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KITZINGEN
Die Waffe als Kunstwerk
Seltener Beruf: Christian Melbers Kunden kommen bis aus Frankfurt, um ihre Waffen warten und restaurieren zu lassen. Er ist Büchsenmachermeister: ein Traditionshandwerk, das in Kitzingen nicht ausstirbt.
Des Büchsenmachers Handwerk: Von der Mündung bis zum Schaft stellt Christian Melber Schusswaffen her. Die Einzelteile fertigt er in seiner Kitzinger Werkstatt in aufwändiger Handarbeit.
Foto: Teresa Bechtold | Des Büchsenmachers Handwerk: Von der Mündung bis zum Schaft stellt Christian Melber Schusswaffen her. Die Einzelteile fertigt er in seiner Kitzinger Werkstatt in aufwändiger Handarbeit.
Teresa Bechtold
Teresa Bechtold
 |  aktualisiert: 11.12.2019 14:58 Uhr

Schwer liegt das Gewehr in der Hand. Der wunderschön gemaserte Schaft aus Wurzelholz glänzt im Licht, fein eingravierte Wildschweine inmitten einer Waldlandschaft zieren den Kolbenhals. Das Zielfernrohr ist aus dunklem Aluminium gefertigt. Besonders auffällig ist der kunstvoll geschwungene Abzug, der in seiner Form an einen Drachen erinnert.

Beim Anblick einer solchen Waffe glänzen die Augen von Christian Melber. Er ist Büchsenmacher. 1984 hat Melber sein Gesellenstück gefertigt, spätestens seitdem hat er seine Leidenschaft gefunden. Mit einem Sportgewehr gewann der gebürtige Auber damals den bundesweiten Leistungswettbewerb der Handwerksjugend. „An meinem Beruf schätze ich vor allem die Abwechslung. Ich muss sowohl feinmechanische Metallarbeiten ausführen, als auch Holz verarbeiten“, sagt Melber.

Bereits als Kind hat Melber gerne gezündelt und mit Schwarzpulver gespielt. Dass er den elterlichen Steinmetzbetrieb in Aub nicht übernehmen würde, stand für ihn also schon früh fest. Über einen Nachbarn bekam er damals einen Ausbildungsplatz zum Büchsenmacher bei der Frankonia in Würzburg. Mit den Eltern gab es wegen der Berufswahl keine Probleme. „Die waren froh, dass ich einen Ausbildungsplatz hatte“, so Melber.

„Meine Kunden kommen bis aus Frankfurt zu mir, denn im gesamten Spessart gibt es keinen Büchsenmacher mehr.“
Christian Melber, Kitzingen

Seit 30 Jahren übt der 49-Jährige seinen Beruf nun aus. Nach der Ausbildung folgten einige Wanderjahre in der Schweiz und die Meisterprüfung in München. 1990 eröffnete Melber sein eigenes Waffengeschäft in der Luitpoldstraße in Kitzingen. Gemeinsam mit Ehefrau Gabriele übernahm er es vom Kitzinger Büchsenmacher Georg Werner. Melber hat seither gut zu tun. Gerade jetzt, während der Jagdsaison, kann er die Masse der Aufträge kaum bewältigen. Denn der Büchsenmacher zählt zu den aussterbenden Berufen. „Meine Kunden kommen bis aus Frankfurt zu mir, im gesamten Spessart gibt es keinen Büchsenmacher mehr“, so Melber.

Melbers Laden ist ein Zwei-Mann-Betrieb: Im Vorraum steht Gabriele Melber hinter der hölzernen Theke und verkauft Jagdzubehör sowie einige Haushaltsgeräte wie Küchenmesser. Ein schmaler Durchgang hinter der Theke führt in die Werkstatt. Zwischen unzähligen Schraubenziehern und Hobeln aller Größen befindet sich hier Melbers Bereich, in dem er sich Sport- und Jagdwaffen jeder Art widmet.

Zu den häufigsten Aufträgen zählen Reparaturen und Restaurierungen. Melber entrostet die Waffen, erneuert Abdichtungen oder fertigt einen neuen Schaft an. Alle Ersatzteile stellt er selber her. Der Beruf des Büchsenmachers erfordert handwerkliches Geschick und Geduld. Dazu kommen Kenntnisse der Physik und der Optik. „Am meisten Spaß habe ich an den ganz alten Waffen. Teilweise bekomme ich über 100 Jahre alte Gewehre herein“, sagt der Handwerker. Immer öfter würde er jedoch auch Waffen von der Stange zur Reparatur bekommen, die in Massenproduktion gefertigt wurden. „Ihren Zweck erfüllen die genauso gut, aber die handgefertigten Waffen sind natürlich um einiges schöner und individueller“, sagt Melber. Er bedauert, dass viele Menschen Waffen heutzutage nicht mehr als Kunstwerk ansehen würden.

„Am meisten Spaß habe ich an den ganz alten Waffen. Teilweise bekomme ich über 100 Jahre alte Gewehre herein“
Christian Melber, Büchsenmacher

Dass Melber eine Waffe komplett neu anfertigt, kommt nicht oft vor, seltener als einmal im Jahr. 200 bis 300 Arbeitsstunden braucht eine handgefertigte Waffe. Je nachdem, welche Materialien er verwendet, kostet so ein Schmuckstück dann auch schon mal einen Betrag im fünfstelligen Bereich. Alleine das Wurzelholz, aus dem er den Schaft fertigt, schlägt mit bis zu 2000 Euro zu Buche.

Einmal in der Woche geht Melber selber zur Jagd, meistens im Spessart. „Ich muss beruflich häufig in die Gegend fahren, um Waffen, die ich repariert habe, auszuliefern. Das verbinde ich dann mit dem Hobby“, sagt er. Es sei hilfreich, regelmäßig zu jagen, um die Bedürfnisse der Kunden besser zu verstehen, so Melber. Privat hat er einen ganzen Schrank von Schusswaffen zur Auswahl. Am liebsten schießt er mit historischen Gewehren aus den Zwanziger- und Dreißigerjahren, die er aus Nachlässen kauft und selbstverständlich selber auf den neuesten Stand bringt.

Auch wenn der Beruf des Büchsenmachers immer seltener wird, um die Fortführung des eigenen Betriebs muss Melber sich keine Sorgen machen. Sohn Julius befindet sich derzeit im dritten Lehrjahr zum Büchsenmacher im österreichischen Ferlach. Wenn es nach den Eltern geht, wird er den Laden in Kitzingen wohl einmal übernehmen.

Der Beruf des Büchsenmachers

Der Büchsenmacher stellt gewerbsmäßig Jagd- und Schusswaffen her und hält diese instand.

In Deutschland ist Büchsenmacher ein anerkannter Ausbildungsberuf. Die Lehrzeit beträgt drei Jahre, Voraussetzung ist in der Regel der Hauptschulabschluss, einige Betriebe verlangen aber auch die Mittlere Reife. Zu den Ausbildungsinhalten zählen die Verarbeitung von Metall und Holz, Ballistik, Optik und Waffenrecht. Die Ausbildung findet im Betrieb sowie an der Berufsschule statt.

Derzeit existieren deutschlandweit zwei Berufsschulen für Büchsenmacher: In Ehingen (Baden-Württemberg) und in Suhl (Thüringen). Im Anschluss besteht die Möglichkeit, eine neunmonatige Ausbildung zum Meister zu absolvieren. Die Meisterprüfung wird von der Innung der Büchsenmacher abgenommen.

Nach der Ausbildung machen Büchsenmacher sich mit einem eigenen Betrieb selbstständig, arbeiten in der industriellen Produktion von Feuerwaffen oder bei Jagdwaffenherstellern.

Feine Gravierungen: Aufwändige Muster zieren den Kolbenhals der handgefertigten Waffen. Diese Arbeit lässt Melber von professionellen Graveuren machen.
| Feine Gravierungen: Aufwändige Muster zieren den Kolbenhals der handgefertigten Waffen. Diese Arbeit lässt Melber von professionellen Graveuren machen.
In der Werkstatt: Christian Melber hobelt den Schaft eines neuen Gewehres. Die Arbeitszeit für einen Schaft beträgt etwa 40 Stunden.
| In der Werkstatt: Christian Melber hobelt den Schaft eines neuen Gewehres. Die Arbeitszeit für einen Schaft beträgt etwa 40 Stunden.
 
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