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Dettelbach
Die Carolabrücke in Dresden vor Augen: Warum Dettelbach ganz schnell zwei Brücken abreißen will
Wie ein Geschenk der Bahn im Jahr 1971 die Stadt Dettelbach jetzt in Alarm-Stimmung versetzt. Auf die Stadt kommen aus dem Nichts Kosten von 4,5 Millionen Euro zu.
Ein Teil der eingestürzten Carolabrücke in Dresden. Ein ähnlicher Brückentyp sorgt jetzt auch in Dettelbach für Aufregung, dort gibt es gleich zwei Brücken dieser Art.
Foto: Robert Michael, dpa (Archivfoto) | Ein Teil der eingestürzten Carolabrücke in Dresden. Ein ähnlicher Brückentyp sorgt jetzt auch in Dettelbach für Aufregung, dort gibt es gleich zwei Brücken dieser Art.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 25.02.2025 02:36 Uhr

Die beiden Probleme liegen nur gut einen Kilometer voneinander entfernt: zwei Brücken über der Bahntrasse von Bamberg nach Würzburg. Dass sie sich irgendwo im Nirgendwo bei Euerfeld befinden, hängt mit ihrer Aufgabe zusammen: Es sind landwirtschaftliche Brücken, die es etwa einem Dutzend Landwirten ermöglicht, ohne große Umwege zu ihren Feldern zu gelangen. Damit hat es sich jetzt: Die Brücken, das steht seit der Stadtratssitzung am Montagabend fest, werden abgerissen – so schnell es geht.

Das Brückenproblem kam für den Stadtrat genau von dort, wo auch die Bauwerke liegen: aus dem Nichts. Weshalb es auch erst einmal galt, sich den Überblick zu verschaffen. Gebaut wurden die Brücken 1971 von der Bahn, unmittelbar danach wanderten sie unter der Bezeichnung BW 133 und BW 134 in den Besitz der Gemeinde Euerfeld.

Damit ist klar: Die Stadt Dettelbach hat die Unterhaltspflicht. Die Brücken sind gut 35 Meter lang und sieben Meter breit. Es sind identische Brücken, also Zwillinge.

Das ist eine der beiden landwirtschaftlichen Brücken, die auf Dettelbacher Gebiet über die Bahnstrecke Bamberg – Rottendorf führen und die nun abgerissen werden. 
Foto: Hans Will | Das ist eine der beiden landwirtschaftlichen Brücken, die auf Dettelbacher Gebiet über die Bahnstrecke Bamberg – Rottendorf führen und die nun abgerissen werden. 

Die Nutzung liegt im eher überschaubaren Bereich: Neben der Landwirtschaft sind hier vor allem Radfahrer – Richtung Rothof und Kürnach – unterwegs. Genaue Nutzungszahlen existieren an dieser Stelle nicht.

Brückenprüfung findet alle sechs Jahre statt

Los ging der Brücken-Alarm, nachdem die Ergebnisse einer im Jahr 2024 durchgeführten Bauwerkshauptprüfung, die alle sechs Jahre stattfindet, vorlagen. Das Ergebnis: die Empfehlung, weitergehenden Untersuchung durchzuführen. Genau zu schauen, ob der Beton noch gut genug ist. Und wie es um den Spannstahl steht, ob womöglich Risse vorhanden sind.

Diese Handlungsanweisung veranlasste die Stadt, ein Ingenieurbüro ins Boot zu holen. Die gestellte Aufgabe: Abzuschätzen, was eine genaue Untersuchung der Brücken kosten würde – und was eine etwaige Sanierung.

Das Ergebnis hier: wieder Alarm. Punkt eins: Die Kosten der geforderten Untersuchung dürften bei über 300.000 Euro liegen. Pro Brücke. Punkt zwei: Nach Einschätzung des Büros dürfte das Ergebnis - nicht zuletzt mit Blick auf die Bauweise der Brücke - "zu einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit zu einer Sperrung der Brücke und Bahnlinie und einem anschließenden Abriss führen". Punkt drei: Der Abriss kostet um die 720.000 Euro. Pro Brücke. Punkt vier: Für den Neubau einer Brücke muss geschätzt mit 2,5 Millionen Euro gerechnet werden.

Wenn der Alarm gar nicht mehr aufhört

Abriss-Alarm, Neubau-Alarm - und noch ein dritter Alarm: Von der Bauart her gleichen die Brücken als Krönung auch noch der Unglücksbrücke in Dresden. Die dortige Carolabrücke stürzte vergangenen November ein. Einfach so. Dieses "einfach so" sorgt nun auch in Dettelbach für gesteigerte Aufregung.

Während "normale" Brücken zeigen, dass sie ins Alter gekommen sind und wo die Wehwehchen liegen, ist das bei dieser Art anders: Sie kann aus dem Nichts einstürzen, ohne Vorwarnung. Egal wie alt, egal unter welcher Belastung. Weil der verwendete Spannstahl von jetzt auf gleich versagen kann.

So sieht Spannstahl aus, wie er in Brücken verwendet wird.
Foto: Robert Michael, dpa | So sieht Spannstahl aus, wie er in Brücken verwendet wird.

So weit die Gesamtgemengelage. Die Gefühlslage im Gremium brachte Sebastian Apfelbacher (Freie Wähler) so auf den Punkt: "Wir sind erschlagen von der Dringlichkeit und von den Kosten!" In der Diskussion war dann schnell klar: Es läuft alles auf "einen schnellstmöglichen Abbruch" hinaus, wie es Bürgermeister Matthias Bielek formulierte.

Viel Geld für Untersuchungen ausgeben, um am Ende womöglich doch abreißen zu müssen – das war dem Großteil des Gremiums zu heikel. Wichtig sei zudem, so hob Hermann Göb (CSU) hervor, dass man bei den Planungen die betroffenen Landwirte ins Boot holen solle.

Aus zwei Brücken wird eine

Dass nach dem Abriss keine zwei Brücken, sondern nur noch eine gebaut werden, war auch allgemeine Mehrheitsmeinung. Was sich hinziehen dürfte: "In den nächsten drei Jahren bauen wir da keine Brücke", so Siegfried Volz (CSU) mit Blick auf die Bürokratie. Was auch für das Abrissdatum gilt: Wie viele Monate "schnellstmöglich" sind, steht in den Sternen – nicht zuletzt, weil nun erst einmal entsprechende Verhandlungen mit der Bahn anstehen. Insgesamt wird die Stadt – für Abriss und Neubau – mindestens 4,2 Millionen Euro ausgeben müssen.

Unscheinbare 35 lange und sieben Meter breit: eine der beiden Brücken bei Euerfeld, die die Bahnstrecke von Bamberg nach Rottendorf überqueren.
Foto: Hans Will | Unscheinbare 35 lange und sieben Meter breit: eine der beiden Brücken bei Euerfeld, die die Bahnstrecke von Bamberg nach Rottendorf überqueren.

 Mit 17:1 Stimmen stimmte der Stadtrat für den doppelten Abriss, der 1,7 Millionen Euro verschlingen wird. Die Gegenstimme kam von Raimund Sauer (CSU), der gerne erst einmal eine genaue Untersuchung gehabt hätte.

Der Mehrheit war das zu heikel. Zwar wurde immer wieder betont, dass man den Teufel nicht an die Wand malen dürfe – aber er war dann doch da, weil die Bilder der Dresdner Brücke zu präsent und zu entsetzlich sind. Gleich zwei dieser Brücken ohne Garantie im Nirgendwo stehen zu haben, war Antrieb genug, das einstige Geschenk der Bahn für immer aus dem Weg zu räumen.  

 
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  • Fred Reinshagen
    Die Maxbrücke in SW über den Main ist eine 259 m lange Spannbetonbrücke, erbaut 1958-60. Spannbetonbrücken aus dieser Zeit gelten als kritisch.

    Die Stadt SW hat den geplanten Abriss & Neubau der Maxbrücke vor vielen Jahren nach 2026 verschoben - wegen der LGS 2026, an einem völlig ungeeigneten Ort. Aus der LGS wurde bekanntlich nichts.
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  • Michael Riedner
    Die Carolabrücke ist nicht einfach so eingestürzt, das Problem entstand beim Bauen.
    "https://de.wikipedia.org/wiki/Carolabr%C3%BCcke_(Dresden)"
    "als Einsturzursache wasserstoffinduzierte Spannungsrisskorrosion durch Feuchtigkeitseintrag in der Bauphase in Verbindung mit fortschreitender Materialermüdung infolge der Verkehrsbelastung festgestellt."
    Hier herrscht leider bei vielen Medien und Behörden Irrglaube, die Brücke sei einfach so zusammen gefallen.
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  • Peter Koch
    Wenn man Beton giesst ist ein Feuchtigkeitseintrag in der Bauphase unvermeidbar. Gutachter schreiben oft Selbstverständlichkeiten in Gutachten damit das Gutachten Umfangreich wird und wertvoll erscheint.
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  • Peter Koch
    Das Problem, dass Stahl irgendwann rostet, betrifft alle Bauwerke aus Spannbeton und alle Autobesitzer kennen dieses Problem.
    Dass es ausgerechnet der Kunstschmied Raimund Sauer nicht zu kennen scheint verwundert mich.
    Top aktuelle Nachricht zum Spannbeton
    https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/dresden/dresden-radebeul/carolabruecke-durchfahrt-schiffe-elbe-sperrung-abriss-102.html
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  • Reinhard Opel
    Äh Geldmangel, versteh ich garnicht. in WÜ sind 100 Millionen fürs Theater und 300 Millionen für die Festung kein Problem, (das sind halt Premium-Gebäude).

    Wann wird die Öffentliche Hand die Wertvollen Steuergelder nach einer "Prioritätenliste" einsetzen ??

    es ist Allerhöchste Zeit für Reformen.
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  • Dietmar Eberth
    Was haben jetzt die Ausgaben der Stadt Würzburg mit denen von Dettelbach im Landkreis Kitzingen zu tun?
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  • Felix Habermann
    Kommt wieder mal die alte Leier ! ! !
    100 Millionen fürs Theater &
    300 Millionen für die Festung.
    Wie oft muß es noch gesagt werden daß diese
    Projekte nicht von der Stadt finanziert werden.
    Gruß Klaus Habermann, Estenfeld ! ! !
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  • Reinhard Opel
    hallo Herr Habermann, hallo Herr Eberth, die Zukunftsaufgaben für die nächsten Jahre und Jahrzehnte sind gewaltig:

    Krieg vor der Haustüre, kaputte Infrastruktur, übermäßige Belastung der Bürger durch überbordente Beamtenpensionen...........etc.

    Jetzt sollten Sie beide einfach mal anfangen zu überlegen.
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  • Johannes Metzger
    Möglicherweise ist ihnen entgangen, dass das Geld vom Steuerzahler kommt - dass die meisten dieser Projekte aus den Bundes- und Landeshaushalten direkt, oder zumindest indirekt mitfinanziert werden.
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  • Dietmar Eberth
    Kultur gegen Infrastruktur ausspielen, Bildung gegen Verteidigung ausspielen, Sozialausgaben gegen Subventionen ausspielen. Verschwenderische Kommunen gegen sparsame Kommunen ausspielen. Rentner gegen Jugend ausspielen. Usw.

    Und Sie haben die Lösung wie man gerecht (??) die Steuergelder verteilt? Glückwunsch.
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  • Reinhard Opel
    hallo Herr Eberth, stellen Sie sich eine 4-köfige Familie vor.
    der Vater bestellt ein neues Auto für 70.000 Euro, die Mutter bucht eine Weltreise für Alle für 20.000 Euro. die beiden Kids wollen jeweils 10.000 Euro für ihre Wohnungseinrichtung ausgeben.
    Plötzlich kommen die großen Rechnungen und es gibt lange Gesichter.

    auch hier muß der Familienrat sich zusammensetzen und über Prioritäten beraten, und genau das Fehlt bei der "Verschwendung" unser hart erarbeiten Steuern.
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