Zehn Monate Freiheitsstrafe, keine Bewährung: Das ist die Quittung, die das Amtsgericht einem 39-Jährigen für einen Vorfall präsentiert hat, der als „Amokfahrt“ in die Schlagzeilen kam. Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, nennen die Juristen das, dazu fahrlässige Körperverletzungen, Nötigung und Fahren ohne Fahrerlaubnis.
Bewährung ausgeschlossen
Vor allem die massiven Probleme, die ein Unfallopfer heute noch plagen, schlossen eine Bewährung für den stark betrunkenen und mehrfach vorbestraften Mann aus: „Das Vertrauen in die Rechtsordnung lässt eine Bewährung nicht zu“, sagte Richter Peter Weiß in der Urteilsbegründung.
Folgen greifbar
Die Folgen des Zusammenpralls für eine 20-Jährige waren greifbar. Richter Weiß bot der um Fassung ringenden Frau an, auf ihre Aussage zu verzichten. Das wollte sie nicht, auch wenn sie den Angeklagten nicht anschauen konnte. Die Frau war im Mai 2016 mit ihrem Freund auf dem Nachhauseweg, als es in Großlangheim passierte. Ein unbeleuchtetes Auto fuhr aus der Rödelseer Straße in den Golf des Pärchens. Was danach folgte, machte den Unfall zur „Amokfahrt“. Der Unfallverursacher setzte sein Auto mehrfach zurück und rammte den Golf.
Todesangst
Diese Aktion hatte Wirkung auf die junge Frau. Eingesperrt auf dem Beifahrersitz, keine Chance rauszukommen und die Stöße. „Ich hatte Todesangst“, sagte die Frau, die dem Mann im anderen Auto in die Augen geschaut hat. „Ich werde den Blick nie vergessen“, sagte sie: „Da war Wut, da war Hass, ich weiß es nicht“. Dann war die Polizei da. Mit gezückten Waffen holten sie den Mann aus dem Auto.
Panikattacken
Noch heute hat die Frau Panikattacken, kann nur mit offenem Fenster Auto fahren. Aufzüge benutzen geht nicht. Sie versucht, alles mit Hilfe von Therapeuten zu verarbeiten. Bisher nicht erfolgreich. Zu den psychischen Problemen kommen Nackenschmerzen, Schwindel und Hörschwierigkeiten. Alles ist kaum besser geworden. Als sie ihre Aussage gemacht hatte, ging sie, ohne einen Blick auf die Anklagebank.
Alles eingeräumt
Da saß der heute 39-Jährige, der das Leben der jungen Frau in einem Augenblick verändert hat. Selbst sagte er so gut wie nichts. Dafür ließ er über seinen Rechtsanwalt alles einräumen. Danach hat sich der Mann nach einem Streit mit seiner Lebensgefährtin betrunken ins Auto gesetzt und zuvor angedeutet, auf der Autohahn gegen einen Laster fahren zu wollen. Suizidgefahr. Die Frau informierte die Polizei. Die rückte sofort aus.
Den Gang nicht gefunden?
Gefunden hat sie den Mann gegen 22 Uhr in Großlangheim. Zuvor hatte der Mann einen Autofahrer fast von der Straße gedrängt und genötigt. Dann der Zusammenstoß auf der Kreuzung. Den ersten Aufprall räumte der Mann ein. Die weiteren Rammstöße ließ er damit erklären, dass er sich in seinem Zustand verschaltet habe.
Über 2,1 Promille
Den Zustand erklärte ein Gutachter. Über 2,1 Promille Alkohol hatte der Mann gegen 22 Uhr im Blut, Reste von Cannabis wurden zudem gefunden. Passiert ist alles in einer depressiven Phase. Die Familie verloren, Stress mit der neuen Lebensgefährtin, daher der Griff zur Schnapsflasche. Der Mann hat Alkohol- und Drogenprobleme. Seit Mitte der 90er Jahre haben sich 17 Vorstrafen im Bundeszentralregister angesammelt. Mehrfach war er in Behandlung, aus stationär, Rückfälle eingeschlossen. „Eine verminderte Schuldfähigkeit“, attestierte ihm der Gutachter.
Noch nicht rechtskräftig
Aber auch das reichte nicht für eine Bewährung. Ob der Mann, der inzwischen zu seiner Familie zurückgekehrt ist, einen festen Job hat, aber sein Alkoholproblem immer noch nicht nachhaltig angeht, ins Gefängnis muss, steht noch nicht fest. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.