zurück
Kitzingen
Ein "Verräter" sollte bestraft werden: Überfall in Kitzingen beschäftigt mehrere Gerichte
Zu schweren Raub- und Körperverletzungsdelikten kam es im Herbst 2023 in der Nähe des Kitzinger Bahnhofs. Acht Jugendliche wurden damals festgenommen. Jetzt arbeitet die Justiz den Fall auf.
Foto: Peter Steffen, dpa | Zu schweren Raub- und Körperverletzungsdelikten kam es im Herbst 2023 in der Nähe des Kitzinger Bahnhofs. Acht Jugendliche wurden damals festgenommen. Jetzt arbeitet die Justiz den Fall auf.
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 21.08.2024 02:44 Uhr

Nach mehreren schweren Raub- und Körperverletzungsdelikten hat die Polizei bei einem Großeinsatz im Herbst 2023 acht Jugendliche festgenommen. Den 14- bis 17-Jährigen wurde vorgeworfen, im Raum Kitzingen und Würzburg mehrfach in unterschiedlicher Besetzung zugeschlagen und Kleidungsstücke und Bargeld erbeutet zu haben. Dabei spielten Schläge, aber auch ein Messer eine Rolle.

Seit einigen Monaten laufen die Gerichtsverfahren. In Würzburg gab es bereits mehrere Jugendstrafen ohne Bewährung. In Kitzingen ist jetzt ein 15-Jähriger haarscharf am Knast vorbeigekommen.

Das Jugendschöffengericht hat den Schüler zu 15 Monaten Jugendstrafe verurteilt, wegen besonders schweren Raubs – weil ein Messer im Spiel war – und gefährlicher Körperverletzung. Er bekam trotz einer einschlägigen Vorstrafe Bewährung. Das hat vor allem mit seinem, wenn auch späten, Geständnis zu tun.

Danach hielt der Vorsitzende Wolfgang Hülle eine Bewährungsstrafe für "tat- und schuldangemessen", aber auch für "erzieherisch erforderlich". Die Bewährung läuft drei Jahre. Der Schüler bekommt einen Bewährungshelfer, muss 200 Stunden Hilfsdienste leisten und seinen Schulabschluss machen.

Springmesser im Einsatz

Abgespielt hat sich der jetzt verhandelte Fall Mitte September in der Friedenstraße in Kitzingen, und zwar so, wie es in der Anklage stand. Der Angeklagte war einer von vier Tätern, die einem Jugendlichen vom Bahnhof in die Friedenstraße folgten. Weil der sie in einem anderen Verfahren offenbar bei der Polizei "verraten" hatte, wollten sie "Schadenersatz" von ihrem Opfer. "300 Euro in zehn Tagen", lautet die mit Schlägen und dem Zeigen eines Springmessers unterstützte Forderung.

Mitten drin war der 15-Jährige auf der Anklagebank. Der war aber nicht nur dabei, sondern hat dem "Verräter" mindestens einen Schlag versetzt. Den Einsatz des Messers will er allerdings nicht gesehen haben. Danach hat das Quartett dem leicht verletzten Schüler noch den Rucksack und eine Kappe abgenommen. Unterm Strich war das ein besonders schwerer Raub und Körperverletzung.

Damit wollte der Angeklagte zunächst nicht zu tun haben. "Von Schlägen weiß ich nichts", versicherte er. Er habe bei der Aktion nur dabei gestanden. "Ihr Verhalten hier entscheidet, ob sie in den Knast gehen oder nicht", macht ihm der Richter klar. Nach einem eindringlichen Appell und einem deutlichen Hinweis auf die Beweislage kam die Wende. Der Angeklagte nutzte die vom Gericht als "letzte Chance" eingeräumte Fünf-Minuten-Pause für ein Gespräch mit seiner Pflichtverteidigerin. Danach sagte er: "Ich habe ihm Schläge mit der flachen Hand verpasst."

Wenig beeindruckt vom Dauerarrest

Damit war der Sachverhalt klar. Es ging um die Strafe. Und da gab es ein Problem. Der junge Mann war wegen eines beinahe gleichgelagerten Falles vor einem Jahr zu einem Dauerarrest von vier Wochen und 100 Sozialstunden verurteilt worden. Beeindruckt hat ihn das offenbar kaum, wie wenig später der Vorfall in der Friedenstraße zeigte.

Für die Staatsanwältin war klar: "Schädliche Neigungen und damit die Voraussetzung für eine Jugendstrafe liegen vor." Weil sie zudem Reue und Einsicht vermisste, forderte sie zwei Jahre ohne Bewährung. "Mein Mandant ist der typische Mitläufer", sagte die Pflichtverteidigerin. Im Blick auf das Geständnis und das inzwischen "stabile soziale Umfeld" des Angeklagten, plädierte sich auf eine Bewährungsstrafe. Die wurde es dann auch. Wenn auch mit zwei "zugedrückten Augen", wie Hülle am Ende sagte. Damit konnten alle leben. Das Urteil ist rechtskräftig.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Kitzingen
Siegfried Sebelka
Angeklagte
Bewährungsstrafen
Dauerarrest
Polizei
Sozialstunden
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Helmut Klein
    Hallo verkorkste Jugend,
    was sagt, macht und korrigiert deine Mutter oder dein Vater?
    Ein Kind braucht „Liebe, Fürsorge und Geborgenheit“ Wir Eltern sind die größten Versager der Nation. (Ein kleines Beispiel: Ein Vater fährt mit seinem Sohn und Neffen, Volltrunken ü. 2 Promille, mit ca 270 km/h auf der Autobahn, >Schnappatmung<) Wir Elternversager haben es sehr oft nicht geschafft „unseren wertvollen KINDERN beizubringen >> WAS GUT oder BÖSE ist<< Betrachten sie die Steigerung mit den Messerattacken! (möglich, auch Religions- motiviert?) Unsere Medien halten es uns jeden Morgen vor Augen. Die Wissenschaft sagt doch: die Charakter- Prägung (85-90%) eines Menschen beginnt „3 Monate nach der Zeugung bis ca 8 Jahren. Die Gene (Mutter und Vater) spielen auch eine gewisse Rolle. So sind die Kinder das Produkt der ELTERN „ GUT oder BÖSE“ Die armen Kinder und jungen Menschen sind wirklich zu bedauern. Versager ist auch die Politik, ganz besonders unsere Rechtsprechung .
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Norbert Meyer
    Solche "Heissläufer" kühlen nicht ab u. stehen bald wieder vor Gericht ! Wetten !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten