossen" mittels Kommentare über die Notsituation der Familie auslassen. Hier ist jetzt die Stadt Iphofen, vor allen Dingen der Bürgermeister gefordert, hier kurzfristig Abhilfe zu schaffen. Die Stadt Iphofen selbst besitzt in Iphofen und den Ortsteilen genügend eigene Immobilien um vorübergehend Abhilfe zu schaffen.
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  • mausschanze
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  • foerderadler
    Unfaßbar sowas.

    Eigentlich sollten alle, die hier ihren Senf dazu gegeben haben, dazu verdonnert werden, ihr Geschreibsel auch persönlich bei der betroffenen Familie vorzutragen.
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  • gisenion
    In Sommersdorf gibt es ein Haus mit 200qm Wohnfläche laut Immoscout24 zu mieten. Das müsste mit 2 Verdienern und viel Kindergeld möglich sein.
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  • jebusara@web.de
    Hoffnung gibt es kaum.... für den Eigentümer. So eine grosse Familie - noch dazu mit zwei kranken Kindern - kann bei drohender Obdachlosigkeit immer wieder eingewiesen werden. Bis er aufgibt und sein Sohn sein Bauvorhaben vergisst.
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  • al-holler@t-online.de
    Mit dem gebotenen Vorbehalt: Das war doch alles schon bei "Aufnahme" der Familie bekannt. ich lese nichts davon, dass die Familie bei ihrem Einzug eigewiesen worden wäre.
    War das Haus evtl. anderweitig nicht mehr verwertbar (s. letzten Absatz des Berichtes)?
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  • Fleischwolf
    In dem Artikel gibt es zu viele Unstimmigkeiten. Bin auch der Meinung - Schwer glaubhaft !!
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  • katja.hopf.handy@gmx.de
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  • al-holler@t-online.de
    Wenn ich so durch die Dörfer fahre Leerstände über Leerstände, ja ganze Hofstellen, vornehmlich in den Altorten, vereinzelt aber auch schon in den Neubausiedlungen in der zweiten Generation. Schwer glaubhaft, dass da kein Platz für die Leute sein soll!
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  • al-holler@t-online.de
    Und wo sind denn die Amtskirchen? Die haben doch sicher auch leere Liegenschaften!
    Aber vmtl. haben ALLE - staatliche Stellen, Gemeinden, Kirchen, private Eigentümer - nur ANGST, die Familie nicht mehr "los zu werden".....
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  • Mainpostonlinezugang
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    Es steht jedem frei, zu helfen.
    Die Afd nimmt sich solcher Fälle ganz sicher gerne an.
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  • Mainung
    Genau...ein neues Haus. Mit Pool. Und 30.000 € Stütze jeden Monat. Bla bla bla. Frage mich was geschrieben worden wäre, wenn keine Flüchtlinge gekommen wären? Da wurden solche Familien gerne als asozial angegangen. Aber jetzt, da wir ja eine noch niedrigere Unterschicht haben, halten wir die Fahne der deutschen Solidarität hoch. Zum kotzen.
    Übrigens ist im Innopark in KT noch Platz. Solange bis eine gescheite Bleibe für die Familie gefunden wurde. Drücke die Daumen das sie ein passendes Haus finden.
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  • Markustan
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  • mausschanze
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