Es nutzte nichts. Der Widerstand war zwecklos. Die große Schar der Galgenvögel war einfach zu groß für das kleine Häuflein der Marktgemeinderäte, die sich um Bürgermeisterin Ruth Albrecht versammelt hatten, um das Seinsheimer Rathaus zu verteidigen. Die Bürgermeisterin musste den Schlüssel herausgeben.
Auch einige geworfene Kracher konnten die Galgenvögel nicht davon abhalten, das Rathaus zu umzingeln. Es entspann sich ein Wortgefecht in Reimform zwischen Sitzungspräsidentin Stefanie Hegwein und Bürgermeisterin Ruth Albrecht. "Wir Fosernachter wollen ab nun regieren", rief Hegwein. Albrecht meinte, dass die Galgenvögel eher saufen, tanzen und zechen könnten.
Die Sitzungspräsidentin stellte erfreut fest, dass es auch im Rathaus mittlerweile einen Elferrat gebe. Denn ein Tiefenstockheimer Platz blieb unbesetzt. "Weniger Stougemer, das ist aber jetzt ned wirklich schad", meinte Hegwein. Sie hinterfragte auch, ob das Sportplatzhäusle, dass die Jugend bekommt, auch genutzt werde. Unter dem früheren Bürgermeister Heinz Dorsch habe alles Bitten und Betteln nicht geholfen, ein neues Feuerwehrfahrzeug zu bekommen. Dann sei der Kommandant selbst in den Gemeinderat eingezogen, dann habe es endlich ein neues Fahrzeug gegeben. "Das Auto kann direkt vor Ort spritzen, doch leider nur sieben Personen in ihm sitzen. Die ersten löschen, wenn es brennt, der Rest, der kommt dann wohl nachgerennt."
Albrecht verteidigte die Tiefenstockheimer, denn schließlich stellten die noch zwei Rätinnen, auf die Verlass sei. Beim Feuerwehrauto sei "nur Wasser oder Sitz" gegangen.
Die Galgenvögel betonten, dass neben den Vereinen nicht viel im Ort geschehe, daher werden vor allem die Galgenvögel anderweitig agil. "Jüngste Truppe der Vereine im ganzen Landkreis und auch hier, und Kinderproduzieren wohl auch nur wir", meinte die Sitzungspräsidentin. "Die Seinsheimer Zukunft wird bei uns im Bett gemacht, dadurch haben wir es schon auf 33 Kinder gebracht", zählte sie auf.
Nach dem Schlagabtausch stürmten die Galgenvögel das Rathaus. Einfach war es nicht, denn sie mussten sich erst einmal durch viele Luftballons kämpfen. Dann, nach kurzem Zerren, gab Albrecht den Schlüssel heraus. Sie wurde anschließend aus dem Rathaus in die Marktgade getragen. Dort fand ein Sektempfang statt.
