zurück
Mainbernheim
Eine Erinnerung an das jüdische Leben
Mainbernheims Bürgermeister Peter Kraus hielt die Festrede zur Einweihung der Stele 'Jüdisches Leben in Mainbernheim'.
Foto: Gerhard Krämer | Mainbernheims Bürgermeister Peter Kraus hielt die Festrede zur Einweihung der Stele "Jüdisches Leben in Mainbernheim".
Gerhard Krämer
 |  aktualisiert: 14.11.2024 02:42 Uhr

Mainbernheim beschäftigt sich offen mit seiner Vergangenheit, insbesondere mit der Geschichte der Jüdinnen und Juden in der Stadt. Jetzt wurde die Stele "Jüdisches Leben in Mainbernheim" und die Gedenktafel "Netzwerk jüdischer Friedhof Rödelsee" feierlich eingeweiht.

Am sogenannten Dicken Turm im Umfeld der ehemaligen Synagoge steht die Stele als Teil der Natur- und Geschichtszeichen Mainbernheims. Auf der anderen Seite der Stadtmauer ist die Gedenktafel angebracht. Gut 40 Bürgerinnen und Bürger waren der Einladung von Bürgermeister Peter Kraus zur Feierstunde gefolgt. Zu den Mitorganisatorinnen zählten Susanne Pfeifer, Vorsitzende der Altstadtfreunde, und Gerlinde Wagner, die im Förderverein ehemalige Synagoge Kitzingen und im Arbeitskreis des Netzwerkes mitarbeitet.

Kraus sprach von einem besonders dunklen und unrühmlichen Fleck in der Geschichte der Stadt mit Blick auf die Entwicklungen in den 1930er und 1940er Jahren. Die Auswirkungen des verlorenen Ersten Weltkriegs, die Machtergreifung der NSDAP und das sogenannte Dritte Reich hätten hier Spuren und tiefe Wunden hinterlassen. "Wir sind noch heute mit der Aufarbeitung unserer Geschichte befasst", sagte Kraus. Denn es sei lange Zeit geschwiegen worden.

Jüdische Soldaten kämpften im 1. Weltkrieg

Die Geschichte der Juden reicht mit Unterbrechungen bis in das 15. Jahrhundert zurück. Ihre Blütezeit hatte die jüdische Gemeinde laut Kraus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wo Mainbernheim 140 jüdische Mitbürger zählte, fast neun Prozent der Einwohnerschaft. 1748 wurde eine Synagoge erbaut, es gab eine Religionsschule, eine Mikwe und bis 1871 war die Stadt Sitz eines Bezirksrabbinates.

Auch im 20. Jahrhundert seien die jüdischen Familien fest in die Gesellschaft integriert, geachtet und akzeptiert gewesen. Deutsche Soldaten jüdischer Abstammung kämpften im Ersten Weltkrieg an der Seite der anderen nichtjüdischen deutschen Soldaten und seien, wie zum Beispiel Metzgermeister David Samfeld, mit dem "Eisernen Kreuz 1. Klasse" ausgezeichnet worden.

In der Klostergasse wurde vor kurzem ein Stolperstein für Frieda Hausmann verlegt. Manche legten dort nun Steine zum Gedenken nieder.
Foto: Gerhard Krämer | In der Klostergasse wurde vor kurzem ein Stolperstein für Frieda Hausmann verlegt. Manche legten dort nun Steine zum Gedenken nieder.

Schützenscheiben aus dem Jahr 1910 zeugten von der Mitgliedschaft der jüdischen Mitbürger Justin und Leon Liebenstein in der Königlich-privilegierten Schützengesellschaft. Während die jüdische Herkunft und Religion lange Zeit keine Rolle innerhalb des Vereinslebens gespielt hatte, änderte sich dies abrupt, als die Nationalsozialisten ab 1933 mit Ausgrenzungen und Demütigungen gegen jüdische Personen vorgegangen seien.

"Abwehrmaßnahmen" gegen Juden beschlossen

Auch in Mainbernheim sei die nationalsozialistische Propaganda auf fruchtbaren Boden gefallen. Der Stadtrat habe 1935 einen Acht-Punkte-Katalog beschlossen, der jeden Kontakt mit Juden untersagte und "Abwehrmaßnahmen" gegen das Judentum anordnete. Ein Anwohner-Gesuch, die Judengasse umzubenennen, sei jedoch von der Gauleitung in Würzburg abgelehnt worden. Beim Novemberpogrom 1938 sei die Synagoge wegen der umliegenden Häuser nicht angezündet, die Inneneinrichtung jedoch verbrannt worden.

Doch es habe auch Menschen gegeben, die Zivilcourage bewiesen. Kraus nannte den Falken-Wirt Gustav Jaeger, der sein Fleisch vom jüdischen Metzger bezogen und in Kauf genommen habe, als Judenknecht angeprangert zu werden.

Kraus erinnerte in seiner Rede, wie damit begonnen worden sei, die Geschichte aufzuarbeiten. Er erinnerte an die Diskussion um den Platz des Kriegerdenkmals oder um die Synagogengedenktafel. Es folgten Zeichen des offenen Umgangs mit der Geschichte. Kraus nannte einen Stadtrundgang am Volkstrauertag 2007 zu zwölf ehemaligen jüdischen Anwesen oder die Verlegung von Stolpersteinen.

Gerlinde Wagner ging anschließend in der Klostergasse auf das Schicksal von Frieda Hausmann ein, für die jüngst ein Stolperstein verlegt worden war. Claudia Großmann-Gonschorek vom Förderverein freut sich, dass man sich in Mainbernheim schon lange mit der Vergangenheit auseinandersetze. Denn in vielen Gemeinden gäbe es noch Vieles aufzuarbeiten.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Mainbernheim
Gerhard Krämer
Deutsche Soldaten
Juden
Kriegsdenkmale
Machtergreifung
NSDAP
Peter Kraus
Schützengesellschaft Höchberg
Stadt Kitzingen
Synagogen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top