Für vier Gastschülerinnen aus dem tschechischen Liberec geht in Kürze ein Jahr am Wiesentheider Gymnasium zu Ende. "Es war ganz anders, als wir uns das vorgestellt hatten", antwortete Karolina Kalinova auf die Frage, wie die Zeit an der deutschen Partnerschule war. Da stimmen ihr die anderen drei, Josefina Krojidlova, Zuzana Macounova und Dobroslava Stranska, zu. Die vier 16- und 17 Jahre alten Mädchen gehen seit September am Steigerwald-Landschulheim (LSH) zur Schule, untergebracht sind sie im Internat.
Das Quartett erlebte ein außergewöhnliches Schuljahr, in dem es Erfahrungen mit vielen Einschränkungen und Schwierigkeiten machen musste. Lockdown, Online- oder Wechselunterricht, Ausgangssperre und alle Corona-Regeln machten die Zeit für die jungen Frauen nicht gerade leicht. Das erzählen sie rückblickend in sehr gutem Deutsch, das sie zum Teil bereits in ihrer Heimatschule, dem Saldy-Gymnasium gelernt hatten. Diese Schule hat eine deutsche Abteilung, was bedeutet, dass dort auch deutsche Lehrkräfte unterrichten und ein Teil der Fächer auf Deutsch unterrichtet wird.
Masken erschweren das Verstehen
In Wiesentheid besuchen die Mädchen die elfte Jahrgangsstufe. Den Unterricht hier empfinden sie nicht als schwieriger, wie zuhause. Manches, wie etwa Sozialkunde, sei schon ungewohnt, meinte Dobroslava: "Das war komisch, das gibt es bei uns nicht. Da muss man die deutschen Politiker kennen."
Vieles, was die vier jungen Tschechinnen vermissten, war der Pandemie und den Folgen geschuldet. "Wir dachten, alle würden mit uns sprechen, doch durch die Maske war es für uns viel schwieriger, Kontakte zu knüpfen", berichtet Karolina. Vor allem zu Beginn hätten es die Masken im Unterricht schwer gemacht, ihre deutschen Lehrer und Mitschüler zu verstehen, sagt Dobroslava. So fiel es den Mädchen auch schwer, sich richtig einzuleben. Wegen der Corona-Situation wohnten je zwei von ihnen zusammen in den Zimmern im Internat. Selbst beim Essen an den Zweiertischen mussten sie zusammenbleiben – aus Vorsicht, um das Risiko einer Ansteckung so gering wie möglich zu halten.
"Das waren wegen Corona sehr schwierige Bedingungen für die vier. Wir haben viele ausländische Schüler, gerade im Internat, da mussten wir eben vorsichtig sein", erklärt Harald Godron. Er ist als Lehrer zuständig für den Austausch am Landschulheim. Überhaupt, das Schuljahr. Bis zum ersten Lockdown im Herbst lief es einigermaßen. In den Herbstferien brachte die Schule die Austauschschülerinnen vier bei deutschen Gastfamilien unter, weil eine erneute Einreise wohl schwer geworden wäre.
Keine Feiern, keine Ausflüge
An Weihnachten fuhren die Tschechinnen nach Hause – und blieben erstmal dort. Eine Rückkehr war zunächst nicht möglich, der Unterricht lief online. Mitte Februar kamen Karolina und Zuzana wieder nach Wiesentheid. Dobroslava und Josefina konnten erst nach den Osterferien zurück an ihre Gastschule. Mit dem Frühling sei vieles besser geworden, schildert Karolina. Sie verbrachte die Osterferien mit Zuzana in einem extra von der Schule gemieteten Apartment in Würzburg. Das habe beiden gut gefallen. Dort waren noch mehr ausländische Internatsschüler, die auch nicht nach Hause fuhren, um die drohende Quarantäne zu umgehen.
Welche Erfahrungen nehmen sie aus der schwierigen Zeit mit? "Ich denke, ich bin selbstständiger geworden, kann mehr für mich sprechen", sagt Karolina. "Zuvor hätte ich mir nicht vorstellen können, vier Monate ohne meine Familie zu sein", gesteht Zuzana. Da stimmen auch die anderen zu. Ihr Deutsch habe sich verbessert, zudem seien sie offener geworden, findet das Kleeblatt.
Die Mädels bedauern, dass sie nicht mehr Kontakte zu den deutschen Mitschülern aufbauen konnten. Gerade die Klassenfahrten, gemeinsame Ausflüge und Unternehmungen, wo man sich kennenlerne, fehlten ihnen. Das weiß auch ihr Betreuer Godron. "Dieses Miteinander ging in Corona-Zeiten gar nicht. Es waren insgesamt schwierige Zeiten, gerade für Jugendliche. Einfach mal weggehen oder feiern, das war kaum möglich."
Nun bleibt den jungen Tschechinnen die Hoffnung, dass zumindest in den letzten Tagen etwas mehr möglich ist, kleine Feiern oder Ausflüge wären schön. Für das kommendes Schuljahr hat das Wiesentheider Gymnasium aus sieben Bewerbern aus Liberec vier ausgewählt, die wieder ein Jahr in Unterfranken verbringen werden. Dann aber ohne Abstand und Masken, hofft Harald Godron.