Wenn es sie nicht gäbe? Was wäre dann? Dann wären viele Menschen ziemlich verzweifelt. Sie hätten ein Bett, einen Schrank, genügend zu essen. Aber sie säßen in verschiedenen Häusern im Landkreis Kitzingen fest, ohne Ansprechpartner für ihre vielen Fragen und Sorgen. Die Flüchtlinge im Raum Kitzingen haben Glück. Denn hier gibt es Maruška Hofmann-Sircelji (69), Petra Nellen (55), Sina Sadat (38) und viele weitere unermüdliche Helfer.
In anderen Landkreisen lebt keine Maruška, die jede Unterkunft liebevoll einrichtet, jeden Neuankömmling willkommen heißt und ihm sagt, was zu tun und zu lassen ist. Dort gibt es oft Probleme. In den dezentralen Unterkünften rumort es. Im Kreis Kitzingen ist die Lage dagegen ruhig. In vielen Gemeinden haben sich tatkräftige Helferkreise gebildet, private Sachspenden gehen ein – und sparen Steuergelder.
Ohne den tagtäglichen, ehrenamtlichen Einsatz von Marija Hofmann-Sircelji, die alle nur Maruška („Maruschka“) rufen, wäre die Situation nicht so entspannt. Zusammen mit Petra Nellen, Sina Sadat, Monika Braun und anderen Ehrenamtlichen schafft die 69-Jährige ein vertrauensvolles Klima. Sie kennt sich aus, ist bestens vernetzt. Zu ihrem früheren Arbeitgeber, dem Landratsamt, hat sie noch immer gute Kontakte. „Die Zusammenarbeit mit dem Sozial- und dem Ausländeramt ist perfekt, trotz der Berge von Anträgen“, lobt die Kitzingerin. Jeden Donnerstag, wenn neue Asylbewerber kommen, macht sich Maruška mit ihrem Team in Absprache mit der Behörde auf den Weg zu den Neuankömmlingen.
Petra Nellen: Sie werden aus den zentralen Unterkünften wie Zirndorf hierher gebracht. Manche haben etwas Gepäck. Kürzlich kamen aber auch drei Iraner, die gerade mal eine Plastiktüte hatten.
Petra: Ja, das hören wir oft. Aber es ist doch klar: Die meisten Menschen stammen aus Kriegsgebieten und mussten ihre Familie zurücklassen. Ihr Handy ist oft die einzige Verbindung zu Verwandten, deshalb sparen sie es sich vom Mund ab und hüten sie es wie einen Schatz.
Maruška: Zur Not mit Händen und Füßen, das geht alles.
Petra: Maruška beherrscht die slawischen Sprachen, ich spreche gut Englisch, und Sina, die aus Afghanistan stammt, versteht auch Persisch. Eins eint alle: Sie sind froh, wenn sich jemand ihrer annimmt – oft zum ersten Mal seit ihrer Flucht.
Sina: Ich bin mit meiner Familie vor 13 Jahren vor dem Krieg in Afghanistan geflohen. Neun Jahre haben wir in der Asylbewerberunterkunft in Kleinlangheim und am Kitzinger Mainkai gelebt, bevor wir uns eine eigene Existenz aufbauen konnten. Ich weiß, wie sich die Menschen fühlen, die hier ankommen. Vor 13 Jahren gab es noch nicht so viele ehrenamtlichen Helfer und wir mussten alles alleine machen, in einer fremden Sprache. Das war sehr schwer für uns.
Petra: Anderen Menschen zu helfen, macht einen auch selbst froh. Eine wahre Geschichte verdeutlicht das vielleicht ganz gut: Als Studentin habe ich mit einem pakistanischen Mann zusammen Pizza gebacken und ausgefahren. 30 Jahre später habe ich ihn nun in Kleinlangheim getroffen, wo er Flüchtlinge unterstützt hat. Er hat zu mir gesagt: 'Petra, ich werde nie vergessen, wie Du mir meine erste Wohnung besorgt hast. Ein bisschen was von der Hilfe damals will ich nun zurückgeben.'
Maruška: Die Politik hat gewusst, was auf uns zukommt – durch dauerhafte Kriege, flüchtende Afrikaner –, aber sie hat die Augen zugemacht...
Maruška: Ja. Wir sind jetzt dauernd unterwegs. Die Aufklärungsgespräche in allen Gemeinden, das Sortieren der Spenden, die Besuche in den vielen Häusern, bei denen man von der Mülltrennung bis zur Funktion der Waschmaschine alles erklären muss... Der Tag müsste eigentlich 48 Stunden haben.
Petra: Maruška rennt – obwohl sie bald 70 wird – wie eine Gedopte. Wir hecheln hinterher. Mittlerweile können wir nur noch die notwendigsten Dinge erledigen, ehe schon wieder neue Leute kommen. Für private Gespräche oder, wie früher, auch mal einen Ausflug bleibt keine Zeit. Zum Glück gibt es in den einzelnen Gemeinden viele hilfsbereite Menschen, die sich sehr für ihre neuen Nachbarn einsetzen.
Petra: Offenheit, Ehrlichkeit und Information. Nichts ist schlimmer als ein uninformierter Mensch. Ein solcher ist unsicher und macht Fehler, was wiederum zu Aggression führt. Wir versuchen, den Neuankömmlingen so viele Informationen wie möglich zu geben, damit sie sich sicher fühlen und selbstständig werden können. 90 bis 95 Prozent aller Flüchtlinge wollen sich aus meiner Erfahrung heraus eine dauerhafte Zukunft in Deutschland aufbauen. Das sind keine Sozialschmarotzer, sonder sie wollen dringend arbeiten. Helfen wir ihnen dabei!
Wer und wo?
Wohnungen: Derzeit leben 348 Asylbewerber im Landkreis Kitzingen. Sie sind verteilt auf verschiedene Häuser in bisher 13 Gemeinden: Kitzingen, Kleinlangheim, Castell, Rüdenhausen, Iphofen, Dettelbach, Obervolkach, Wiesentheid, Herrnsheim, Münsterschwarzach, Mainbernheim, Bibergau und Wiesenbronn. Die meisten Asylbewerber kommen aktuell aus Syrien, gefolgt von den Ländern des Westbalkans.
Ansprechpartner: Wer Maruška Hofmann-Sircelji und ihrem Team helfen möchte, der kann gern Kontakt aufnehmen unter der Telefonnummer 01 51/ 25 51 23 80 (Maruška) . *ldk*