
"Es war Liebe auf den ersten Blick", sagt Claudia Jehn. Sie sah das Haus am Birklinger Hof 3 in Dettelbach und wusste sofort: "Das ist es!" Dabei hat sie das kleine Haus nur auf einer Makler-Seite im Internet gesehen. "Eigentlich habe ich immer gedacht, irgendwann gehe ich zurück nach Wien", sagt sie.
Jetzt also Dettelbach. Ganz neu ist ihr die Gegend nicht. Sie kommt aus Fulda und hat in Würzburg Lebensmittelchemie studiert. Und noch ist das kleine Haus in der Altstadt auch nur der Zweitwohnsitz. Die Kinder sind flügge geworden, ihr pflegebedürftiger Vater ist gestorben und als Selbstständige ist es für sie fast egal, wo sie arbeitet. "Meine Zeit in Dettelbach wird immer länger", sagt die 52-Jährige und lächelt. Was auch daran liegt, dass sie und ihr Mann das direkt anschließende Haus am Birklinger Hof 1 gekauft haben. Jetzt ist der Platz da, den Jehn braucht, um sich dauerhaft in Franken niederzulassen.
Mit dem Umbau erfüllt sich großer Traum

"Wir haben alles selber gemacht", erklärt sie stolz. Mit dem Umbau erfüllte sie sich einen großen Traum. Denn eigentlich wollte sie Architektur studieren. Ihr Vater, selbst Architekt, war aber total dagegen. "Er hätte mir das Studium nicht bezahlt", blickt sie zurück. Also Lebensmittelchemie. "Das mache ich gerne, aber Architektur wäre es gewesen." Diesen Traum lebt sie jetzt in Dettelbach aus. Das schmale Haus, in das sie sich verliebt hat, war allerdings schon saniert, als sie und ihr Mann es gekauft haben.
Die Käuferinnen können das Haus nicht halten
Das Einzeldenkmal aus dem Jahr 1520 – eines der ältesten Häuser Dettelbachs – war so zerfallen, dass die Stadt den Eigentümern die Auflage machte, das Gebäude zu sichern. Daraufhin wurden die Fassade und das Dach saniert und das Haus an zwei Damen aus Hessen verkauft. "Sie haben mit sehr viel Liebe zum Detail das Haus innen hergerichtet", erzählt Jehn. "Doch sie konnten das Haus nicht halten." Dann traf Amors Pfeil Jehns Herz und im Jahr 2014 kaufte Familie Jehn das Haus.
Etwa 120 Quadratmeter hat der alte Stall – verteilt auf drei Stockwerke. Um Platz zu haben, wurden alle nicht benötigten Wände entfernt. Das Ergebnis: ein lichtdurchfluteter Wohn-Ess-Bereich und ein helles großes Schlafzimmer mit urigen Balken. Zum (Wohn-)Glück fehlte nur ein kleiner Hof oder Garten. Deswegen ließen die Jehns im ersten Stock, hinten am Haus, einen Balkon anbauen. Doch wohin mit Gästen und Besuchern? "Am Anfang haben unsere Kinder auf einem Zwischenboden im Bad geschlafen", erinnert sich Jehn. "Über die Leiter hoch, das machte ihnen schon Spaß."
Vom Balkon aus geht es ins Nachbarhaus

Jetzt haben sie es deutlich bequemer. 2015 stand das Nachbarshaus am Birklinger Hof 1 zum Verkauf. Claudia Jehn war gleich Feuer und Flamme. "Das ist nicht dein Ernst", war der Kommentar ihres Mannes als er zum ersten Mal in dem verdreckten Haus stand. Doch sie sah das Potenzial. "Und er hat mir vertraut", erzählt sie bei einem Hausrundgang. Über den Balkon gibt es nun einen direkten Zugang zum Haus am Birklinger Hof 1. Vielleicht dort einmal eine Ferienwohnung entstehen, doch jetzt genießen erstmal die Kindern den Platz, der ihnen zur Verfügung steht. Die anfängliche Skepsis "Was wollt ihr denn da?" ist Begeisterung gewichen. "Sie kommen gerne mit ihren Freunden zum Feiern", sagt die Mutter lachend.

Platz genug ist in dem Haus, das wahrscheinlich ins 18. Jahrhundert zurückreicht. So viel sogar, dass Claudia Jehn unter dem Dach zwei Zimmer zur Ankleide machte. Und dann noch das überzeugendste Argument für ihren Mann: der doppelstöckige Dachstuhl. Dieser soll zur Bibliothek ausgebaut werden. "Aber das dauert noch", sagt Jehn. Fertiggestellt ist hingegen das Erdgeschoss. Im Fruchtkeller wird mit der Familie gefeiert, im Herrenzimmer die ein oder andere Zigarre gepafft. Und zu den Dettelbacher Adventsstationen öffnet Jehn immer wieder die Tore, um Kunst, Kitsch, Krempel und Glühwein an den Mann zu bringen.
Es sind weiter noch gute Ideen gefragt
Drei Jahre lang hat sie entrümpelt, Böden entfernt, gestrichen, tapeziert und alle Arbeiten erledigt, die während eines solchen Umbaus anfallen. Leidtragender: ihr Rücken. "Ich mache jetzt erstmal nichts mehr", sagt sie. Mal sehen, denn eigentlich will sie ja noch einen Übergang zwischen den zwei Häusern im Erdgeschoss. Aber so einfach ist das nicht. Da sind noch einige gute Ideen gefragt. Genau das Richtige für Jehn, die ihre architektonische Leidenschaft am Birklinger Hof auslebt. War sie früher ein Fan von modernen, neuen Häusern, reizen sie jetzt Altbauten. "Ich wollte ein Haus mit Seele." Gefunden hat sie es in Dettelbach und es war Liebe auf den ersten Blick.