Was wäre, wenn Georg Elser am 8. November 1939 mit dem von ihm platzierten Sprengkörper Hitler im Münchner Bürgerbräukeller hätte töten können? Was wäre, wenn Claus Schenk Graf von Stauffenberg am 20. Juli 1944 mit seinem Anschlag im Hauptquartier bei Rastenburg Erfolg gehabt hätte? Beide scheiterten mit ihren Versuchen.
Es war eine kleine Minderheit, die Hitler und den Nationalsozialsten Widerstand leistete. Namen wie Stauffenberg, die Geschwister Hans und Sophie Scholl oder Georg Elser sind bekannt, doch es gab noch weitere, wenn auch eine kleine Zahl, Menschen, die auf unterschiedliche Art der Diktatur trotzten. Ihnen ist die Ausstellung „Was konnten sie tun? Widerstand gegen den Nationalsozialismus 1939 – 1945“ gewidmet, die am Freitag in der St. Michaelskirche auf dem Schwanberg eröffnet wurde. „Diese Ausstellung zeigt, dass es auf jeden einzelnen Menschen ankommt“, sagte Priorin Heidrun Perpetua Schörk.
Axel Smend, der Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung 20. Juli 1944 hielt den Festvortrag. Er ist der Sohn von Günther Smend, der ein Teil der Verschwörung gegen Hitler war, die mit dem Stauffenberg-Attentat endete. Sein Vater wurde als Mitwisser ermordet. Es war eine beeindruckende Geschichtsstunde, in der Smend den Zuhörern in der Kirche über den Kreisauer Kreis, die Rote Kapelle, die Weiße Rose oder die Bekennende Kirche und ihr Mitglied Dietrich Bonhoeffer erzählte.
Als Beispiel der weniger bekannten Menschen, die Widerstand leisteten, erzählte Smend vom Ehepaar Hampel in Berlin, das Postkarten und mehr als 200 handgeschriebene Flugzettel verteilte und unter anderem darin zur Kriegsverweigerung aufrief. Das Ehepaar wurde denunziert, verhaftet und in Berlin-Plötzensee ermordet.
Smend spannte den Bogen wie zuvor auch schon die Priorin zur Ordensgründerin Christel Schmid. In der Osternacht 1942 haben „unter dem Kreuz des Fürstenfriedhofes in Castell vor Christel Schmid und Pfarrer Hermann Schlier sieben junge Mädchen ein Treuegelöbnis für Jesus Christus und gegen das nationalsozialistische Regime“ gewagt. Daraus wuchsen der Bund Christlicher Pfadfinderinnen und letztlich auch die Communität Casteller Ring.
Die Geschichte des Widerstands war eng mit Smends Familiengeschichte verknüpft, die für ihn Erbe ist. Denn nach Ende des Krieges war die Bezeichnung „Verräter“ für die Widerstandskämpfer in den Köpfen der Leute präsent. Dies musste Smend am eigenen Leib erfahren, wurde doch auch er als „Verräterkind“ zum Beispiel von seinem Lehrer beschimpft.
„Der Widerstand gegen Hitler war erfolglos, ist aber ein guter und wichtiger Teil der deutschen Geschichte“, zog Smend ein nüchternes Fazit. Und mit Blick auf aktuelle Entwicklungen forderte er von allen Zivilcourage. „Was können wir tun?“, müsse die Frage lauten, wenn solches Gedankengut früherer Zeit wieder aufglimmt, machte Priorin Schörk Mut zum Hinsehen.
Der Schirmherr der Ausstellung, Albrecht Fürst zu Castell-Castell, kam zu dem Schluss, dass die Widerstandskämpfer Patrioten waren. „Es war ein Handeln beherzter, mutiger Männer und Frauen.“ Sie seien Vorbilder. Der 20. Juli 1944 sei für ihn die Grundlage und Rechtfertigung für den Wiederaufbau Deutschlands.
Die Ausstellungseröffnung bereicherten Georg Fester und seine Tochter Sofie musikalisch, unter anderem mit dem Filmthema zu „Schindlers Liste“. Am Abend der Ausstellungseröffnung wurde noch der Dokumentarfilm „Menschliches Versagen“ von Michael Verhoeven gezeigt, der „Enteignung“ von Juden beschäftigt.
Am Sonntag, 8. November findet um 18 Uhr im Schloss auf dem Schwanberg die Lesung „Außer dem Leben können sie dir ja nichts nehmen“ mit Claudia Schwartz und Jan Uplegger (Berlin) statt. Sie lesen aus dem Briefwechsel zwischen Freya und Helmuth James von Moltke. Letzterer war Kopf des von den Nazis bekämpften Kreisauer Kreises.
„Was konnten sie tun? Widerstand gegen den Nationalsozialismus 1939 – 1945“ ist eine Ausstellung der Stiftung 20. Juli 1944, die mit der Gedenkstätte Deutscher Widerstand entstand. Sie ist bis 28. November auf dem Schwanberg zu sehen. Führungen jeweils am Sonntag um 10.30 Uhr und auf Anfrage. Kontakt: Schwester Anke Sophia Schmidt, Tel. (0 93 23) 3 21 84.