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KITZINGEN
Ein Facebook-Video gegen die Eskalation
Beim Polizeieinsatz vor der Asylbewerberunterkunft in Mainstockheim verschwanden die 24 jungen Männer rasch im Haus.
Foto: Diana Fuchs | Beim Polizeieinsatz vor der Asylbewerberunterkunft in Mainstockheim verschwanden die 24 jungen Männer rasch im Haus.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 03.12.2019 08:41 Uhr

Als es am Sonntag in Kitzingen zu einer Auseinandersetzung samt Messerstecherei zwischen Asylbewerbern aus Mainstockheim und türkischen Jugendlichen kam, kochten die Emotionen hoch, die Gerüchteküche brodelte. In den sozialen Netzwerken machte sich die Falschmeldung breit, das türkische Opfer sei gestorben.

Die Polizei fürchtete das Schlimmste – und versuchte, vor Ort die Gemüter zu beruhigen. Der Kitzinger Adem Can, ehemaliger Jugendbürgermeister von Kitzingen und Inhaber einer Tanzschule, war vor Ort und trug mit seinem Video per Facebook zur Beruhigung seiner Landsleute bei. Dazu Fragen an den 28-Jährigen.

Frage: Wie kam es zu dem Facebook-Interview mit der Polizei?

Adem Can: Als ich von der Messerstecherei erfuhr, war ich in Buchbrunn. Die Nachricht lautet sinngemäß: 'Ein Türke ist erstochen worden'. Daraufhin wollte ich mich erkundigen, ob ich das Opfer kenne und bin nach Kitzingen gefahren. Es hätte ja auch jemanden aus meiner Familie oder einen Freund treffen können. In Kitzingen sah ich dann am Kolosseum einen Polizeibus und viele türkische Mitbürger stehen.

Was passierte dann?

Can: Ich hielt an und stellte mich dazu. Überall hieß es: Ein Asylbewerber hat einen Türken erstochen! Die Polizei versuchte, die türkische Bevölkerung aufzuklären, dass niemand gestorben ist. Damit keiner auf die Idee kommt, unüberlegte Sachen zu machen. Ich habe versucht, die Nachricht auf türkisch sowie auf deutsch zu kommunizieren. Hartnäckig hielt sich jedoch, dass der türkische Junge gestorben ist. Daraufhin habe ich den Vorschlag gemacht, die Wahrheit schnellstmöglich zu verbreiten, damit nichts eskaliert. Ein Polizist meinte, dass ich das Video mit ihm machen und auf Facebook stellen kann.

Das Video sollte zur Beruhigung beitragen – hat das geklappt?

Can: Auf alle Fälle. Bei mir riefen auch viele Leute an und haben nach Infos gefragt. Das war in diesem Moment die wichtigste Nachricht: Dass der Junge nicht in Lebensgefahr ist – damit alles ruhig bleibt.

Wie viele Leute hat das Video erreicht, welche Reaktionen gab es?

Can: Die Zahlen steigen stündlich. Die Videoaufrufe lagen nach 15 Stunden bei mehr als 23 700 Zugriffen, geteilt wurde das Video 530 Mal.

Wie gefährlich war die Lage? Hatten Sie das Gefühl, dass da irgend etwas eskalieren könnte?

Can: Es ist ja bekannt, dass mehrere Gruppierungen in den Tagen zuvor schon 'Aufstände' in Mainstockheim versucht hatten. Für mich war es wichtig – egal welcher Gruppierung oder Nationalität man angehört – dass alles ruhig bleibt. Dass man erst mal den Kern der Geschichte erkundet. Ich habe einfach nur gehofft, dass nicht die falschen Leute falsche Informationen bekommen – wer weiß, was dann passiert wäre.

Was hat Sie bei den Reaktionen auf das Video am meisten überrascht?

Can: Es kann einem schon anders werden, wenn man sieht, welche Bedeutung die sozialen Netzwerke haben und welcher Missbrauch möglich ist. Ich kann das alles noch nicht ganz zuordnen. Was mich überrascht hat: die mangelnde Bildung. Wenn ich manche Beiträge sehe, wird mir schlecht! Hier sieht man, wie wichtig Prävention ist. Die Neonazis lauern hier auf ihre Chance und stiften Unruhe. Durch Fehlinformationen kann es zum Bürgeraufstand kommen – das muss man sich mal vorstellen.

Sie würden also alles wieder genau so machen?

Can: Dass sich mein Video so schnell verbreitet hat, fand ich toll. Ich denke, dass war der richtige Weg. Durch meine Nationalität, meine Integrationsstellung, meine ehemalige Stellung als Jugendbürgermeister und meinen Bekanntheitsgrad habe ich mich dazu verpflichtet gefühlt.

 

Aufruf der Polizei an alle türkischen Mitbewohner! Christof Grütz Frank Weichhan Main-Post Siegfried Müller Özg Ak de Mir Fatih Celik Christian Wolz Wolfgang Popp Hasan Özdemir Alexander Illi Ditib Kitzingen Camisi Haberal Kitzingen

Posted by Adem Can on Sonntag, 26. Juli 2015
 
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  • P. K.
    hat beispielhaft gehandelt. Solche Leute brauchen wir, keine Parolenschreier und Hetzer.
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