Traktoren und LKW, wohin das Auge blickte: Mehrere tausend Teilnehmer kamen am späten Montagnachmittag zur Kundgebung nahe des Biebelrieder Kreuzes. Viele Landwirte, Nebenerwerbslandwirte und Winzer waren da schon seit Stunden unterwegs, sie waren schon früh am Morgen gestartet, um per Sternfahrt auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Wobei es, wie viele im Gespräch betonten, nicht nur um sie selbst ging. "Es betrifft uns alle", stand auf so manchem Schild, das an den Traktoren angebracht war.
16 Uhr Beginn der Kundgebung, etwa 17 Uhr die Ansprachen, so war es vorgesehen. Doch da waren noch längst nicht alle Fahrzeuge hoch oben neben der Autobahn angekommen. Die Resonanz der Landwirte auf den Aufruf des Vereins "Landwirtschaft verbindet Bayern" war weit größer, als Organisatorin Tizian Klein erwartet hatte. Von 1000 Traktoren, die kommen werden, sprach er im Vorfeld, am Montagmorgen, als die ersten Fahrten begonnen hatten, von etwa 2000. "Wir werden wohl die 3000 knacken", schätzte er dann kurz vor 17 Uhr, als die Schlange der anrollenden Fahrzeuge noch immer kaum zu überblicken war.
Den ganzen Tag positive Resonanz
Landwirte, Gärtner, Bauunternehmer, Lkw-Fahrer, Spediteure, Handwerker, aber auch Verwandte von Nebenerwerbslandwirten und ganz normale Bürger waren gekommen, um die Landwirte zu unterstützen. Und die auf der Autobahn vorbeifahrenden Lkw hupten während der ganzen Veranstaltung lange und laut. Überhaupt hätten sie den ganzen Tag über viel positive Resonanz bekommen, erzählten viele Teilnehmer. Die Bauern, die die Autobahnauffahrt blockierten, wurden von Gastronomen versorgt, immer wieder hielten Autofahrer an, um zu fragen, wie sie unterstützen könnten, erzählt Bernd Röll-Bieber, der später im Konvoi der 450 Traktoren aus Volkach nach Biebelried fuhr. Aus dem Raum Giebelstadt rollten etwa 700 Traktoren an, viele hundert weitere waren in Werneck sowie in Karlstadt gestartet.
Es habe kaum jemanden gegeben, der sich kritisch geäußert habe, berichteten viele Teilnehmer. Wie haben die Bürger reagiert? "Daumen hoch" war die Antwort, die auf diese Frage immer wieder zu hören war.
Es geht um die Zukunft – die nächsten Generationen
Die Gründe, warum die Teilnehmer sich in die eisige Kälte stellten, gingen weit über die Kürzung der Agrardieselvergütung hinaus. "Wir wollen den Betrieb zukunftsfähig halten, damit die nachfolgenden Generationen noch ein Einkommen haben", sagte Winzer Manuel Sauer aus Nordheim. "Wir wollen ein Zeichen setzen, dass es so nicht weitergeht." Die nötige Entbürokratisierung sprach Felix Schlund von der Imkerei Schlund in Volkach an. "Wir kriegen immer neue Vorschriften, die von Leuten gemacht werden, die keine Ahnung haben."
Christian Wunder aus Segnitz sprach die Produktionspreise, die wegen der geringeren Vorschriften anderswo billiger seien, und das Thema Energieeffizienz an: "Dass die Zuschüsse für die Verbesserung der Energieeffizienz in der Landwirtschaft und im Gartenbau gestrichen wurden, weiß kaum jemand." Ohne Förderung aber sei das finanziell nicht zu stemmen. Detlef Gruschke thematisierte die Verpachtung: "Wenn der Bauer nichts hat, kriegt auch der, der verpachtet, nichts mehr."
Mit Tochter Ella waren Martin und Regina Lutz aus Unterspiesheim gekommen, er Nebenerwerbslandwirt, ihr Bruder auch in der Branche tätig. "Aber es geht nicht nur um die Landwirte", findet Regina Lutz. Informieren, weil gerade in den Städten viele nicht wüssten, welche Arbeit die Landwirte eigentlich machen und welche Vorschriften sie befolgen müssen – das ist das eine. Das andere: "Ich hoffe, dass das Land wachgerüttelt wird."
Die Verteilung wird als ungerecht empfunden
Auch Hermann Reifenscheid, langjähriger Geschäftsführer der LZR, war nach Biebelried gekommen, um die Landwirtschaft zu unterstützen, die erheblich belastet werde – die Verteilung sei ungerecht. Aber auch, um sich gegen die derzeitige Politik auszusprechen. "Es betrifft ja auch unsere Fuhrparks." Durch die höheren Spritpreise, zum Beispiel, aber auch durch die Mautgebühr, die höher ausfalle als in Österreich.
Die Stimmung hoch oben am Biebelrieder Kreuz, im eisigen Wind, war gut, man tauschte sich aus, unterhielt sich, lauschte den Ansprachen von Tizian Klein, Michael Reck (BBV-Kreisobmann Schweinfurt), der Kitzinger Kreisbäuerin Anette vom Berg-Erbar sowie weiteren Berufsvertretern. Die Redner machten nochmal die Forderung der Landwirte deutlich, ihre Aussagen wurden mit viel Applaus und großem Zuspruch quittiert. Aufgrund der Kälte löste sich die Versammlung dann zügig auf, die Landwirte machten sich mit eingeschalteten Blinklichtern wieder auf den Heimweg - wobei ihnen noch immer Berufskollegen entgegenkamen, die noch zur Kundgebung wollten.
Die Bauernproteste im Landkreis Kitzingen begannen am Montagmorgen diszipliniert, dezentral und größtenteils ohne große Auswirkungen auf den Verkehr. Offensichtlich hatten sich viele Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer auf die Demonstrationen eingestellt, hatten das Homeoffice, einen freien Tag oder Umleitungsstrecken gewählt.
Auch von zu spät kommenden Schulbussen war keine Rede. Die Hauptverkehrsachsen wie Bundes- und Staatsstraßen waren mancherorts trotz Ende der Weihnachtsferien so leer wie an einem regnerischen Sonntag.
Schon ab 6 Uhr hatten die demonstrierenden Landwirte wie angekündigt die beiden Autobahn-Auffahrten zur A3 bei Kitzingen/Schwarzach blockiert. Eine weitere Blockade war für die A7-Auffahrten bei Marktbreit angekündigt worden.
Autobahnauffahrt gesperrt, aber Rettungsgassen blieben frei
Abfahren waren möglich. Außerdem hielten die Landwirte unter Begleitung der Polizei Rettungsgassen frei. Tatsächlich war das nötig, als ein Rettungsfahrzeug mit Blaulicht den Weg auf die Autobahn nehmen musste. Die Reaktionen der vorbeifahrenden Autofahrerinnen und -fahrer waren gemischt. Die Landwirte erhielten mutmachende Kommentare und Gesten, bekamen aber auch Mittelfinger zu sehen.
In der Großen Kreisstadt kurvte nach 8 Uhr ein kleinerer Traktor-Konvoi über die B8 und die Nordtangente. Die Behinderung des Verkehrs hielt sich aber in Grenzen. Ebenso in Marktbreit, von wo gegen 9.30 Uhr ein kleiner Protestzug in Richtung Ochsenfurt fuhr.
Auf dem Marktplatz in Geiselwind hatten Landwirte am Vormittag einen Infostand errichtet und waren zu einer lokalen Kundgebung gekommen. Bürgerinnen und Bürger stellten sich dort hinter die Bauern, die über zunehmende Bürokratie und Auflagen klagten, wie beispielsweise Milchbäuerin Heike Kern aus Rehweiler.
Landwirte klagen über Regelungswut der Bürokratie
Landwirt Martin Mahr aus Ebersbrunn (80 Milchkühe, 120 Hektrar) drohen nach seiner Rechnung zwischen 4000 bis 5000 Euro Mehrkosten nur durch die Dieselverordnung der Regierung ohne die Kfz-Steuer. Eine andere Bäuerin sagte: "Es heißt immer, wir jammern in Deutschland auf einem hohen Niveau. Aber wenn wir nicht mehr jammern, dann ist für alle anderen schon längst Schluss."
Gegen Mittag sammelten sich in Volkach rund 400 Fahrzeuge, nicht nur Traktoren, sondern auch Lastwagen, um von dort gemeinsam die Sternfahrt zur zentralen Kundgebung in Biebelried zu starten. Der Konvoi führte von Volkach über Schwarzach durch den Landkreis Kitzingen.
Währenddessen setzten sich von Würzburg kommend andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Sternfahrt in Bewegung. In der Folge war die B8 vom Greinberg-Knoten in Würzburg bis Biebelried zweispurig mit Traktoren verstopft, begleitet von Polizei-Fahrzeugen. Dazu standen Demonstranten mit Protestschildern an der Bundesstraße.