Der eine oder andere Kreisrat blies am Dienstagnachmittag bei der Kreisausschuss-Sitzung im Kitzinger Landratsamt ganz schön die Backen auf. Dazu einigermaßen genervte Blicke. Es lag Unmut in der Luft. Der Grund für den allgemeinen Ärger: Bei der Planung der neuen Umweltstation des Landkreises läuft es nicht rund. Der Verantwortliche dafür ist auch ausgemacht: Mitarbeit und Informationspolitik der Stadt Marktsteft lassen zu wünschen übrig.
Dabei hatte alles vielversprechend angefangen: Vergangenen Mai beschloss der Kreistag mit 55:1 Stimmen, dass die neue Umweltstation des Landkreises Kitzingen in Marktsteft entstehen soll. In durchaus exponierter Lage: Man zieht in ein Industriegebäude aus dem 19. Jahrhundert am immerhin ältesten Binnenhafen Bayerns. In die engere Auswahl war seinerzeit auch Dettelbach gekommen, das am Ende jedoch klar die Segel streichen musste.
Ein halbes Jahr später, Dezember 2019. Inzwischen hat sich herausgestellt: Der Zeitplan ist ins Wanken geraten. Es stockt, bevor es richtig losging. Der geplante Eröffnungstermin im Oktober 2021 ist hinfällig, nunmehr läuft alles auf das zweite Quartal 2022 hinaus. Der Grund: Die Stadt Marktsteft hatte bei ihrer Planung schlichtweg nicht berücksichtigt, dass das Projekt wegen des doch beachtlichen Umfangs europaweit ausgeschrieben werden muss – und so etwas dauert. Seit Anfang Januar gibt es nunmehr ein neues Planungsbüro.
Das Murren der Kreisräte
Das Murren über die zeitliche Verschiebung war bereits in der Dezember-Sitzung des Kreisausschusses nicht zu überhören gewesen. Jetzt, zwei Monate später, kam bei der jüngsten Sitzung eine gute Portion Ungehaltenheit dazu. Weil es inzwischen neben der wahrscheinlich fast einjährigen Verspätung ein zweites Problem gibt: Der ursprünglich von der Stadt Marktsteft vorgestellte Plan, was da im Alten Hafen alles entstehen soll, scheint wenig konkret gewesen zu sein.
Inzwischen fühlt es sich für einige Kreisräte so an, habe man es nicht mit einem Plan, sondern mit einer losen Ideen-Sammlung zu tun. Entsprechend hagelte es durch die Bank weg Kritik. Landrätin Tamara Bischof sprach von einer "unbefriedigenden Situation". Kitzingens OB Siegfried Müller zeigte sich überzeugt, dass der nunmehr für April angekündigte Bauantrag "nicht haltbar" ist. Margit Hofmann (SPD) betonte, sie habe für die vielen Unklarheiten "kein Verständnis". "Irritiert" vom Marktstefter Verhalten zeigte sich Volkachs Bürgermeister Peter Kornell (Freie Wähler). Er erinnerte daran, dass die seinerzeitige Entscheidung gegen Dettelbach nicht zuletzt deshalb so klar ausgefallen war, weil eben das Marktstefter Konzept so schlüssig gewesen sei – genau diese Klarheit schein inzwischen abhanden gekommen.
Hotel für Radtouristen war vorgesehen
Das Marktstefter Konzept sah neben der Umweltstation, die nur einen kleineren Teil des XXL-Komplexes am Hafen benötigt, auch eine Touristinfo sowie ein Hotel für Radtouristen vor. Die räumliche Aufteilung schien geklärt – was sich jetzt offenbar als Trugschluss erweist.
Wie denn nun die aktuelle Lage ist, was genau Marktsteft plant – dahinter steht gerade ein ziemlich großes Fragezeichen. Was wiederum voll auf die Planung der Umweltstation, die die Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) zum Ziel hat, durchschlägt: So war eigentlich vorgesehen, dass die Umweltstation einen gemeinsamen Eingang mit der neuen Touristinfo bekommt. Nur: Das mit der Touristinfo scheint in Frage zu stehen.
Rederecht nicht genutzt
Marktstefts Bürgermeister Thomas Reichert, der am Dienstag als Zuschauer an der Sitzung teilnahm, hätte vermutlich für Klarheit sorgen können: Das Gremium räumte ihm Rederecht und damit Gelegenheit ein, seine Sicht der Dinge darzulegen. Nur: Marktstefts Bürgermeister verzichtete zur Überraschung aller darauf. Er soll nun zur nächsten Sitzung offiziell eingeladen werden, um dann zu erklären, was Sache ist.
Der weitere Fahrplan sieht zudem so aus: Das neue Planungsbüro will bis Ende April weitere Bestandserfassung der Anlage am Hafen vornehmen, danach findet die Kostenberechnung statt und es kann in die Genehmigungsplanung eingestiegen werden. Im Herbst könnte – als frühstmöglicher Zeitpunkt – mit dem Bau begonnen werden. Wenn bis Oktober die Bauarbeiter anrücken können, könnte die BNE-Station, die um die 3,5 Millionen Euro kosten soll und mit 3,4 Millionen Euro gefördert wird, im Sommer 2022 bezogen werden. Wobei es sicherlich in Anbetracht der bisherigen Geschehnisse nicht verkehrt ist, hier vorsichtshalber den Zusatz wie bei den Lottozahlen anzubringen: alles ohne Gewähr.