Im Bahnhof Markt Einersheim brennt nachts noch Licht. Personenzüge halten dort zwar schon lange nicht mehr, doch in einem kleinen Vorbau sitzt der Fahrdienstleiter vor einem Pult mit Dutzenden Knöpfen. Er stellt die Weichen und Signale für die Züge zwischen Iphofen und Markt Einersheim. Jeden Tag und jede Nacht. Rund um die Uhr. Am 26. Juni um kurz vor Mitternacht wird der diensthabende Mitarbeiter der Deutschen Bahn (DB) seinen letzten Knopf an diesem Stellpult drücken.
In der Nacht auf den 27. Juni endet in Markt Einersheim eine Ära. Dann wechselt die DB vom analogen zum sogenannten Elektronischen Stellwerk (ESTW). Die alte Schaltweise mit Relais hat ausgedient. Zur Bedienung ist künftig kein Personal vor Ort mehr nötig. Der neue zuständige Fahrdienstleiter sitzt in einem kreisrunden Gebäude im fernen München, in der Betriebszentrale (BZ) der DB.
Mehr als 11 000 Züge in Bayern
Mehr als 11 000 Züge pro Tag werden von dort gesteuert – seit 2013 schon auf dem Abschnitt zwischen Rottendorf und Iphofen. Der soll nun bis Neustadt an der Aisch ausgedehnt werden. Die Bahnlinie zwischen Rottendorf und Fürth ist damit durchgehend modern ausgerüstet. Dazu nimmt die Bahn bis Ende Juni neben Markt Einersheim schrittweise die noch besetzten Stellwerke in Markt Bibart und Neustadt vom Netz.
Mit der ESTW-Technik will die DB ein neues Kapitel aufschlagen. 351 solche Stellwerke waren 2019 in Deutschland laut Zahlen der Bahn bereits in Betrieb. Dem stehen gut 2200 Posten anderer Bauform gegenüber. In über 600 Stellwerken muss das Personal Weichen und Signale sogar noch per Drahtzug bewegen. Die DB verspricht sich von der elektronischen Bedienung „einen hohen Qualitätsstandard und große Leistungsfähigkeit“, heißt es in einer Presseinfo.
Vergangenes Jahr erst hatte veraltete Stellwerkstechnik mitten im Berufsverkehr den Fürther Hauptbahnhof für mehrere Stunden lahmgelegt. Letztlich ist die Umstellung auch eine Personalfrage. Den gesamten Abschnitt Fürth Burgfarrnbach – Iphofen übernehmen nun zwei Personen in der BZ. Für die örtlichen Fahrdienstleiter stünden aber Arbeitsplätze auf anderen Stellwerken in der Region bereit, versichert die DB. Für die Bahnreisenden macht sich die Umstellung vor allem durch die neuen Signale bemerkbar. Die stehen bereits in unmittelbarer Nähe ihrer Vorgänger. Ein weißes Kreuz kennzeichnet sie derzeit noch als ungültig.
Großprojekt der Bahn
Schon lange werkelt die DB an ihrem Großprojekt. Mitarbeiter verlegten kilometerweise Kabel, ein Hubschrauber flog Signale ein. In Markt Einersheim, Markt Bibart und Neustadt entstanden Häuschen, in denen die digitale Schalttechnik untergebracht ist. Im Oktober 2019 stand der Konzern kurz vor der Inbetriebnahme. Doch dann „kam es zu einigen Verzögerungen“, erzählt ein Bahnsprecher. Die DB sagte den Start ins Digitalzeitalter kurzfristig ab.
Mit Versuch Nummer 2 soll es nun klappen. Der Bahnbetrieb läuft dabei größtenteils normal weiter. Nachts werden bis 1. Juli etliche Züge zwischen Würzburg und Fürth durch Busse ersetzt. Und während an den Gleisen die Leuchten der neuen Signale anspringen, gehen in einem kleinen Vorbau am Bahnhof Markt Einersheim die Lichter für immer aus.
Fahrpläne zum Schienenersatzverkehr sind zu finden unter bauinfos.deutschebahn.com