
Sich in den Mittelpunkt zu drängeln war seine Sache nie. Folglich stand auch Gerhard Müllers Ernennung zum Altbürgermeister von Wiesenbronn unter einem unaufdringlichen Stern: Anstelle eines pompösen Festakts versammelte sich ein kleiner Kreis am Dienstagabend im Rathaus.
Müllers Amtsnachfolgerin Doris Paul schien die zurückhaltende Art des Ex-Bürgermeisters auch bei der Organisation von dessen Verabschiedung zu respektieren. Ihm den Ehrentitel des Altbürgermeisters zu verleihen, ließ die Ortschefin sich dann aber doch nicht nehmen.
„Versteht mich da nicht falsch, wenn ich keine große Verabschiedung und Geschenke will“, erklärte sich Gerhard Müller den rund 40 Anwesenden. „Es ist meine Pflicht gewesen, das Amt ordentlich auszuführen. Die Entschädigung, die man dafür kriegt, reicht. Ich erwarte da keine große Verabschiedung.“ Gerhard Müller backt eben kleine Brötchen.
„„Die letzten 36 und besonders die letzten 18 Jahre haben mir einen Riesenspaß gemacht“
Gerhard Müller, neuer Altbürgermeister
Die 18 Jahre, die der SPD-Mann an der Spitze der Winzergemeinde Wiesenbronn gestanden hat, haben dem Politik-Rentner keine große Klappe wachsen lassen. Narzissmus sucht man bei ihm vergeblich. Er gehört zu den Urgesteinen in der Kommunalpolitik. 1972 wurde der heute 65-Jährige für die SPD in den Gemeinderat gewählt. Von 1990 bis April 2008 stand Müller als Bürgermeister an der Gemeindespitze. Eine Zeit, in der viel voran gegangen ist in Wiesenbronn, in der Gerhard Müller aber auch viel einstecken musste – sei es von außen oder auch im Gemeinderat, wo nicht immer nur konstruktiv und sachlich diskutiert wurde. Doch von dem ein oder anderen negativen Erlebnis sollte am Dienstag nicht die Rede sein: „36 Jahre, also weit mehr als die Hälfte deines Lebensalters, warst du ehrenamtlich für unsere Heimatgemeinde tätig. Dafür gilt es heute zu danken“, sagte Müllers Amtsnachfolgerin Doris Paul in ihrer sehr persönlichen Laudatio.
Neben dem Bürgermeisteramt engagierte sich Müller auch als stellvertretender Vorsitzender der VG Großlangheim. In seine Amtszeit fielen außerdem zahlreiche Großprojekte in Wiesenbronn, wie der Neubau des Feuerwehrhauses, die Restaurierung des Rathauses, große Entwicklungen im Gewerbegebiet, sowie die Neuordnung des Friedhofes. „Dass nun deine Frau und Familie sowie deine Hobbies in den Mittelpunkt rücken, ist sicher für beide Seiten eine neue Erfahrung“, sagte Doris Paul und fügte hinzu: „Und eines ändert sich auf alle Fälle: Es ist keine Pflicht mehr, sondern deine freie Entscheidung, ob und wie und in welchem Umfang du dich weiter einbringst.“
Neben Doris Paul richteten auch zahlreiche Vereinsvertreter aus Wiesenbronn ihren Dank an den Ex-Gemeindechef. VG-Vorsitzender und Bürgermeister von Großlangheim, Karl Höchner, würdigte die große Kompetenz Müllers: „Du warst auch für mich eine große Hilfe in meiner Anfangszeit als Bürgermeister. Dein Einsatz, dein kollegiales Verhalten und deine Kompetenz waren sehr hilfreich“, sagte der Ortschef der Nachbargemeinde. Ebenfalls lobende Worte fand Kleinlangheims Bürgermeister Roland Lewandowski für die „kollegiale Zusammenarbeit“ und die „guten Ratschläge“ vom frisch gebackenen Ex-Bürgermeister.
Gerhard Müller selbst verfolgte die Grußworte und Laudationes sichtlich bewegt. Besonders als Doris Paul ihm die Urkunde, die ihm den Ehrentitel „Altbürgermeister“ bescheinigt, zusammen mit einem Wiesenbronner Feierabendziegel überreichte, tat Gerhard Müller sich schwer, seine Rührung zu unterdrücken. Er bedankte sich beim Gemeinderat und den Bürgern für die gemeinsame Arbeit. „Die letzten 36 und besonders die letzten 18 Jahre haben mir einen Riesenspaß gemacht“, versicherte Müller. Und als das Wiesenbronner Urgestein Erna Paul sehr persönliche Worte an Müller richtete, wie „du warst e schö blonds Bübla“ und ihren Vortrag mit einem herzlichen „Dankschön, Nachbar“ schloss, sprang der frisch gebackene Altbürgermeister von seinem Platz auf und nahm Erna Paul in die Arme. Und zu diesem Zeitpunkt war Müller den Tränen sichtlich nahe. Den Tränen der Rührung, versteht sich. Ein Bericht von der Verabschiedung der Wiesenbronner Gemeinderäte folgt.
Zur Person
Gerhard Müller Am 15. September 1942 wurde Gerhard Müller in Wiesenbronn geboren. Von 1972 bis September 2005 arbeitete er im Kitzinger Vermessungsamt als technischer Angestellter. Seit Oktober 2007 ist Müller Rentner. 1972 wurde er erstmals für die SPD in den Wiesenbronner Gemeinderat gewählt, von 1990 bis 2008 stand er als Bürgermeister an der Gemeindespitze. Seit 2002 ist er im Kreistag.