Das Franziskanerkloster in Dettelbach hat eine lange Geschichte hinter sich. Seit mehr als 400 Jahren thront es über der Stadt und ist weithin sichtbar. Doch das Kloster steht leer, seit 2017 die Franziskaner Dettelbach verlassen haben. Die Diözese Würzburg hat das Areal gekauft und seitdem ist unklar, wie denn die Zukunft der historischen Mauern aussieht.
Ursprünglich war geplant, Archiv und historische Bibliothek hier unterzubringen, das war aber nicht möglich. Seitdem sind die Tore verschlossen, die Stadt hat bereits halblaut überlegt, das Gebäude selbst zu übernehmen. Aber auch dann bleibt die Frage, was künftig hinter den dicken Mauern stattfinden soll.
Um diese Frage möglichst umfassend zu beantworten haben sich die Dettelbacher Hilfe geholt: der Verein Zukunft Kultur Raum Kloster e.V. nimmt sich leer stehender Klosteranlagen in ganz Deutschland an. Die dort gebündelten Experten aus Architektur und Kunst überlegen, wie den alten Gemäuern neues Leben eingehaucht werden kann und behalten dabei die Situation vor Ort im Blick. Im Fall Dettelbach haben sie zunächst einen Tag lang die Stadt in all ihren Facetten kennengelernt und dann zusammengetragen, wie all das mit dem Klostergebäude in Einklang gebracht werden kann.
Am Sonntagnachmittag präsentierten sie in der Wallfahrtskirche ihre Ergebnisse. Bürgermeister Matthias Bielek stellte dabei eines klar: Es gebe an diesem Nachmittag kein fertiges Rezept. Im Gegenteil, alle Ideen seien zunächst als Visionen entwickelt worden. "Wir konnten erstmal völlig frei denken", erklärte auch Ulrike Rose, die Vorsitzende des Vereins.
Kreativ und frei von Zwängen
Völlig frei heißt hier vor allem: Um lästige Dinge wie Finanzierung, Sanierung, Genehmigung mussten sich die Beteiligten erst einmal keine Gedanken machen. Umso kreativer konnten sie ihren Gedanken natürlichen freien Lauf lassen. Vier mehr oder weniger konkrete Vorschläge kamen am Ende dabei heraus.
Beispiel: das kreative Rathaus. Peter Haimerl, Architekt und Hochschulprofessor aus Linz, stellte zusammen mit Christian Baumgart, ehemaliger Stadtbaurat aus Würzburg, die Idee vor. Ihnen schwebt vor, parallel zum Rathaus als Ort der Verwaltung, einen kreativen Ort für die Bürger der Stadt zu schaffen. Hier wäre Platz für Ausstellungen, Gartenprojekte oder auch Büros für Firmen.
Jede Gelegenheit nutzen
Entscheiden hierfür sei vor allem die Kreativität der Menschen vor Ort. Christian Baumgart forderte die anwesenden Dettelbacher ausdrücklich auf: "Nutzen Sie jede Gelegenheit in das Kloster zu schauen! ´" Dies solle in Zukunft auch einfacher werden – bisher waren die Tore des Klosters nämlich fest verschlossen.
Beispiel: der lebendige Kraftort. Die Designerin Nicola Bromigk und Artdirektor Nils Holger Moormann erlebten das Kloster in diesen Tagen als Kraftort und möchten, dass das auch so bleibt. Sie schlagen viele verschiedene Nutzungen vor, die alle dem Motto "Reduktion als Gewinn" unterliegen. Das kann eine einfache Gastronomie im Erdgeschoss sein, ein Kräutergarten für Bürger, der Garten und Innenhof als Ort für Konzerte und Kulturveranstaltungen und die Räume im ersten Stock könnten einer Akademie Platz bieten, samt Übernachtungsmöglichkeit. Das Ziel laut Moormann: "Da muss Leben rein, einfach – aber von hoher Qualität."
Heimat für Vereine
Beispiel: das offene Haus. Kulturwirtin Stefanie Praml vom Verein Zukunft Kultur Raum Kloster stellte ein offenes Konzept vor: Mit einem Erdgeschoss, in dem örtliche Gruppen und Vereine eine Heimat finden oder wo es Platz für Weinproben gibt. Eine Pilgerherberge mit Schlafsälen im ursprünglichen mittelalterlichen Stil kann sie sich ebenso vorstellen wie ein Restaurant oder Café. Sie möchte eine Anlaufstelle für alle Generationen schaffen, mit gemeinschaftlich genutztem Garten und einem Platz für die Jugend.
Beispiel: Knotenpunkt der Altenhilfe. Alexander Schraml war als Experte in Sachen Altenhilfe anwesend und stellte seine Ideen vor, wie das Kloster für Senioren genutzt werden könne. So sieht er im Erdgeschoss eine inklusive Gastronomie, bei der ein Wohlfahrtsverband der Träger ist. Ebenso soll Platz für örtliche Gruppen sein, der Innenhof können für Kulturveranstaltungen genutzt werden. Im Obergeschoss könnte eine Herberge oder Tagungsräume unterkommen. Wichtig für ihn: Die Diözese als Eigentümer dürfe nicht aus der Verantwortung entlassen werden.
Ist ein Pflegeheim möglich?
Er hatte sich auch Gedanken gemacht, ab das Gebäude als Pflegeheim genutzt werden könne. Praktische Gründe sprächen hier dagegen: Zu viele Umbaumaßnahmen seien notwendig um die alten Gemäuer barrierefrei zum bekommen: "Alte Architektur und Pflege passen nicht zusammen." Stattdessen können er sich aber einen unmittelbar angrenzenden Neubau vorstellen, der Pflegeplätze, Tagespflege, betreutes Wohnen und vieles mehr beheimatet – und die unmittelbare Nachbarschaft zum Kloster nutzt.
Diözese ist am Zug
Wie kann es nun konkret weitergehen? Am Sonntag wurde vor allem klar: Der Ball liegt nun im Feld der Diözese. Finanzdirektor Andreas Hammer war ebenfalls anwesend und hatte die undankbare Aufgabe, die allgemeine Euphorie ein wenig zu dämpfen. Schon einige Interessenten hätten bei der Diözese vorgesprochen, erklärte er, aber noch keiner habe ein tragfähiges schriftliches Konzept vorgelegt. Und ohne das wolle man das Gebäude nicht verkaufen.
Pfarrer Uwe Hartmann, der derzeit in der Pfarrei Dettelbach ist, betonte, es sei vor allem wichtig, die Tore zu öffnen. Viele Dettelbacher haben seit Jahren das Kloster nicht von innen gesehen. Eine Idee der Expertenrunde: Die Diözese überlässt der Stadt das Kloster für ein bis zwei Jahre in Pacht. In der Zeit könne man probieren, was geht und was nicht und sich im Anschluss den Kauf überlegen.
Ob sich die Diözese darauf einlassen kann, ging am Sonntag nicht hervor. Bürgermeister Matthias Bielek zeigt sich jedenfalls zuversichtlich, dass das Wochenende ein Startschuss für eine kreative und mutige Zukunft war. Er habe gelernt: "Erstmal groß denken, klein wird es von alleine". Wie klein, das liegt in der Hand der Diözese und des Stadtrates.