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Kitzingen
Ein "enorm aggressiver" 18-Jähriger auf Polizistenjagd: Party in einsamer Hütte eskaliert
Aus dem Gericht: Ein Fußtritt gegen den Kopf eines Kumpels und ein erbitterter Nahkampf mit der Polizei – wie eine Geburtstagsfeier aus dem Ruder lief.
Eine ausufernde Feier zum 18. Geburtstag in der Corona-Zeit brachte jetzt einen jungen Mann in Kitzingen vor Gericht. 
Foto: Patrick Pleul, dpa | Eine ausufernde Feier zum 18. Geburtstag in der Corona-Zeit brachte jetzt einen jungen Mann in Kitzingen vor Gericht. 
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 03.03.2024 02:35 Uhr

Es gab da diese Hütte. Ein bisschen abseits gelegen, weshalb sich auch in Corona-Zeiten dort relativ unbemerkt feiern ließ. Es waren ausufernde Feten, auch weil sonst nichts los war. Am Ende kam es vor, dass sich alle mit Corona infiziert hatten. Die Jugendlichen ließen es an den Wochenenden exzessiv krachen, der Alkohol floss in Strömen. So wie im Februar 2022, als ein junger Mann seinen 18. Geburtstag nachfeierte. Es soll ein denkwürdiger Abend werden.

Gegen 1 Uhr geraten zunächst der Gastgeber und ein Kumpel in Streit. Als der Kumpel zu Boden geht, tritt der 18-Jährige gegen den Kopf des anderen. Genauer: Das Auge bekommt einen Treffer ab. Wenig später trifft die wegen der Auseinandersetzung herbeigerufene Polizei ein. Die Lage hat sich zu diesem Zeitpunkt wieder beruhigt, und die Beamten wollen gerade den Rückzug antreten, als aus der Dunkelheit eine Gestalt auf die Streife zurennt – mit erhobenen Fäusten und wüsten Drohungen. Es ist der 18-Jährige, der anscheinend seine Party gefährdet sieht und nun meint, seinerseits für Recht und Ordnung sorgen zu müssen.

Der versuchte Sprung aus dem Polizeiauto

Die Polizisten müssen sich in den Nahkampf mit dem Angreifer begeben. Dieser sperrt und windet sich nach Kräften. Zwei weitere Streifen werden angefordert. Es dauert, bis der 18-Jährige fixiert ist – unter Kontrolle ist er deshalb noch lange nicht. Selbst auf der Fahrt zur Dienststelle wehrt sich der Wüterich weiter, versucht sogar aus dem Auto zu springen. Dabei schnappt er mit dem Mund immer wieder nach der Hand eines Beamten, um diesen in die Finger zu beißen.

Zwei Jahre später, vor dem Kitzinger Jugendrichter Wolfgang Hülle, gibt der junge Mann an, dass er sich kaum noch an den Abend erinnern könne. Er bestreitet aber nicht, dass sich alles so zugetragen hat, wie es die Anklageschrift auflistet. Dafür können sich die Polizisten umso besser erinnern: wie "enorm aggressiv" der Angreifer war, dass mehrfach sogar der Einsatz von Pfefferspray und des Teleskop-Schlagstocks angedroht werden musste. 

Ein weiterer Angriff auf Polizisten mit Beleidigungen

Einer der Beamten hatte ein Jahr zuvor schon eine ähnlich denkwürdige Begegnung mit dem jungen Mann. Auch damals wurde die Polizei angegriffen, und es hagelte Beleidigungen. Auch damals musste der Angeklagte vor dem Kitzinger Jugendrichter antreten, wobei das Verfahren seinerzeit gegen Zahlung von 1000 Euro an das BRK eingestellt wurde. Und während der 18-Jährige das Geld abstotterte, gab es den jetzt angeklagten Vorfall bei der Geburtstagsfeier.

Kein gutes Gesamtbild also. Die Verteidigerin bemüht sich deshalb auch, die Dinge einzuordnen. Man müsse die "sehr belastende Corona-Zeit" sehen. Gerade junge Leute hätten sich "schwer getan, mit den Beschränkungen umzugehen". Ihr Mandant schäme sich inzwischen für sein damaliges Verhalten und habe "eine 180-Grad-Wendung hingelegt". Er konnte eine Ausbildung erfolgreich beenden, der Betrieb habe ihn übernommen. Zur Stabilisierung nehme er freiwillig an Therapiesitzungen teil. Er baue sich gerade – wenn auch mit einiger Verspätung – etwas auf.

Schmerzensgeld und eine kaputte Motorhaube

Und auch damit lässt sich punkten: Die Schäden aus der damaligen Nacht sind beglichen. Ein verletzter Polizist bekam 600 Euro Schmerzensgeld. Der bei der Festnahme entstandene Schaden von 2300 Euro an der Motorhaube des Dienstwagens wurde ebenfalls beglichen.

Auch der Vertreter des Jugendamtes hat viel Lobendes über den Angeklagten zu sagen. Der Vorfall liege zwei Jahre zurück, inzwischen habe sich der junge Mann stabilisiert und "deutlich positiv entwickelt". Er trinke kaum noch Alkohol, habe den Freundeskreis gewechselt. "Die Hochphase der Pubertät" sei vorbei, wobei bei dem Angeklagten wegen einer "verzögerten Reifeentwicklung" alles etwas länger gedauert habe. Der Vorschlag des Jugendamtes: eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht, wobei eine Geldstrafe ausreichend sei.

Das Gericht schließt sich dem an: Weil der 18-Jährige jetzt aus dem Gröbsten raus sei und er den richtigen Weg eingeschlagen habe, reiche eine Geldstrafe von 1500 Euro – einem knappen Monatslohn – in diesem Fall aus. Über den Geldregen darf sich der Kitzinger Kreisjugendring freuen. 

 
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