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Kitzingen
Ein Jahr in Uruguay: Ein Kitzinger Austauschschüler erlernt die Gelassenheit
Spanisch lernen – dieser Gedankte stand am Anfang. Und er führte Ferdinand Leybach für ein Jahr in ein bis dahin völlig unbekanntes Land.
Das Ende der Quarantäne in Piripolis zu Beginn des Aufenthaltes wurde gebührend gefeiert.
Foto: Francisco Texeira | Das Ende der Quarantäne in Piripolis zu Beginn des Aufenthaltes wurde gebührend gefeiert.
Jutta Schwegler
 |  aktualisiert: 06.11.2022 02:34 Uhr

Ferdinand Leybach ist eigentlich ein ruhiger Jugendlicher, der gerne im Hintergrund abwartet. Wenn es aber was zu sagen gibt, ist er präsent, meist mit einem spitzbübischen Lächeln auf den Lippen. Er geht ins Armin-Knab-Gymnasium in Kitzingen. Eines Tages überlegte er sich, dass er Spanisch doch wohl am besten in einem Land lernen würde, in dem die Sprache gesprochen wird. Der damals 15-Jährige redete mit seinen Eltern – die waren einverstanden.

"Ein bisschen naiv war ich schon, ich wollte weit weg und wusste nichts von dem Land", sagt Ferdinand heute. Bei der Organisation YFU (Youth for Understanding) bewarb er sich dann um einen Platz für ein halbes Auslandsjahr in Uruguay. Ein Jahr vorher begannen die Auswahlgespräche. Tatsächlich wurde für ihn ein Platz gefunden, bei einem alleinstehenden Mann, der für die Organisation YFU arbeitet.

Ferdinand ließ sich auf das Abenteuer ein, Uruguay ist ein demokratischer Staat mit einer geringen Kriminalitätsrate und gilt als sicheres Reiseland. Der Anfang im fremden Land war dennoch zunächst schwierig: nach der Ankunft mussten er und weitere Gastschüler zehn Tage erst einmal in Quarantäne. In einem Ferienhaus harrten alle die Zeit aus und konnten so bereits engere Kontakte knüpfen.

Langeweile an der Privatschule

Dann zog Ferdinand bei seinem Gastvater in San José de Majo ein. "Anfangs war das nicht so gut, wir hatten einen schwierigen Kontakt zueinander", sagt er, "aber ich wollte nicht gleich aufgeben." Sein Gastvater vermittelte ihm auch eine Privatschule kostenlos, weil er dort arbeitete. Ferdinand besuchte hier die 9. Klasse, die er in Deutschland gerade absolviert hatte. Sehr bald schon langweilte er sich, den Stoff kannte er schon. 

Wieder zuhause trinkt Ferdinand immer noch den Mate-Tee aus Uruguay und erzählt gerne von seiner Zeit in dem Land.
Foto: Jutta Schwegler | Wieder zuhause trinkt Ferdinand immer noch den Mate-Tee aus Uruguay und erzählt gerne von seiner Zeit in dem Land.

Nach zwei Monaten wechselte er dann auf eine öffentliche Schule und besuchte nun die 11. Klasse im naturwissenschaftlichen Gymnasium. "Hier waren die Mitschüler offener und entspannter, ich hatte mehr Kontakte", sagt er rückblickend. Auch der Kontakt zum Gastvater wurde besser, aber immer noch waren die Chats mit den deutschen Freunden sehr wichtig für ihn.

Ein absolutes Highlight erlebte Ferdinand im Dezember, einem der Sommermonate in Uruguay. Er nahm in La Pedrera an einem Camp teil, von seiner Organisation YFU angeboten. Er lernte andere Gastschüler kennen, viele aus Europa, viele aber auch aus den USA. Hier lebten sie am Strand in Zelten, badeten und kochten sich ihr Essen selbst. Ein Ausflug in den Nationalpark Santa Teresa an der brasilianischen Grenze stand an. 

Aufenthalt wurde verlängert

Hier hat er sich auch entschieden, seinen Aufenthalt verlängern zu wollen. Das stieß bei der Organisation zunächst nicht auf Zustimmung, aber Ferdinand ließ nicht locker, kümmerte sich nun selbständig um alle Formalitäten, holte bei seinen Eltern die weitere Zustimmung ein. Und Ferdinand blieb noch bis Mitte Juli in Uruguay, bei dem selben Gastvater. In diesem halben Jahr war er mehr auf sich gestellt, besorgte sich selbst sein Essen, wusch, kochte.

Jetzt besuchte er die 10. Klasse, weil da die Gleichaltrigen saßen. Sein Spanisch war inzwischen sehr gut geworden, abends ging er gerne mit Freunden aus, das Leben wurde bunter für ihn. Hier gewöhnte er sich auch an den Mittagsschlaf, der in Uruguay üblich ist, "man hat dann mehr Reserven zum Feiern abends", sagt er lachend, oft wird abends in Uruguay bei den "Asados" gegrillt. Als einziger Junge spielte er in der Mädchenmannschaft Handball, da alle Jungs in Uruguay Fußball, eventuell noch Basketball spielen.

Ein Ausflug zum Fluss San José, im Süden Uruguays gelegen, ließ Ferdinand das Land kennen lernen.
Foto: Fabián Sierra Golombievsky | Ein Ausflug zum Fluss San José, im Süden Uruguays gelegen, ließ Ferdinand das Land kennen lernen.

Woran er sich nicht gewöhnen wollte, war die gewisse Anspruchslosigkeit und Gleichgültigkeit, die den Menschen in Uruguay zu eigen ist. Eine gewisse Coolness hat er erlangt, seine Naivität verloren. Er liebt immer wieder Herausforderungen, stürzt sich gerne rein, hat den Jagdschein gemacht, ist bei der Jugendfeuerwehr der Truppmann, spielt Schlagzeug und schmilzt in der Gituma-Gruppe am AKG Metalle.

Im Nachhinein sagt er, dass sich das Jahr in Südamerika auf jeden Fall gelohnt habe, ihm die Erfahrung im Alltag hier nützlich sei, weshalb er an Weihnachten er wieder nach Uruguay fliegt – diesmal aber mit der ganzen Familie.

 
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