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KITZINGEN
Die Tafel zwischen den Fronten
Viele Flüchtlinge nutzen Angebot der Tafeln       -  Die Tafel macht's möglich: Ein Korb mit Lebensmitteln für eine Bedarfsgemeinschaft.
Foto: Julian Stratenschulte (DPA) | Die Tafel macht's möglich: Ein Korb mit Lebensmitteln für eine Bedarfsgemeinschaft.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:19 Uhr

Mittwoch und Samstag, wenn die Kitzinger Tafel Lebensmittel ausgibt, treffen neben der allgemeinen Bedürftigkeit auch sonst viele Probleme zusammen. Da gibt es beispielsweise Flüchtlinge, die sich partout nicht von Frauen bedienen lassen wollen. Auf der anderen Seite gibt es langjährige Hilfebedürftige, quasi Stammkunden, die aus Protest nicht mehr oder nur ungern kommen, weil die Tafel auch anerkannte Flüchtlinge mitversorgt, mit denen man nicht in einer Schlange stehen möchte. Samt der dazugehörigen Vorwürfe: „Den Ausländern gebt ihr alles – wir bekommen nichts!“ Mittendrin: Manfred Seigner und sein 42-köpfiges Team.

Die vielschichtigen Probleme vermitteln den Helfern regelmäßig das Gefühl, zwischen den Fronten zu stehen. Prellbock zu sein für alles und jeden. Irgendwie gehört das inzwischen zum Alltag. Die Tafel-Mitarbeiter mussten lernen, damit umzugehen und sich mit derlei Befindlichkeiten zu arrangieren.

Nürnberger Tafel kapitulierte vorübergehend

Zumal es weit größere Probleme gibt: Da ist beispielsweise die nicht wegzudiskutierende Altersstruktur der Helfer. Vor einigen Tagen hatte genau dieses Thema dafür gesorgt, dass die Nürnberger Tafel – zumindest vorübergehend – aufgeben musste. Erstmals kapitulierte damit eine Tafel in Deutschland. Der ehrenamtliche Vorstand war wegen Überlastung geschlossen zurückgetreten.

Die Arbeit für die Versorgung von rund 6000 Bedürftigen ließ sich mit ehrenamtlichem Einsatz nicht mehr bewältigen. Nicht zuletzt, weil der Helferkreis längst überaltert war. Die 150 Ehrenamtlichen, die in Nürnberg wöchentlich 25 Tonnen Lebensmittel an Bedürftige ausgaben, konnten nicht mehr.

Tafeln, die deutschlandweit 1,7 Millionen Menschen helfen, geraten selbst in Not – hört sich nach Treppenwitz an. Doch die Sache ist ernster, als man denken könnte. Zwar beruhigt Kitzingens Tafel-Chef Manfred Seigner: Ein Schritt wie in Nürnberg droht in Kitzingen in absehbarer Zeit nicht. Aber klar ist auch: „Wir brauchen jüngere Helfer!“

Altersdurchschnitt liegt bei Ende 60

Die Überalterung macht auch vor dem Kitzinger Tafel-Team nicht halt, die Zahlen sprechen für sich: Der Altersdurchschnitt liegt bei Ende 60. Der Chef selber, eines von noch vier übrig gebliebenen Gründungsmitgliedern, ist zwar noch voller Tatendrang – aber auch schon 73 Jahre.

Deshalb soll verstärkt um Nachwuchs geworben werden. Bereits in Schulen könnte sich Seigner mehr Werbung für die gute Sache vorstellen – was aber scheinbar nicht gewünscht ist. Wenigstens schwappte zuletzt über einen anderen Weg frisches Blut nach Kitzingen: über den Bundesfreiwilligendienst. Drei so genannte Bufdis packten je ein Jahr mit an, eine Teilnehmerin blieb anschließend als Helferin erhalten.

Und dann ist da noch ein Problem, das sich seit sieben Jahren hinzieht und viel über die oft fehlende Wertschätzung der Tafel erzählt: Es findet sich einfach keine Ausgabestelle in der Stadt. Nichts zu machen. Der Tafelladen hatte zunächst in Etwashausen ein Zuhause gefunden. Nach dem dortigen Aus richtete sich die Kitzinger Tafel vor sieben Jahren im Bauhof in der Äußeren Sulzfelder Straße neu ein. Was als Übergangslösung gedacht war, wurde ungewollt zur festen Einrichtung. Als Lagerplatz liefern Garage und Keller zwar wertvolle Dienste – doch als Ausgabemöglichkeit hätte man lieber ein Plätzchen in der Stadt. Die entsprechende Suche verläuft seither vergeblich – Dauereinrichtung statt Provisorium.

Irgendwann sind auch Ehrenamtliche am Ende

Sowohl Helfer als auch die nicht mobilen Hilfesuchenden müssen seither schauen, wie sie zum städtischen Bauhof kommen, der einen knappen Kilometer vom Zentrum entfernt liegt. Zumal es auf dem Rückweg einiges zu tragen gibt.

Seigner erlebt diese Denkweise oft: Die Tafel? Die macht das schon. Nur: Irgendwann sind auch Ehrenamtliche am Ende. Zumal die Tafeln auch bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise mithelfen sollen – etwa die Hälfte der 800 Bedürftigen sind aktuell Flüchtlinge. Auch das bringe die Helfer „an die Grenze des Machbaren“, so Seigner. Aber noch beißen die Mitarbeiter die Zähne zusammen – damit mittwochs und samstags zumindest ein wenig die Not gelindert werden kann.

Die Kitzinger Tafel

Gründung: Vor 13 Jahren, zehn Jahre nach der ersten Tafel in Deutschland, fanden sich im Februar 2003 in Kitzingen 13 Bürger zusammen, um die Kitzinger Tafel zu gründen. Erste Vorsitzende war Erika Möhres-Moser.

Ziel: Bedürftige, denen das Geld hinten und vorne nicht zum Leben reicht, mit Lebensmitteln zu versorgen.

Die Tafel heute: Die Kitzinger Tafel ist eine von über 900 in Deutschland. In Bayern gibt es über 160. Der Verein hat aktuell 167 Mitglieder, von denen 43 aktiv bei der Sammlung, Sortierung und Ausgabe der gespendeten Lebensmittel für bis zu 800 Bedürftige mithelfen. Es gibt zwei Ausgabetage.

Standort: Zunächst befand sich der Tafel-Laden in der Balthasar-Neumann-Straße. Seit Mitte 2009 befindet sich die Tafel samt Laden im Bauhof in der Äußeren Sulzfelder Straße. Der Verein sucht seither vergeblich einen neuen Laden in der Stadtnähe.

Ansprechpartner: Manfred Seigner, Tel. (01 72) 5 82 71 75. fw

Nach dem Ende des Tafelladens in Etwashausen richtete sich die Kitzinger Tafel im Bauhof in der Äußeren Sulzfelder Straße neu ein. Manfred Seigner (Mitte) und seine ehrenamtlichen Helfer suchen seither vergeblich eine zentralere Ausgabemöglichkeit in der Stadt.
Foto: Archiv-Sebelka | Nach dem Ende des Tafelladens in Etwashausen richtete sich die Kitzinger Tafel im Bauhof in der Äußeren Sulzfelder Straße neu ein.
 
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  • Erding
    Dem "Wir schaffen das!" der Bundeskanzlerin Frau Merkel ist eine wichtige und bisher wenig angesprochend sprachliche Differenzierung anzufügen: "Ihr schafft das nicht!". Dieser Satz ist es wert, diskutiert und hinterfragt zu werden. Die "Tafel" ist nur ein Beispiel. Der Wechsel von dem "Wir" zum "Ihr".
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  • hellmuth.frank@gmail.com
    Es ist immer leicht an den Menschen die etwas unternehmen zu motzen. Ich rate jedem der hier seine Kritik äußert selbst einmal ein sollche "Ehrenamt" zu übernehmen. Läuft es gut hört man nichts, läuft was schlecht bekommt man das von allen Seiten mitgeteilt. Vielleicht sollte sich da jeder mal an die eigene Nase packen und sich fragen, was mache ich für die Allgemeinheit? Eine derartige Einrichtung ist sicher nicht einfach und ich bin froh, dass es noch Menschen gibt welche sich diesen Aufgaben stellen und das für lau.
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  • Erding
    ... und wussten, wann "die Zeit gekommen war". Die aufkeimenden Konflikte sollten zu denken geben. War da nicht einmal der Vorfall, dass 2 Flüchtlinge Mitarbeiter der Kitzinger Tafel auflauerten? Ehrenamt ist das eine, staatliche Aufgabe die andere. Die "Tafeln" sind "bald" nicht mehr zu stemmen. "Zähne zusammenbeissen", "und selbst Ehrenamt zu machen", wenn ich das schon höre. Dann hört auf zu Jammern. Das sagte auch Clinton zum Trump.
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  • roxy@
    Fragen Sie mal ehemalige bzw. ausgetretene Tafelmitarbeiter warum diese nicht mehr tätig sein wollen. Es ist genau so wie ich geschrieben habe: Konstruktive Kritik ist nicht erwünscht. Sie könnten es ja selbst mal ausprobieren. Wenn Sie Rückrat haben und eine eigene Meinung, die Sie zum Wohl der Tafel einsetzen, werden Sie Ihr blaues Wunder erleben.
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  • roxy@
    Ich kann das Gejammere der Kitzinger Tafel nicht mehr hören. Das Problem ist hausgemacht. Die Tafel wird wie eine Sekte geführt. Der Vorsitzende hat das Sagen und andere haben zu kuschen. Wie können da Ideen reifen?
    Wieviele jüngere haben das nicht mehr mitgemacht und sind aus dem Verein wieder ausgetreten. Eine abweichende Meinung, als die des Vorsitzenden, zu vertreten wird als Palastrevolution angesehen. Ich erinnere an die vor Jahren stattgefundene Hauptversammlung, in der einige jüngere Mitglieder eine Satzungsänderung erzwungen haben. Die Reaktion des damaligen und heute noch agierenden Vorsitzenden war furchtbar.
    Ein Beispiel für das selbstherrliche Wirken des Vorsitzenden: Im Frühjahr sollten Wahlen stattfinden, er trat zurück aus gesundheitlichen Gründen und dann wieder zurück vom Rücktritt. Die fälligen Wahlen haben bis heute noch nicht stattgefunden.
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  • 2186583
    als wollten sie hier eine persönliche Rechnung begleichen. Was sie hier als Problem eines Mannes darstellen, ist zumeist das Problem von beiden Seiten. Im Übrigen: Ich durfte/mußte oft und viel in Gruppen arbeiten; wenn nicht irgendwann einer sagte: "Schluss mit reden, auf an die Arbeit" ... da wäre oft gar nichts geschehen.
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  • roswitha.oehrlein@aol.com
    dann ist der Vorsitzende total fehl am Platze, da er nicht annähernd fähig ist solch eine Einrichtung zu leiten und zu führen!
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  • roxy@
    Dem ist leider so, und noch viel schlimer.
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  • Erding
    Aber auch in anderen Bereichen zeigt sich immer mehr das "Schicksal". So warnen Bürgermeister vor einer Überlastung der Flüchtlingshelfer. "Die Helfer sind erschöpft, viele sogar an ihrer Grenze angekommen", sagte der Präsident des Bayerischen Gemeindetages Uwe Brandl (CSU). Das Engagement lasse nach. Es sei "enorm anstrengend, mit traumatisierten Menschen zu arbeiten",so Brandl. In seiner Stadt (Abendsberg) hätten sich anfangs 130 Menschen im Helferkreis engagiert. "Inzwischen sind noch 25 übrig, die anderen sind ausgestiegen, weil sie nicht mehr können." Reine Durchhalteparolen machen haben noch nie Sinn gemacht.
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