
„Ein gerettetes Tier verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt verändert sich für das Tier.“ Was für viele Menschen einer Phrase gleichkommt, ist für Simone Dietrich und Horst Büchs zum Lebensmotto geworden. Auf ihrem fünf Hektar großen Hof im Oberscheinfelder Ortsteil Prühl geben sie alten, verletzten, missbrauchten und dem Tod geweihten Tieren eine Heimat. Ehrenamtlich. Aus freien Stücken. Mit viel finanzieller Eigenleistung. Vor allem aber mit ihrer Zeit. „Wenn ein verstörtes, traumatisiertes Tier wieder Lebenswillen und Vertrauen entwickelt, ist das der größte Lohn“, sagt Simone Dietrich – und freut sich trotzdem darüber, dass der eigens gegründete Verein „Tierheimat SIHO Ranch e.V.“ jetzt mit dem „Helping Vets“-Preis ausgezeichnet wurde.
Wie dankbar sie dem Ehepaar für ihre Hilfe sind, zeigen die Tiere täglich. Esel „Bounty“ reibt zärtlich seine Schnauze an Simones Rücken, Hündin Mia macht Männchen, um auf den Arm genommen zu werden und der blinde Joe, ein bildschöner, dreifarbiger Appaloosa Wallach, tritt bereitwillig zur Seite, als seine Stallwirtin mit der Schaufel kommt. „Das ist der Grund, warum wir morgens aufstehen.“ Sie lacht. „Und ich meine nicht das Ausmisten.“
Obwohl die beiden sehr früh am Morgen aufstehen. Wenn um 5.30 Uhr der Wecker klingelt, reicht die Zeit zunächst nur für einen schnellen Kaffee – der Hunger der Tiere ist größer als der eigene. Zwei Stunden dauert es, bis die gut 67 Tiere, die aktuell auf dem Hof leben, gefüttert sind. Es sind Katzen, Hunde und Hühner dabei, aber auch Ziegen, Minischweine, ein Hausschwein, Esel, Ponys und Pferde. Jeder hat andere Ansprüche, andere Gewohnheiten.
Berufung nach Dienstschluss
Und so reicht es nicht, ein oder zwei Mal am Tag Heu, Wasser und Frisch- oder Trockenfutter zu bringen. „Die Esel würden sich völlig überfressen“, weiß Horst Büchs. Und so befüllt er alle drei bis vier Stunden die Tröge, Säcke und Wannen aufs Neue. Machbar für ihn, der Frührentner ist und „nebenbei“ noch Hausmeisterdienste in der Firma seiner Frau erledigt. Simone Dietrich ist bei der Kitzinger Firma Drykorn als Assistentin der Geschäftsführung in einem Vollzeitjob beschäftigt – ihrer Berufung folgt sie nach Dienstschluss. Um 22.30 Uhr sind schließlich alle Tiere versorgt und ein sehr langer Tag kann zu Ende gehen.
An den Wochenenden sieht es nicht anders aus. Es wird ausgemistet, gebürstet und gewienert, Arzt- oder andere Termine stehen an. „Ich weiß gar nicht, wann wir das letzte Mal beim Essen oder im Urlaub waren“, sagt Simone Dietrich und spricht damit nicht nur den zeitlichen, sondern auch den finanziellen Aspekt an. Mit ihrem Partner führt sie ein sehr sparsames Leben, investiert alles in ihre Ranch – und ist dennoch auf Unterstützung angewiesen.
Deshalb gründete sie 2021 auch den Verein „Tierheimat SIHO Ranch e.V.“. Mit Hilfe von Mitgliedsbeiträgen, Tierpatenschaften und Spenden stemmt das Paar zum Beispiel die monatlichen Grundkosten von etwa 1800 Euro, um die Tiere mit Heu, Stroh und Futter zu versorgen. Alles Außerplanmäßige kommt obendrauf – und der mit 2000 Euro dotierte Preis des Heilmittel-Herstellers „Heel Veterinär“ darum auch gerade recht.
Es ist aber nicht nur die finanzielle Unterstützung, auf die Simone Dietrich und Horst Büchs angewiesen sind. Vier ehrenamtliche Helferinnen packen inzwischen mit an, vor allem am Wochenende, aber auch bei größeren Projekten wie zum Beispiel der Erneuerung der Zäune. Das sind nämlich einige. Fünf Hektar misst das Gelände in Prühl, das die beiden im Jahr 2013 bezogen haben.
„Glücksbringer“
An ihrem vorherigen Standort in Brünnau lief die Pacht aus, bei den Neuverhandlungen wurden sich die Parteien nicht einig. Und so begaben sich Simone und Horst auf die Suche nach einem neuen Domizil. An die 30 Höfe wurden besichtigt, keiner genügte den Ansprüchen – bis sich Moni Ertl meldete. Jahrelang hatte die Prühlerin mit ihrer Familie und später mit ihrem Mann das ganze Herzblut in den Hof in der Hauptstraße gesteckt. Er sollte mit genauso viel Liebe weitergeführt werden, deshalb erhielten die Tierfreunde den Zuschlag. „Wir bieten unserer tierischen Familie ein Zuhause zum Wohlfühlen und Altwerden“, erklärt Simone Dietrich. Der Verein vermittelt die Tiere aber auch weiter. „Wir haben inzwischen ein großes Netzwerk. Viele kommen auf uns zu, fragen um Rat oder bringen uns Tiere, die wir natürlich nicht alle selbst annehmen können. Wir sind ja keine Tier-Messis“, betont sie. „2021 haben wir zum Beispiel 30 Katzenkinder aufgepäppelt und vermittelt. Die Tiere in gute Hände zu übergeben, war und ist oberstes Ziel.“
Mit den „Glücksbringern“ haben SIHO ein weiteres Herzensprojekt ins Leben gerufen: Seit 2021 machen sie behinderte und alte Menschen glücklich, indem sie die Einrichtungen mit ihren Tieren besuchen. „Wenn wir mit unseren Ponys, Hunden und manchmal auch Schafen Leben und Abwechslung in den oft sehr monotonen Alltag bringen können, ist das die größte Freude für uns.“ Und auch die Tierschutzarbeit mit Kindern liegt dem Verein sehr am Herzen. „Wir besuchen mit unseren Tieren Kindergärten und Schulen, um mit den Kindern über die Bedeutung von Tierschutz, insbesondere aber auch über den richtigen Umgang und eine artgerechte Haltung von Tieren zu sprechen.“ Gleiches gilt, wenn sie für Geburtstags- und Familienfeiern auf ihre Ranch einladen. So haben Mensch und Tier nicht nur ihren Spaß und genießen ausgiebige Streicheleinheiten. Simone Dietrich und Horst Büchs leisten spielerisch Präventionsarbeit. Das eigentliche Ziel ist es schließlich, das Aussetzen, Misshandeln und Quälen von Tieren zu verhindern – und damit zumindest ein kleines Stück Welt zu retten.
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