Sie ist kreativ, mutig und zugleich einfühlsam. Alle, die mit ihr zu tun haben, sagen: Sie ist eine Powerfrau, eine mit großem Herzen und sozialem Gespür. Petra Dlugosch (65) hat die Sozialarbeit in Kitzingen geprägt – unter anderem als Initiatorin und Projektleiterin des Mehrgenerationenhauses St. Elisabeth. Gemeinsam mit ihrer Nachfolgerin Tanja Kraev (33) blickt die Neu-Ruheständlerin im Interview in die Zukunft. Sie ist sich sicher: Glück kann jeder erleben, auch im Alter und sogar trotz Demenz.
Petra Dlugosch: (lacht) Meine Kinder haben vor 15 Jahren, als wir das Mehrgenerationenhaus Kitzingen gegründet haben, gesagt: „Endlich wirst du für deine verrückten Ideen bezahlt!“
Dlugosch: Ich hab' von Anfang an gern mit Senioren gearbeitet und ich wollte mehr Leben in unser Seniorenheim bringen, die alten Menschen waren zu sehr unter sich, mit wenig Anregung von außen. Parallel zu meiner Tätigkeit in St. Elisabeth war ich als Sozialpädagogin auch an der Schule tätig. Beides war mir wichtig. Irgendwann habe ich einfach mal ein paar Schüler mit ins Seniorenheim genommen und festgestellt: Das war für beide Seiten toll.
Dlugosch: Das ist ja auch immer eine finanzielle Sache. Als mir 2007 die Ausschreibung des Staatsministeriums in die Hände fiel, wusste ich: Das wär's! Der Ansatz, dass Mehrgenerationenhäuser soziale Anlaufstellen für alle Generationen sein sollen, war genau mein Ding.
Dlugosch: Ich habe mich damals gleich hingesetzt und übers Wochenende ein Konzept fürs „MGH Kitzingen“ ausgearbeitet. Als ich am Montag zur Arbeit ging, stand Elisabeth Müller, die damalige Leiterin des Seniorenheims St. Elisabeth, schon in meiner Tür und meinte, es gebe da eine Ausschreibung des Sozialministeriums, die wie für uns gemacht sei. Ich hab geantwortet: „Das Konzept ist schon fertig!“ Mit meinen Ideen bin ich dann zur Stadt Kitzingen gegangen und habe beim damaligen Hauptamtsleiter Ralph Hartner offene Türen eingerannt. Auch die Verantwortlichen bei der Caritas konnten wir überzeugen, dass St. Elisabeth ein Mehrgenerationenhaus werden soll.
Dlugosch: Ja, auch im Stadtrat ist die Idee sehr gut angekommen. Man hat erkannt, dass man eine Anlaufstelle und einen Begegnungsort braucht, um ein generationsübergreifendes Netzwerk knüpfen zu können. Mehrgenerationenhäuser sind in Zeiten des demografischen Wandels sehr wichtig: Sie sind der Dreh- und Angelpunkt für die gegenseitige Unterstützung von Jung und Alt.
Dlugosch: Das waren vor allem die Erfahrungen, wenn Kinder und Jugendliche die Senioren in St. Elisabeth besucht haben. Beide Seiten waren voneinander beeindruckt. Die Kinder, die vorurteilsfrei auf die Alten zugegangen sind, und die Senioren, die noch tagelang von den jungen Besuchen erzählt haben. Das waren Schlüsselerlebnisse. Die vielen unkomplizierten, herzlichen Begegnungen der jungen und alten Menschen haben mich damals sehr berührt. Mir ist aufgefallen, wie viel sogar Demenzkranke noch können – und niemand sieht es. Da dachte ich: Ich möchte etwas machen, das die Menschen beflügelt statt sie zu bremsen.
Tanja Kraev: Diese Einstellung fand ich schon toll, als ich vor Jahren in den Semesterferien ein Praktikum in St. Elisabeth gemacht hatte.
Kraev: Ja. Wir haben damals eine Jugendgruppe im Seniorenheim gegründet. Auch als ich weiterstudiert habe, sind wir immer in Kontakt geblieben. Wir haben jedes Jahr mindestens einmal telefoniert.
Dlugosch: Das kann man so sagen! Ich habe sie schon Mitte 2021 als meine Wunschnachfolgerin gewinnen können. So konnte ich mich langsam aus dem Tagesgeschäft rausziehen. Ich wollte, dass es nach meinem Ausstieg aus dem Beruf keinen Bruch in der sozialen Arbeit gibt.
Kraev: Das MGH ist einfach Petras Baby. Ich freue mich, dass sie mit Beginn des Ruhestands nicht ganz aufhört, sondern für Projekte noch weiterhin ins MGH kommt.
Dlugosch: An einem Tag pro Woche bin ich weiterhin da, als Ratgeber und Mitarbeiter in den laufenden Projekten.
Kraev: Genau, diese Projekte laufen einfach nahtlos weiter und neue kommen dazu. Jetzt, wo es die Corona-Situation erlaubt, soll St. Elisabeth auch wieder ein Ort der persönlichen Begegnung sein. Auch mit anderen Trägern möchte ich kooperieren, zum Beispiel mit der Stadt und dem Landkreis, mit dem BRK, der Freiwilligenagentur GemeinSinn oder der Kitzinger Jugendarbeit JungStil. Zusammen lassen sich die unterschiedlichsten Projekte verwirklichen – vom Tanzworkshop bis hin zum Zirkusprojekt.
Dlugosch: Das ist auch eine von Tanjas Stärken: Vernetzungen bilden, die für alle sehr förderlich sind!
Dlugosch: Dass der Elan und das offene Miteinander bestehen bleiben. Und dass das MGH immer mehr als öffentliche Einrichtung gesehen wird – und auch als feste Institution im Bundeshaushalt verankert werden kann. Bisher sind die Mittel ja immer zeitlich befristet. Dabei ist langfristiges Planen wichtig. Denn oft entstehen im MGH Ideen, die dann ihre Kreise ziehen und auch draußen wirken. Zum Beispiel der Internationale Frauentreff. Der findet mittlerweile im Rathaus statt und ist wirklich toll und sinnvoll für die heute so wichtige Verständigung der Nationen.
Kraev: Das sehe ich auch so. Ich weiß: Die Messlatte liegt hoch. Aber ich gebe mein Bestes! Bei meiner Einführung wurde mir der Tipp gegeben: „Rechnen Sie mit allem, auch mit dem Guten.“ Und da ich ein von Natur aus positiver Mensch bin, fange ich jetzt einfach einmal an.