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SOMMERACH
Die Madonna von Stalingrad
Mitten in den Sommeracher Weinbergen: Der vom Schwarzacher Bildhauer Hans Dresch geschaffene Bildstock mit der „Madonna von Stalingrad“, der vor 25 Jahren feierlich eingeweiht wurde.
Foto: Helga Walter | Mitten in den Sommeracher Weinbergen: Der vom Schwarzacher Bildhauer Hans Dresch geschaffene Bildstock mit der „Madonna von Stalingrad“, der vor 25 Jahren feierlich eingeweiht wurde.

Von Helga Walter

Wissenschaftlerin aus Sommerach

 |  aktualisiert: 16.11.2015 15:55 Uhr

Siebzig Jahre sind vergangen seit der unvorstellbaren Tragödie an der Wolga, die Schlacht um Stalingrad. Für viele Soldaten, die in Russland kämpften, ist die „Madonna von Stalingrad“ zu einem Begriff geworden. In Sommerach erinnert ein Bildstock an Stalingrad und die Madonna.

Im Winter 1942 im Kessel von Stalingrad, zwischen Trümmern, Kälte, Hunger, Hoffnungslosigkeit und Tod, zeichnete Dr. Kurt Reuber, evangelischer Pfarrer und Arzt, auf der Rückseite einer russischen Landkarte mit Holzkohle ein Marienbild: Die Mutter Gottes hält in einem Mantel geborgen ihr Kind auf dem Arm. Es wird von der Inschrift umrahmt: „1942 Weihnachten im Kessel – Festung Stalingrad – Licht – Leben – Liebe“.

Mit einem der letzten Flugzeuge aus der eingeschlossenen Stadt, einer JU 52 Transportmaschine, gelangte das Bild durch einen schwer verwundeten Offizier nach Deutschland. Im Pfarrhaus von Wichmannshausen (Kreis Eschwege), wurde es aufbewahrt und auf Anregung des damaligen Bundespräsidenten Karl Carstens 1983 in die Gedächtniskirche nach Berlin gebracht. Kurt Reuber starb am 20. Januar 1944 in einem russischen Kriegsgefangenenlager.

Mitten in den Weinbergen von Sommerach, an der Steigung des Weges von Sommerach zur Hallburg, ist ein Mahnmal mit dieser aus Stein gehauenen Madonna. Die Stifter sind die gebürtigen Sommeracher Alois Gräfner und Valentin Einwich. Sie errichteten das Gnadenbild als Dank für eine glückliche Heimkehr und im Gedenken an die gefallenen Kameraden:

Alois Gräfner konnte in der Nacht der Schließung des Kessels durch die gegnerischen Truppen mit einer Bergezug-Gruppe nach Aksai fliehen. Valentin Einwich hingegen befand sich direkt im Kessel. Er wurde am 9. Januar 1943 verwundet und kam in den Lazarettbunker Stalingrad Mitte. Am 1. Februar kapitulierte das Korps der Kampfgruppe und er kam mit den Leidensgenossen in Gefangenschaft – auf dem Marsch schleppten ihn die Kameraden mit. Etwa 27 000 Soldaten kamen ins Auffanglager Krosnomayks. Er blieb drei Monate dort, dann erfolgte der Transport in Viehwaggons nach Usbekistan. Valentin Einwich erinnerte sich an die dort herrschende Hitze und das große Sterben unter den Kameraden. Im November 1943 wurde er in den Ural gebracht, leistete Wiederaufbau in der Stadt Orsk, bis er l949 endlich heimkehren durfte.

Der Stein wurde von Bildhauer Hans Dresch (Stadtschwarzach) nach einer Vorlage von Professor Martin Beck aus Wien geschaffen. Der Bildaufsatz aus fränkischem Muschelkalkstein steht auf einem Sockel aus Bruchsteinen. Den Anstoß für das Motiv gab den Stiftern die Ansteckplakette eines „Stalingrad-Treffens“ in Limburg/Lahn.

Am 6. September 1987 wurde das Mahnmal unter großer Beteiligung eingeweiht. Der Organisator Alois Gräfner begrüßte zahlreiche Ehrengäste sowie Soldaten aus Volkach und Bürger von Sommerach. Generalleutnant a. D. Peter von Butler (1913 bis 2010), ehemaliger Kommandeur der 12. Panzerdivision, hielt in Erinnerung an seinen Einsatz im Raum Stalingrad eine bewegende Ansprache. Der damalige Ortsgeistliche Pater Marcus Günther weihte das Gnadenbild. Bürgermeister und Landrat entboten Grußworte. Das Lied „Ich hatt' einen Kameraden“, von der Musikkapelle Sommerach intoniert, durchbrach die Stille in den Weinbergen.

Der Gedenkstein wird von der Tochter Alois Gräfners jahraus, jahrein sorgsam gepflegt: „Möge der Wanderer auf seinem Weg innehalten und derer gedenken, die nicht zurückgekehrt sind.“

 
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  • K. K.
    und Teilnehmer gibt es "keine" mehr !! Das wären Männer hier und jetzt im Alter zw.
    90-100 !! Und heutigen Menschen, die mit dieser Zeit überhaupt nichts am Hut haben,
    ja darüber so gut wie nichts wissen, geht " das Alles " am sg. "Ar.sch" vorbei.

    Ich bin 70 und zünde immer noch für die zwei Brüder meiner Mutter die dort (Stalino und Stalingrad) mit 19 und 21 Jahren sinnlos "verheizt" wurden, an der Kriegertafel zwei Kerzen für sie an. Die Lichtchen an der Gedenktafel werden aber auch immer weniger.
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